NachDenkSeiten – Die kritische Website https://www.nachdenkseiten.de NachDenkSeiten - Die kritische Website Fri, 26 Dec 2025 13:21:33 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.8.3 https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2018/03/cropped-cropped-nds_fb_banner-32x32.png NachDenkSeiten – Die kritische Website https://www.nachdenkseiten.de 32 32 Im Audiopodcast der NachDenkSeiten werden regelmäßig die wichtigsten Artikel des Blogs NachDenkSeiten.de zum Nachhören angeboten. Redaktion NachDenkSeiten false episodic Redaktion NachDenkSeiten webmaster@nachdenkseiten.de webmaster@nachdenkseiten.de (Redaktion NachDenkSeiten) Copyright © NachDenkSeiten - Die kritische Website NachDenkSeiten - Die kritische Website 63794212 Friedensaktivist der frühen Stunde: Eine (Weihnachts-)Begegnung mit Wolf G. (Teil III & Schluss) https://www.nachdenkseiten.de/?p=144056 Sat, 27 Dec 2025 10:00:08 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144056 <p>Der Bonner Diplom-Mathematiker <strong>Wolf Göhring</strong> (86) ist ein alerter Zeitzeuge bundesrepublikanischer Geschichte und Friedensaktivist seit Mitte der 1960er-Jahre. Während Menschen in seinem Alter – Linke oder Ex-Linke zumal – Seiten oder Barrikaden wechselten, blieb er sich treu und versucht als partout „Kriegsuntüchtiger“ zum Schluss dieses Interviews, einen marxistischen Weg zu einer friedlichen Welt zu skizzieren.</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144056">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144056</span> <p>Der Bonner Diplom-Mathematiker <strong>Wolf Göhring</strong> (86) ist ein alerter Zeitzeuge bundesrepublikanischer Geschichte und Friedensaktivist seit Mitte der 1960er-Jahre. Während Menschen in seinem Alter – Linke oder Ex-Linke zumal – Seiten oder Barrikaden wechselten, blieb er sich treu und versucht als partout „Kriegsuntüchtiger“ zum Schluss dieses Interviews, einen marxistischen Weg zu einer friedlichen Welt zu skizzieren. Für die NachDenkSeiten führte <strong>Rainer Werning</strong> ausgiebige Gespräche mit Wolf Göhring, deren Teil I und Teil II Sie <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144022">hier</a> und <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144042">hier</a> nachlesen können.<br /><span id="more-144056"></span><br /><strong>Rainer Werning: Sie kamen nach Hannover, Erlangen und Konstanz schließlich in Sankt Augustin bei Bonn in der im April 1968 gegründeten öffentlichen Forschungseinrichtung Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) an. Spielten dort Fragen wie Mitbestimmung, Geheimhaltung und Militärforschung eine Rolle?</strong></p><p><strong>Wolf Göhring:</strong> Willy Brandts Diktum „<em>Mehr Demokratie wagen“</em> gehörte zur Aufbruchstimmung der jungen Leute, die ich kannte. Sie hielt bis in die 1970er-Jahre an. Das neue Betriebsverfassungsgesetz brachte „mehr Demokratie an der Werkbank“. Das kontrastierte mit der in den frühen 1960ern kolportierten Äußerung des später ermordeten Hanns Martin Schleyer: <em>„Die Demokratisierung von Schulen und Betrieben ist so unmöglich wie die von Zuchthäusern.“</em></p><p>Das sahen wir in der GMD anders. In wissenschaftlich-technischen Belangen wurde Mitbestimmung eingefordert. Es waren informelle Strukturen entstanden: Es gab Versammlungen aller Beschäftigten eines Instituts, auch beispielsweise der Sekretärinnen und der Operateure an den Rechnern. Jede Versammlung wählte einen Sprecher, die Sprecher aller Institute bildeten den Sprecherrat, der aus seiner Mitte die Hälfte in den Wissenschaftlichen Rat entsandte, dessen weitere Mitglieder die Institutsleiter stellten. In der GMD gab es auch eine rührige Gruppe der Gewerkschaft ÖTV, deren Mitglied ich wurde. Wir wollten unser Wissen über Entwicklungen der Datenverarbeitung in die Gewerkschaften tragen; die Forschung der öffentlich finanzierten GMD sollte ebenso öffentlich sein und der Gesellschaft zugutekommen.</p><p>Die angedeutete betriebliche Demokratie sollte in der Satzung der GMD, deren Gesellschafter der Bund zu 90 und Nordrhein-Westfalen zu zehn Prozent waren, abgesichert sein. Diese hatten bereits 1971 den Entwurf einer neuen Satzung für die 1968 gegründete GMD vorgelegt. Im Sommer 1974 – ich war mittlerweile einer der Sprecher – legten sie einen neuen Entwurf vor, der auch im Wissenschaftlichen Rat diskutiert werden sollte. Im alten Entwurf hieß es: <em>„Die Gesellschaft dient ausschließlich friedlichen Zwecken“</em>, was im neuen fehlte! Das konnte nur heißen, dass man uns Militärforschung aufdrücken wollte.</p><p>Nach allem, was ich über die Verbrechen der Wehrmacht, zu Nazioffizieren in der Bundeswehr erfahren hatte, was ich zur Billigung des Korea-, Algerien- und Vietnamkrieges sowie der Putsche im Iran von 1953 bis in Chile 1973 durch die Bundesregierungen beobachtet und was es an Versuchen zu einer atomaren Bewaffnung sowie zu einem „Roll-Back“ und einer „Vorwärtsverteidigung” gegenüber den sozialistischen Staaten gegeben hatte, gab es für mich nur ein <em>kategorisches Nein</em> zur Militärforschung. Mit dieser Haltung zog ich in die Sitzung des Sprecherrats. Die Debatte war eindeutig: Wir wollten die friedliche Zweckbestimmung in der Satzung sehen. Ich war für die nächste Sitzung des Wissenschaftlichen Rats neben anderen delegiert. Wir konnten einige Institutsleiter von unserer Forderung überzeugen und hatten die Mehrheit! Die ÖTV-Gruppe sah das genauso. Auf zahlreichen Versammlungen im Betrieb wurde die Forderung diskutiert. Einige meinten, auch Militärforschung könne friedlichen Zwecken dienen. Das war eine Minderheit, von der sich viele überzeugen ließen, dass das partout nicht zusammenpasst.</p><p>Von der ÖTV-Gruppe wurde ein Bündel an Forderungen formuliert: friedliche Zwecke, Mitbestimmung in wissenschaftlich-technischen Angelegenheiten durch alle Beschäftigten, sichere Arbeitsplätze, vor allem keine Zeitverträge, Veröffentlichung aller Arbeitsergebnisse, keine Geheimhaltung. Wir sammelten etwa 350 Unterschriften unter den knapp über 600 Beschäftigten, dabei hatten wir bei Weitem nicht alle angesprochen. Im Herbst lud Hans Matthöfer, Bundesforschungsminister, Sozialdemokrat und Gewerkschafter, zu einer Anhörung. Gleich zu Beginn versuchte es Matthöfer kernig: Wer für die friedlichen Zwecke sei, sei Pazifist oder moskauhöriger Kommunist. Statt zu beruhigen, erntete er nur Empörung und etwa zehn eidesstattliche Erklärungen über den genauen Wortlaut seiner Erklärung. Am Ende wurde die Satzung von den Gesellschaftern ohne die Festlegung auf friedliche Zwecke vereinbart. Aber wir waren danach höchst unsichere Kadetten und für die Militärs unbrauchbar.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.27.35.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.27.35.png" alt="" width="1140" height="1522" class="alignleft size-full wp-image-144057" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.27.35.png 1140w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.27.35-225x300.png 225w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.27.35-767x1024.png 767w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.27.35-768x1025.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.27.35-487x650.png 487w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.27.35-367x490.png 367w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.27.35-184x245.png 184w" sizes="auto, (max-width: 1140px) 100vw, 1140px" /></a><br /><small>Abb. 10/ Matthöfer<br />Titel: Brief von Hans Matthöfer an den Betriebsrat zu „friedlichen Zwecken“<br />Quelle: (aus „Working within the System“, in: „Mathematics and War“, 2003)</small></p><p>Bei jedem sich bietenden Anlass wurde bekräftigt, dass wir gegen Militärforschung sind, beispielsweise bei US-Präsident Reagans Sternenkriegsplänen <em>SDI</em> oder als ein Referent im Forschungsministerium uns die Entwicklung „intelligenter” Panzerminen nahelegte. Sie sollten an der DDR-Grenze vergraben werden und im Kriegsfall am Geräusch erkennen, ob sich ein BRD- oder ein DDR-Panzer näherte. Im letzteren Fall sollte das Ding explodieren, wenn der Panzer darüber rollt. In der nächsten Betriebsversammlung denunzierte ich dieses Ansinnen. Ich forderte die Kollegen auf, sich ebenfalls nicht an der Entwicklung solcher Minen zu beteiligen. Ich erwähnte, wie ich auf der Bonner Hofgartenwiese mit Hunderttausenden das <em>Nein</em> gesprochen hatte, als Wolfgang Borcherts Gedicht „Sag Nein” rezitiert wurde. Mit großem Applaus wurde mir zugestimmt, und das schmutzige Ansinnen war vom Tisch.</p><p>Mein Amt als Sprecher endete im Juli 1974. Anfang 1975 kandidierte ich für den Betriebsrat, wurde Mitglied und zunächst dessen freigestellter Vorsitzender. Über die Auseinandersetzung um die friedlichen Zwecke berichteten wir in der alle acht Monate stattfindenden Konferenz der Betriebsräte von Forschungseinrichtungen, zu der jeder einzelne Betriebsrat zwei bis drei Delegierte entsandte. ÖTV und DAG nahmen ebenfalls teil. Für die Kernforschungseinrichtungen in Jülich und Karlsruhe gab es diese „Zivilklausel”, weil sonst die Westalliierten 1955 der BRD keine Kernforschung erlaubt hätten. Auf diesen Konferenzen wurde Militärforschung regelmäßig abgelehnt, beispielsweise, als die BRD Forschungsgelder aus dem US-Programm zu SDI abgreifen wollte.</p><p>Solche Diskussionen gaben Dietrich Schulze, dem langjährigen Betriebsratsvorsitzenden des <em>Kernforschungszentrums Karlsruhe (KFK)</em>, sicherlich einen Rückhalt, als er für die Aufrechterhaltung der Zivilklausel stritt, nachdem das KFK in dem <em>Karlsruher Institut für Technologie (KIT)</em> aufgehen sollte. Schulze konnte sich – nahezu 30 Jahre nach unserer betrieblichen Aktion – auf eine breite Friedensbewegung stützen. Die Forderung wurde weitergetragen, und zahlreiche Universitäten und einige Bundesländer legten sich auf eine Zivilklausel für die Forschung fest. Die Zeitenwendehälse stellen das knallhart in Frage.</p><p><strong>Datenverarbeitung berührt den Datenschutz. Wie war das bei der GMD?</strong></p><p>Ab den frühen 1970ern interessierte mich Datenschutz als Abwehrrecht des Bürgers gegenüber dem Staat. Da wäre das Personenkennzeichen PKZ zu nennen, das sich so leicht mit der Datenverarbeitung zu machen lassen schien – bis das Bundesverfassungsgericht es als nicht verfassungsgemäß verwarf. Ein ähnlicher Anlauf war ein Bundesmeldegesetz, das bald nur noch als Bundesmelderechtsrahmengesetz forciert wurde. In der Einleitung der entsprechenden Bundestagsdrucksachen wurde regelmäßig die „Reichsmeldeordnung von 1938″ zum Vorbild genommen, bis sich der <em>Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB)</em> gegen diese Anlehnung an den Faschismus wandte. Die Reichsmeldeordnung hatte 1938 den Zweck, jüdische Mitbürger und Wehrdienstverweigerer aus ihren Verstecken zu holen, nach Meinung des für die Bundestagsdrucksache verantwortlichen Ministerialbeamten ein „Kennzeichen eines modernen Staats”! In der Loseblattsammlung „Gesetze des Bundes” des Nomos-Verlags tauchte die Formulierung noch in den 1990ern in einem Kommentar auf.</p><p>Der Betriebsrat der GMD, dem ich bis 1990 zumeist freigestellt angehörte, stritt 1987-88 mit der Geschäftsführung um die Einführung einer ISDN-Telefonnebenstellenanlage. Der Betriebsrat hat mitzubestimmen, weil es sich um eine „technische Kontrolleinrichtung” handelt, bei der sich die Verbindungsdaten einzelner Telefonate speichern lassen. Mitbestimmen heißt mitgestalten. Der Betriebsrat verlangte die technischen Unterlagen. Geschäftsführung und Hersteller mussten liefern. Meine Tätigkeit bei Telefunken und später im Normenausschuss für Übermittlungsprotokolle und für Modems machten es mir möglich, den Papierwust zu sichten: Die gesamte Vermittlung wird durch einen programmierten kleinen Computer abgewickelt. Da lässt sich allerhand machen, beispielsweise abhören, indem die Sprachsignale nicht nur auf der von den Nutzern gewollten Verbindung, sondern auch zu einem geheimen Mithörer transportiert werden, mich dabei auch an frühere staatliche Abhörskandale erinnernd. „Raus damit!”, forderten wir.</p><p>Auch viele weitere merkwürdige Leistungsmerkmale sollten erst gar nicht in der gelieferten Software vorhanden sein. „Geht nicht. Alles ist in einem großen Programm, da lässt sich nichts löschen!” So, und nach China sollen die Dinger auch geliefert werden. Dort wird abgehört, also ist bei uns die Abhörsoftware für den „kleinen Lauschangriff” auch drin! Der Betriebsrat legte eine Betriebsvereinbarung vor, die solches ausschließen sollte. Die Geschäftsführung, vertreten von einem Verwaltungsjuristen, der in den 1950ern, also weit vor dem aufkommenden Computerzeitalter studiert hatte, lehnte den Entwurf als viel zu weitgehend ab. „Für mich ist das ein ganz gewöhnliches Telefon”, ließ er uns wissen. Der Hersteller wollte seine Anlage im harten Betrieb sehen, und so musste die Post die Anlage anschließen und nach ein paar Tagen unter Aufsicht eines Gerichtsvollziehers wieder vom Netz nehmen; zuvor hatte der Gute ein Spalier von Medienleuten passiert. Ein Arbeitsgericht hatte dem Antrag des Betriebsrats auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stattgegeben, weil die nötige Betriebsvereinbarung fehlte. Drei Wochen später konnte der Betriebsrat in einer Einigungsstelle seine wichtigsten Forderungen durchsetzen. Die Medien berichteten ausführlich. Aus der ganzen Republik fragten Betriebsräte nach dieser Sache; an die zweihundert Mal versendeten wir unsere Unterlagen. Das Problem des leichthändigen Lauschangriffs bei ISDN-Anlagen war publik.</p><p><strong>Wie erlebten Sie die Friedenskundgebung in Bonn am 10. Juni 1982 auf der Hofgartenwiese, zu der 500.000 Menschen gekommen waren?</strong></p><p>Das war eine gewaltige Kundgebung und ebenso gewaltig die Lautsprecheranlage, aus der Harry Belafontes <em>„We shall overcome”</em> über den Platz tönte. Beeindruckend die Rezitation von Wolfgang Borcherts Gedicht „Sag Nein” – <em>„Und wenn sie dir befehlen, du sollst einen neuen Tod für das alte Leben erfinden, dann gibt es nur eins: Sag Nein“</em>! Dieses Nein wurde an jeder Stelle des Gedichts von hunderttausenden Menschen mitgesprochen. Für mich war es ein klares, unumstößliches, persönliches Versprechen. Die Teilnehmenden, die so alt wie ich oder auch älter waren, hatten den Zweiten Weltkrieg erlebt. Sie wussten: So etwas darf nicht wiederholt werden. Das dürfte sie zu großem Teil bewogen haben, zu dieser Kundgebung zu kommen.</p><p>Es sind jetzt 43 Jahre vergangen, viele aus dieser Altersgruppe sind verstorben; ihre Stimme, ihre Aktivität fehlen. Die, die zehn Jahre jünger sind als ich, kennen die spätere Nachkriegszeit, ein paar Erzählungen der Älteren vielleicht, aber sie vernahmen auch reichlich Anti-Russen-Propaganda. Für die noch Jüngeren ist der Zweite Weltkrieg mindestens so weit weg, wie es für mich der Erste war. Gleichwohl lernte ich in meiner Jugendzeit einiges über ihn: Er war brutal, bestialisch; er war ein Vorspiel für den Zweiten.</p><p><strong>Was kam Ihnen in den Sinn, als Ex-Bundeskanzler Scholz den Begriff der „Zeitenwende” bemühte und die erneute Stationierung US-amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland verkündete?</strong></p><p>Mit Raketen scheinen einige Leute mal wieder einen Höllenritt nach Moskau vorzuhaben. Sie sollten bedenken, dass Napoleon und Hitler an einem solchen Vorhaben scheiterten.</p><p>Scholz’ beschworene „Zeitenwende“ beendete meinen Ruhestand. Vieles ging mir durch den Kopf. Ich baggerte im Internet nach einem SPD-Plakat von 1953, an das ich mich erinnerte. Es zeigt einen auf Krücken durch eine zertrümmerte Stadt humpelnden Krüppel, betextet mit <em>„Nie wieder – Darum verhandeln. SPD”</em>.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.31.29.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.31.29.png" alt="" width="1260" height="1772" class="alignleft size-full wp-image-144058" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.31.29.png 1260w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.31.29-213x300.png 213w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.31.29-728x1024.png 728w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.31.29-768x1080.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.31.29-1092x1536.png 1092w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.31.29-462x650.png 462w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.31.29-348x490.png 348w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.31.29-174x245.png 174w" sizes="auto, (max-width: 1260px) 100vw, 1260px" /></a><br /><small>Abb. 11/ SPD<br />Titel: Plakat der SPD zur Bundestagswahl 1953</small></p><p>Die heute hinausposaunte Propaganda erinnerte mich an die Nazizeit. Ich las Originale: Goebbels Sportpalastrede, Hitlers Ansprache am 22. Juni 1941 nach dem Überfall auf die Sowjetunion, heute im Internet abrufbar, kürzlich auch seine Ansprache am 1. September 1939 nach dem Überfall auf Polen. Außerdem las ich in der 1961 erschienenen Dokumentation <em>„Juni 1941″ sowie Anton Zischkas „Ölkrieg, Wandlung der Weltmacht Öl”</em>, Auflage vom Mai 1940, vermutlich von meinem Vater gekauft. Zischka schreibt darin vom US-Imperialismus; ein deutscher kommt nicht vor, wiewohl das Deutsche Reich sich seit Hitlers Machtantritt imperialistisch aufführte. Der Krieg wird als „aufgezwungener” bezeichnet, Hitler als jemand beschrieben, der eigentlich immer nur Frieden wollte, denn er habe die Kohleverflüssigung in industriellem Maßstab gestartet. Dies befreite Staaten mit großen Kohlevorkommen von der Ölabhängigkeit und verminderte die Gefahr von Kriegen um Öl. So verschleiert man eigene imperialistische Ziele; mit solchen Flötentönen fängt man Ratten.</p><p>Umso zeitloser Karl Liebknechts Satz: <em>„Der Hauptfeind steht im eigenen Land.”</em> Mein Vater nahm es anders. Im Morgengrauen des 22. Juni 1941 schoss er am Bug bei Brest-Litowsk ein Foto. Es wurde veröffentlicht und trägt die Unterschrift: <em>„Die Eisenbahnbrücke ist für den deutschen Vormarsch gesichert. Nun geht Infanterie vor gegen den Feind, der so lange als unberechenbare Drohung an des Reiches Ostgrenze stand.”</em> Russische Bedrohung?! Von der NATO wird sie auf der Warschauer Tagung 2016 erneut beschworen und war bereits schon 1951 von Adenauer in seiner Rede in Bad Ems als Gespenst an die Wand gemalt worden; er forderte die deutsche Wiederbewaffnung zur Rettung Europas.</p><p>Ich schaute auf eine große Karte <em>„Das europäische Russland”</em> von Herbst 1940; darin ein ungefüger, immer wieder neu angesetzter, roter Strich, von Lublin bis nahe Stalingrad und irgendwie wieder zurück: Der Irrweg meines Stiefvaters vom 22. Juni 1941 bis Mai 1945. Ich schaute in einen Karton mit Fotos von ihm. Eines in 6 x 9 zeigt ein mit Blumen geschmücktes Grab eines russischen Piloten, an einem Stock eine Inschrift: „gefallen im Luftkampf 25.VI.41″. Auf der Rückseite in der Handschrift meines damals 22-jährigen Stiefvaters: <em>„Tiefangriff auf unser Lager von mir mit M.G. abgeschossen. H.”</em></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.33.36.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.33.36.png" alt="" width="1058" height="682" class="alignleft size-full wp-image-144059" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.33.36.png 1058w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.33.36-300x193.png 300w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.33.36-1024x660.png 1024w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.33.36-768x495.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.33.36-1008x650.png 1008w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.33.36-760x490.png 760w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.33.36-380x245.png 380w" sizes="auto, (max-width: 1058px) 100vw, 1058px" /></a><br /><small>Abb. 12/ Abschuss<br />Titel: Grab eines sowjetischen Piloten<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring</small></p><p>Wollen die Herren Merz, Wadephul, Pistorius [Letzterer war in seinen politisch-nüchternen, nicht-bellizistischen Tagen von November 2006 bis Februar 2013 immerhin Oberbürgermeister der „Friedensstadt“ Osnabrück – <em>RW</em>] und all die andern, die „zeitenwenderisch“ auf die alte Kriegstrommel hauen, die jungen Leute wieder zwingen, russische Piloten abzuschießen? Meinen Jüngsten sollen sie und ihresgleichen nicht für derlei Barbarei haben!</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.34.42.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.34.42.png" alt="" width="1336" height="1526" class="alignleft size-full wp-image-144060" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.34.42.png 1336w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.34.42-263x300.png 263w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.34.42-897x1024.png 897w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.34.42-768x877.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.34.42-569x650.png 569w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.34.42-429x490.png 429w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.34.42-214x245.png 214w" sizes="auto, (max-width: 1336px) 100vw, 1336px" /></a><br /><small>Abb. 13/ Ostfront<br />Titel: Hitlers Höllenritt nach Moskau. Tagesbefehl vom 2. Oktober 1941<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring (als Foto)</small></p><p>„Zeitenwende“ löste in mir ein Déjà-vu aus. Sie hatte eigentlich viel früher begonnen, nämlich als der frühere westdeutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher den Trick mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag verkündete und einen Friedensvertrag als nicht weiter nötig bezeichnete. Da kontrollierte er bereits die Außenpolitik der DDR. Er verhandelte eigentlich mit sich selbst, bevor er das Ergebnis den Vier Mächten vorlegte. Die Einführung des Kapitalismus in der geschleiften DDR und in der Sowjetunion und schließlich die Auflösung der Letzteren dürfte Genscher mit Genugtuung wahrgenommen haben. Kurz nach dem Krieg hatte er in der sowjetisch besetzten Zone einer Gruppe liberaler Studenten angehört, die für ungebremste Markwirtschaft wirkten. Das war gegen die Staatsdoktrin der Sowjetunion, das war Hochverrat an deren Verfassung. Einige Mitglieder der Gruppe wurden verhaftet, der führende Kopf in Moskau zum Tode verurteilt und erschossen. Genscher wurde gewarnt und floh in den Westen. Die <em>Frankfurter Rundschau</em> berichtete in den 1990ern darüber.</p><p>Genscher setzte eine Zeitenwende mit der Anerkennung Kroatiens als selbständiger Staat. Kroatien hatte heimlich einen Großteil der Waffen der DDR erhalten. Rainer Eppelmann als Abrüstungsminister der DDR und Jörg Schönbohm als General der Bundeswehr waren zuständig. Jugoslawien wurde mit deutscher Hilfe weiter zertrümmert. Die völkerrechtswidrige Bombardierung Serbiens mit weit über 2.000 zivilen Toten, darunter hunderte Kinder und Jugendliche im Jahr 1999, war ein weiteres Stück einer Wende. Die ökonomische und politische Dominanz Deutschlands im Bunde mit Österreich, wie sie einmal auf dem Balkan bestanden hatte, sollte wiedererstehen, Großbritannien, Frankreich und den USA einen gebührenden Teil überlassend.</p><p>Am 22. Juni 2021 fand in Bonn vor dem Alten Rathaus ein Gedenken zum deutschen Überfall auf die Sowjetunion statt. Vertreter von Weißrussland und Russland nahmen daran teil. Der ukrainische Botschafter Melnyk war auch eingeladen und sagte ab – klar. Die Bonner Oberbürgermeisterin, Frau Dörner von den Grünen, eine <em>Mayor for Peace</em>, war auch eingeladen und sagte kurzfristig ab. Städtischen Vertretern untersagte sie die Teilnahme.</p><p>In einer offenen E-Mail an Frau Dörner bezeichnete ich ihr Verhalten als schäbig. Während des Gedenkens, so schrieb ich der <em>Mayor for Peace</em>, kamen mir Berichte von mir persönlich nahen Zeitzeugen über deutsche Verbrechen in der Sowjetunion in den Sinn. Sie meinte in ihrer Antwort, wir dürften nicht wegsehen, wenn Menschen gefoltert und misshandelt werden. Mit der erzwungenen Landung eines Flugzeugs in Minsk und der Festnahme eines Regimekritikers und seiner Begleiterin habe eine weitere Eskalation in Belarus stattgefunden, und sie hätte nicht mit einem Vertreter dieses Staates auf einem Foto erscheinen wollen. Dieser Mensch – so ergänze ich – rief in seiner kurzen Ansprache trotz der Folterungen, Misshandlungen und Ermordungen seiner Landsleute durch Deutsche zur Versöhnung als einzig gangbarem Weg auf, er wäre gewiss bereit gewesen, sich mit Frau Dörner, einer Nachfahrin dieser millionenfachen Menschenrechtsverletzer, auf einem Foto zu zeigen. Frau Dörner hat mit ihrer Absage nicht nur den weißrussischen Botschafter, sondern auch den russischen Konsul in Bonn brüskiert, und gleichermaßen die Millionen Menschen, die sie vertreten. Dieses Stück zur <em>Zeitenwende</em> lief – wohlgemerkt – acht Monate vor Beginn der russischen „Spezialoperation” in der Ukraine.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.37.16.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.37.16.png" alt="" width="1326" height="1000" class="alignleft size-full wp-image-144061" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.37.16.png 1326w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.37.16-300x226.png 300w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.37.16-1024x772.png 1024w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.37.16-768x579.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.37.16-862x650.png 862w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.37.16-650x490.png 650w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.37.16-325x245.png 325w" sizes="auto, (max-width: 1326px) 100vw, 1326px" /></a><br /><small>Abb. 14/ Dörner<br />Titel: Antwort der Bonner Oberbürgermeisterin auf meine offene Email<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring</small></p><p><strong>Wie bewerten Sie das Gerede, Russland zu schwächen oder sogar zu ruinieren?</strong></p><p>Einen großen Sprung vorwärts in die Vergangenheit machte die ministerielle Trampolinkünstlerin [gemeint ist Ex-Außenministerin Annalena Baerbock – RW]. Am 8. Dezember 2021 hatte sie den Amtseid abgelegt, wonach sie dem Wohl des deutschen Volkes dienen werde. Wenig später und einen ganzen Monat vor Beginn der russischen „Spezialoperation“ erklärte sie, Deutschland sei bereit, einen hohen Preis zu zahlen, um Russland zu ruinieren. Ich gehöre zu Deutschland. Ich war weder damals noch heute bereit, Russland zu ruinieren und schon gar nicht, einen hohen Preis dafür zu zahlen. Das wäre eine Handlung, die das friedliche Zusammenleben mit Russland stört; sie ist verfassungswidrig (Artikel 23 GG) und verstößt gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag, wonach von Deutschland nur Frieden auszugehen hat und kein Ruinieren eines anderen Staates.</p><p>Wer wie Baerbock vom Weltwirtschaftsforum zur <em>Young Gobal Leader</em> – jungen Weltenlenkerin – ausgebildet wurde, muss sich wohl in deutschem Staatsrecht nicht auskennen. Ihr genügte es, den amerikanischen Neocons nachzuplappern – drei Wochen vor Scholz’ Besuch bei Putin. Einen Verzicht auf die Ruinierung Russlands hat man von Scholz nicht gehört. Dass Russland derartige deutsche imperialistische Absichten, zumal im Windschatten der USA, nicht einfach wegsteckt, müsste Scholz und Baerbock klar gewesen sein.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.38.10.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.38.10.png" alt="" width="1120" height="782" class="alignleft size-full wp-image-144063" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.38.10.png 1120w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.38.10-300x209.png 300w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.38.10-1024x715.png 1024w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.38.10-768x536.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.38.10-931x650.png 931w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.38.10-702x490.png 702w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.38.10-351x245.png 351w" sizes="auto, (max-width: 1120px) 100vw, 1120px" /></a><br /><small>Abb. 15/ Ruinieren<br />Titel: Auf dem Weg zur Ruinierung Russlands<br />Quelle: Der Stoßtrupp Nr. 459, 15. September 1941, Privatbesitz W. Göhring</small></p><p>Baerbocks Absicht vom Ruinieren Russlands ist etwas sanftmütiger formuliert als Hitlers Absicht vom Juni 1941, sie läuft trotzdem auf die gleiche Sache hinaus. Hitler startete eine Tragödie; die heutigen Kriegstreiber haben es allerdings erst zur Farce jener Tragödie gebracht, auch wenn schon viele Menschen krepiert sind oder zu Krüppeln wurden.</p><p><strong>Warum suchen aus Ihrer Sicht so viele Menschen wie in früheren Zeiten ihr Heil in der Konfrontation?</strong></p><p>Allenthalben verfallen Leute der Kriegslogik, denken sie ans Abschrecken und Hochrüsten. Scholz schwätzte vom <em>„Doppelwumms”</em>. Im April 2025 stand in der <em>Frankfurter Rundschau (FR)</em>, Frankfurt sei nicht auf „den Krieg vorbereitet”. Auf welchen? Werden Luftschutzwarte ernannt und die Dachböden mit Feuerpatschen ausgestattet?</p><p><em>„Wer wollte ernsthaft den Soldatinnen und Soldaten der ukrainischen Armee den Willen absprechen, ihr Land und mit diesem unsere Freiheit vor Putins morbiden Expansionsgelüsten zu schützen?”</em>, so Harry Nutt in diesem Blatt. „Morbide Expansionsgelüste”? Wie kommt Nutt auf derart „morbide” Gedanken? Im Juni des Vorjahres hatte Peter Rutkowski in der FR den „kleingeistigen blutrünstigen Putinismus” entdeckt. Ewiggestrige können leicht das Wort aus Hitlers Tagesbefehl vom 2. Oktober 1941 anfügen: <em>„Dieser Feind besteht nicht aus Soldaten, sondern zum großen Teil nur aus Bestien”</em>, nur zwei Tage nachdem sich in Kiew deutsche Soldaten als Bestien aufführten, indem sie 35.000 jüdische Menschen erschossen.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.40.06.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.40.06.png" alt="" width="1278" height="612" class="alignleft size-full wp-image-144064" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.40.06.png 1278w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.40.06-300x144.png 300w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.40.06-1024x490.png 1024w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.40.06-768x368.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.40.06-1060x508.png 1060w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.40.06-1023x490.png 1023w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.40.06-512x245.png 512w" sizes="auto, (max-width: 1278px) 100vw, 1278px" /></a><br /><small>Abb. 16/ Bestien<br />Titel: Auszug aus Hitlers Tagesbefehl „Soldaten der Ostfront“ vom 2. Oktober 1941 zur Eröffnung der Schlacht um Moskau<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring (als Foto) </small></p><p><em>„Kriegstüchtig wie nur je”</em>, stand im Frühjahr 2025 in einer E-Mail. Kein Zitat von Boris Pistorius, sondern von Goebbels vom 9. Juli 1944 in der Wochenschrift <em>„Das Reich”</em>. Damals vermochte ich als Knirps beim ersten Alarm flink in einen Bunker zu flitzen. Heute möchte ich als alter Mensch das nicht wieder haben. Darum: <em>Nie wieder kriegstüchtig.</em></p><p>Warum bringen sich so viele mit derartigen Wortgeschützen und schließlich mit echten Geschützen in Stellung? Warum schreiben die Älteren in den <em>Verteidigungspolitischen Richtlinien</em> den Jungen vor, wie einst mein Vater „im hochintensiven Gefecht Leib und Leben zu riskieren”? Was trieb die deutschen Imperialisten der Hitlerzeit zum Krieg mit der halben Welt, „bis alles in Scherben fällt”? Was treibt sie heute?</p><p>Wieso wurde China von den USA zum „systemischen Rivalen” ernannt? Wieso muss „Europa” militärisch stark werden und unabhängig von den USA? Wie kommt es zu solchen Konfrontationen?</p><p>Die Kriegstreiber brauchen Waffen. Sie müssen produziert werden – von Arbeitnehmern, die froh sein sollten, wenn sie einen solchen Job hätten. <em>„Die Industriearbeitsplätze hier in Görlitz sind ein wichtiger Motor der Region und die Existenzgrundlage für viele Familien”</em>, meint die CDU Sachsens, nachdem dort nach 175 Jahren keine Waggons mehr, sondern Panzer gebaut werden sollen. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer beschwatzt die frisch gekürten Panzerbauer: <em>„Es geht um Ihre Arbeitsplätze, Ihre Zukunft.”</em></p><p>Die industriell-kapitalistische Produktionsweise führt zur Konfrontation, die im kompromisslosen Austausch der Produkte beginnt, im <em>„higgling and bargaining on the market”</em>, im Feilschen und Zocken auf dem Markt, wie Adam Smith es nannte, wo jeder leer ausgeht, der nichts zu bieten hat. Die Produkte werden Waren, die ausgetauscht werden müssen, weil sie Produkte voneinander unabhängig betriebener Privatarbeiten sind, so Marx. Erst im Austausch erweist sich, ob die Produkte für andere einen Nutzen haben. Die meisten von uns haben nichts zu bieten als ihre Arbeitskraft, die sie für Lohn verkaufen müssen, um umgekehrt ihren Lohn beim Kauf des Nötigen wieder abzuliefern. Marx und Engels nannten diese „Arbeitnehmer” Proletarier. Daneben gibt es Leute – Kapitalisten –, die so viel Kapital in Form von Geld, Produktionsanlagen und Rohstoffen besitzen, dass sie Arbeitskräfte kaufen und auf ihre Weisung, ihr Kommando hin produzieren lassen können. So viel zu dieser Produktionsweise, deren Analyse Marx und Engels viele tausend Seiten Text kostete. Zu der resultierenden Konfrontation zwischen Kapitalisten und schließlich zwischen Staaten als jeweiligen „ideellen Gesamtkapitalisten” in der Form des Imperialismus haben Lenin und auch Bucharin einiges notiert.</p><p><strong>Ihr Résumé: Wie kann man sich aus und von der Logik der Konfrontation befreien?</strong></p><p>Der kompromisslose Austausch hängt an der Art der gesellschaftlichen Produktion, nämlich an den „voneinander unabhängigen Privatarbeiten”. Doch, die Produktion lässt sich so umorganisieren, dass der Austausch und mit ihm die Konfrontation entfällt. Seit 1848, also seit 177 Jahren gibt es ein Projekt, das darauf abzielt, nämlich <em>„Proletarier aller Länder vereinigt euch!”</em> Das ist mehr, als einen Streik zu führen oder mit Hundertausenden auf einer großen Wiese zu demonstrieren. Das ist mehr, als dass sich Vertreter von Proletariern hin und wieder für ein paar Tage zu politischen Debatten treffen. Die Proletarier sollen dort, wo sie als Proletarier wirken, nämlich im Job, während der Arbeit die Verbindung zu denen in anderen Betrieben und Unternehmen, auch über Sprach- und Landesgrenzen hinaus suchen, um Produktion und Verteilung von Gütern und Leistungen im eigenen Interesse zu regeln und praktisch zu handhaben, und zwar weit über die bereits in Lieferketten bestehenden, vom Kapital eingesegneten stofflichen und personellen Verbindungen hinaus.</p><p>Die Lieferketten, die Infrastrukturen des Verkehrs und Transports, die Rohstoffgewinnung und -verarbeitung, die Produktionsmittel in den Unternehmen, die Systeme für Bildung, Gesundheit sowie für Ver- und Entsorgung: Proletarier haben sie geschaffen, Proletarier halten sie in Gang, alles in gemeinschaftlicher Arbeit. Die Proletarier haben hierfür kein Kapital vorgeschossen, dessen Einsatz sich rentieren müsste. Sie müssen deshalb nicht die Gewinnoptimierung in den Mittelpunkt ihrer Entscheidungen stellen, sondern die Frage, was in welchem Maß benötigt wird und wie es geschaffen oder geleistet werden wird und welche Ergebnisse dieser gesellschaftlichen Arbeit ihnen und all den weiteren Menschen zugutekommen sollen.</p><p>In einer solchen Welt wäre die Schummelsoftware bei Dieselautos – vermeintlich zur Sicherung von Marktanteilen und Gewinnen – nicht möglich gewesen; das Schummeln wäre aufgeflogen, bevor man sich daran gemacht hätte. Als <em>Nord Stream 2</em> noch heile war, aber von Habeck blockiert wurde, hätten sich die Leute in Schwedt selber mit ihren Kollegen in Russland verabreden können, um die Röhre in Betrieb zu nehmen. Habeck hätte Rumpelstilzchen im Wald spielen können, aber russisches Gas wäre nach Deutschland geflossen. Die Beschäftigten in den USA, deren Arbeitsplätze von Trumps Kettensägen-Truppe abgehängt werden, könnten das Ganze gemeinsam ignorieren und ihre Arbeit weiter erledigen und zugleich eine öffentliche Debatte anstoßen, was gegebenenfalls wie zu ändern wäre, ohne selbst doch noch auf der Straße zu landen.</p><p>Trumps Zollkrawall könnte ein international vereinigtes Proletariat, zu dem auch die Zöllner gehören, an sich abperlen lassen und dabei die Arbeit so umverteilen, dass die Zöllner keine Zöllner mehr wären, aber keineswegs arbeitslos. Jemandem zu befehlen, er möge „Stahlhelme statt Kochtöpfe” produzieren, wie Wolfgang Borchert es in seinem Gedicht „Sag Nein” benannte, wäre gleichfalls ein Unding. Die Zusammenarbeit der Proletarier über alle betrieblichen, sprachlichen und staatlichen Grenzen hinweg würde verhindern, dass die einen Eisenerz fördern, aus dem die anderen Kanonen machen, die gegen die ersteren gerichtet werden. Man erkennt die Ketten, die die Proletarier zu verlieren hätten, und welche Welt sie gewönnen, ignorierten sie die Weisungen von Kapitaleignern und Großkopfeten und machten ihr eigenes Ding. Sie würden Freiheiten einführen und Demokratie auch in der Produktion durchsetzen. Kurzum mit Bert Brecht: <em>„Wir brauchen keine neuen Herren, wir brauchen keine Herren”</em>.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.43.08.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.43.08.png" alt="" width="988" height="1598" class="alignleft size-full wp-image-144065" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.43.08.png 988w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.43.08-185x300.png 185w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.43.08-633x1024.png 633w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.43.08-768x1242.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.43.08-950x1536.png 950w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.43.08-402x650.png 402w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.43.08-303x490.png 303w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.43.08-151x245.png 151w" sizes="auto, (max-width: 988px) 100vw, 988px" /></a><br /><small>Abb. 17/ Manifeß<br />Titel: Aus: „Et kummenistisch Manifeß op Kölsch”</small></p><p><strong>Welche Chancen sehen Sie persönlich für „Proletarier aller Länder vereinigt euch”?</strong></p><p>Das Projekt <em>„Proletarier aller Länder vereinigt euch!”</em> kann wieder Fahrt aufnehmen. Mittels Informations- und Kommunikationstechnik, woran zu Marx’ Zeiten nicht zu denken war, können die Arbeitnehmer Produktion und Verteilung der Güter auf eine neue Weise organisieren, ohne bei null anzufangen. Die „voneinander unabhängig betriebenen Privatarbeiten” können von den wirklichen Machern, nämlich den <em>Arbeiternehmern</em>, so verbunden werden, dass kompromissloser Austausch, kapitalistische Konkurrenz und massive Konfrontation entfallen. Die benötigten Daten sind vorhanden, teils in abgeschotteten privaten Häppchen einer globalen Cloud. Man sollte tun, was die Freaks der elektronischen Datenverarbeitung schon immer wollten: <em>Zusammenführen dieser Daten</em>.</p><p>Gewiss ist die Sache um vieles komplexer und komplizierter als hier skizziert. Etwa eine Milliarde Menschen kocht sich ihr Essen an offenen Feuern. In manchen Gegenden setzen US-Konzerne oder Vasallen der USA sklavenartiges Arbeiten durch. Zwölf Prozent der weltweiten Arbeitskräfte arbeiten in der „Plattformökonomie” à la <em>Uber</em> und <em>Lieferando</em> unter extrem schlechten Bedingungen. Die Menschen in solchen Verhältnissen benötigen unsere Solidarität, um sich mit ihren Co-Proletariern vereinen zu können. Die weltweite Vereinigung ermöglicht es, Krieg abzuschaffen sowie die Umwelt- und Klimaprobleme und die milliardenfachen sozialen Probleme zu bewältigen. Sie bietet – im Jargon der Vereinten Nationen – „unprecedented opportunities”, nie dagewesene Möglichkeiten.</p><p>Also: Gewerkschaften und ihre Zusammenarbeit weltweit stärken, Mitbestimmung „in der Wirtschaft”, die Friedensbewegung in all ihren Facetten unterstützen und ergänzen, Neinsagen bei und Blockieren von Waffenproduktion, Ausbau von Bildung sowie von Kranken- und Altenversorgung. Und immer wieder: Wir können und wollen uns noch mehr zusammentun; wir können uns die weltweite gesellschaftliche Produktion, die wir ja längst schon leisten, auch unseren Interessen unterordnen. Es gilt zu überwinden, was Karl Valentin karikierte: <em>„Mögen hätt’ ich schon wollen, aber dürfen hab’ ich mich nicht getraut.”</em></p><p>Als Follower von Marx und Engels nehm’ ich zum Schluss noch Schiller hinzu: <em>„Frisch, Gesellen, seid zur Hand!”</em></p><p><small>Titelbild: (c) privat</small></p><p><em><strong>Lesetipp zum Thema</strong><br />Fabian Scheidler: Friedenstüchtig. Wie wir aufhören können, unsere Feinde selbst zu schaffen. Wien 2025, Promedia Verlag, Taschenbuch, 224 Seiten, ISBN 978-3853715499, 20,00 Euro.</em></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144056</span> 144056 Leserbriefe zu „Bundesregierung begrüßt EU-Sanktionierung des Schweizer Militäranalysten Jacques Baud“ https://www.nachdenkseiten.de/?p=144170 Fri, 26 Dec 2025 12:00:43 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144170 <p><span id="more-144170"></span><br /> <strong>Florian Warweg</strong> berichtet <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143868">hier</a> über seine Fragen an die Bundesregierung im Fall des mit Zustimmung der Bundesregierung vom Rat der Europäischen Union <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L_202502572">vollumfänglich sanktionierten</a> Schweizer Militär-Analysten, Bestseller-Autor und Oberst a.D. Jacques Baud. Gefragt wurde, a) ob es „tatsächlich der aktuellen Haltung der Bundesregierung entspricht, dass man renommierte Militäranalysten umfassend sanktioniert,</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144170">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144170</span> <p><span id="more-144170"></span><br /><strong>Florian Warweg</strong> berichtet <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143868">hier</a> über seine Fragen an die Bundesregierung im Fall des mit Zustimmung der Bundesregierung vom Rat der Europäischen Union <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L_202502572">vollumfänglich sanktionierten</a> Schweizer Militär-Analysten, Bestseller-Autor und Oberst a.D. Jacques Baud. Gefragt wurde, a) ob es „tatsächlich der aktuellen Haltung der Bundesregierung entspricht, dass man renommierte Militäranalysten umfassend sanktioniert, nur weil man deren Analysen zum Ukrainekrieg inhaltlich nicht teilt“ und b) ob die Bundesregierung die „sehr fragwürdige Sanktionsbegründung vor Zustimmung auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft hat“. Unsere Leserinnen und Leser haben dazu interessante Leserbriefe geschickt. Dafür bedanken wir uns. Hier folgt nun eine Auswahl, die <strong>Christian Reimann</strong> für Sie zusammengestellt hat.</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>1. Leserbrief</strong></p><p>Lieber Herr Warweg,</p><p>vielen Dank, dass Sie diese Fragen so präzise und glasklar bei der BPK gestellt haben und damit die Sanktionsentscheidung gegen Jacques Baud als das entlarvt haben, was sie ist: Eine völlige moralische wie juristische Bankrotterklärung der EU. Und Sie haben weiterhin demonstriert: Die Bundesregierung schließt sich mit der Antwort des Herrn Giese vom AA dieser Bankrotterklärung vollumfänglich an. </p><p>Besten Gruss<br />Hans-Peter Piepho</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>2. Leserbrief</strong></p><p>Sehr geehrter Herr Warweg!</p><p>Ihre Frustrationstoleranz ist bewundernswert! Dass die BPK Ihren Fragen ausweicht oder nicht imstande ist, Ihnen konkret auf die gestellten Fragen zu antworten, ist Ihnen ja bewusst. Trotzdem machen Sie weiter. Und das ist gut so. Viele kleine Nadelstiche tun auch weh. Und Ihre Fragen zu Jaques Baud gehören auch dazu. Frage: Wird er jetzt aus Brüssel ausgewiesen? Wo lebt er denn?</p><p>Noch ist Harald Kujat nicht sanktioniert. Vielleicht ist er aber beim nächsten Mal dabei.</p><p>Machen Sie weiter! Irgendwann bricht das selbstgesponnene Lügenkonstrukt zusammen.</p><p>Reinhard Winkler</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>3. Leserbrief</strong></p><p>Sehr geehrter Herr Warweg,<br />sehr geehrte Damen und Herren!</p><p>Im (deutschen) Amtsblatt der EU lese ich dazu: “Angesichts der sehr ernsten Lage ist der Rat der Ansicht …”. Also, wenn die EU schon zu derartigen Maßnahmen greifen muss, dann muss die Lage wirklich sehr ernst sein. Oder ist das auch schon wieder eine Verschwörungstheorie?</p><p>Viele Grüße<br />Wolf Göhring</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>4. Leserbrief</strong></p><p>Liebe Nachdenkseiten,</p><p>die sich häufenden Fälle Jaques Baud & Andere sind für mich unfassbar. Die Folgen dieser “Bannungen” sind vernichtend für Menschen, die solchem Unrecht wehrlos ausgeliefert sind. </p><p>Die EU zerstört Leben, jede Existenzgrundlage und zeigt jedem, der es wagt, nicht zuzustimmen, was ihm droht. Auf diese Weise entsteht ein Klima der permanenten Bedrohung und Angst – in einem Rechtsstaat!!! Das ist für mich – ich bin 73 Jahre alt – unvorstellbar. </p><p>Wo ist die Gegenbewegung? Müssen sich nicht alle sich zusammentun, um dieser Gesetzlosigkeit, dieser unmenschlichen Willkür, die immer irrer wird, endlich etwas entgegen zu setzen? </p><p>Ich bedaure sehr, dass ich aufgrund meiner körperlichen Verfassung und meiner geringen finanziellen Mittel nicht aktiv sein kann, auch wenn ich es so sehr möchte. Aber es gibt doch Juristen (KRISTA ?) und finanzielle besser ausgestattete Menschen, die etwas tun können. Eine Klage gegen dieses gesetzlich nicht abgedeckte Vorgehen der EU-Kommission z.B.. Wir brauchen Bewegung statt Erstarrung. Ich weiß, ihr schreibt euch die Finger wund. Aber es kann jeden treffen, wie Pascal Lottaz im Gespräch mit Glenn Diesen sagt. Wir können doch nicht alle das Land verlassen. Ich kann es nicht, auch wenn ich es gern täte. Wohin denn? Irrsinn ist überall. </p><p>Was wir wirklich brauchen, ist Zusammenhalt über ideologische Grenzen hinweg. </p><p>Das muss ich mir von der Seele schreiben. Ich hoffe auf Ihr Verständnis. </p><p>Zuerst einmal liebe Grüße,<br />Christa D.</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>5. Leserbrief</strong></p><p>Sehr geehrter Herr Warweg, NDS,</p><p>Zusammengefasst: wer Propaganda verbreitet oder Verschwörungstheorien wird aussergerichtlich existenzbedrohend bestraft.</p><p>Erste Frage die entsteht ist inwiefern dieses Vorgehen der EU die Trennung zwischen Legislative , Exekutive und Judikative zu Grabe getragen hat. Im allgemeinen geht man davon aus, dass diese Trennung ein Grundprinzip der Demokratie ist.</p><p>Des weiteren stellt sich schon mal die Frage: Gibt es überhaupt Verschwörungen ? Das mit den Massenvernichtungswaffen im Irak, die Geschichte mit den Brutkastenmorden etc. Resultat einer Verschwörung oder nicht?</p><p>Verbreitung von Propaganda?<br />Da muss die Definition begutachtet werden:<br />Propaganda ist die gezielte, oft medienvermittelte Verbreitung von Meinungen, Ideen und Informationen, um die öffentliche Meinung und das Verhalten von Menschen zu beeinflussen und zu manipulieren – typischerweise zugunsten bestimmter politischer oder sozialer Interessen, oft mit verzerrten oder unvollständigen Fakten. Das Ziel ist es, eine bestimmte Haltung oder Reaktion zu erzeugen.</p><p>Den Rest muss sich jeder selbst zusammenreimen.</p><p>Noch einen guten Rat an die NDS-Redaktion und den NDS-Lesern:<br />Vorsicht bei Beiträgen und Kommentaren ist geboten.</p><p>Mit freundlichem Gruß<br />Patrick Janssens</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>6. Leserbrief</strong></p><p>Wer sind die Nächsten?</p><p>Zunächst einmal das obligatorische Dankeschön für die unermüdliche Aufklärungsarbeit an die gesamte Mannschaft der Nachdenkseiten. Die NDS sind für mich zur täglichen Pflichtlektüre geworden. Sie sind die Alternative zum nicht mehr genießbaren Mainstream- Medieneinheitsbrei.</p><p>Durch die Mitarbeit im NDS-Gesprächskreis Nienburg fühle ich mich auch als Mitglied der NDS-Familie.</p><p>Aber jetzt zum Thema. Mit seinen Fragen während der Regierungspressekonferenz (RPK) am 17.12. 2025 zur Sanktionierung des schweizerischen Militäranalysten Jacyes Baud ist Florian Warweg ein wahrer Coup gelungen. Er hat es tatsächlich geschafft, der Bundesregierung in der Person von AA-Sprecher Martin Giese, entgegen den sonstigen Abwiegelungen und Nichtaussagen, ein klares Statement zum EU-Sanktionsregime herauszulocken. Man muss sich die Ungeheuerlichkeit, die die Bundesregierung da abgegeben hat und die mir auch erst beim zweiten Lesen des Artikels richtig bewusst geworden ist, noch einmal vor Augen führen:</p><p>Alle, die auf diesem Feld unterwegs sind, müssen damit rechnen, dass es auch ihnen passieren könnte.</p><p>AA-Sprecher Giese hat also auf offener Bühne (RPK) angekündigt, dass es weitere Sanktionierungen von Menschen und oder Organisationen deren Meinung oder Position der Regierung nicht passt, geben könnte. Die Bundesregierung hat damit öffentlich bekannt gegeben, dass sie bereit ist, den Boden der Rechtsstaatlichkeit zu verlassen, um unliebsame Meinungen zu unterdrücken. Das die Regierung dabei über Bande mit der EU-Führung in Brüssel spielt ist, ist hier eher von Vorteil, kann man seine Hände doch in Unschuld waschen, wie es ja bei den Sanktionsfällen Alina Lipp, Thomas Röper und Hüseyin Degro auch geschehen ist.</p><p>Wer sind die Nächsten, die unter das Sanktionsregime der undemokratischen EU-Technokraten geraten? Ulrike Guérot und Patrik Baab, die ja schon von halbstaatlicher Repression betroffen waren und trotzdem nicht schweigen? Der Norweger Glenn Diesen oder der Schweizer Pascale Lottaz mit seinen Neutrality Studies, die immer wieder prominente Meinungsdissidenten zu Wort kommen lassen? Der Schweizer Roger Köppel, der in der Weltwoche das Ukraine Narrativ kritisch hinterfragt? Die US-Professoren John J. Mearsheimer und Jeffrey Sachs, der US-Diplomat Jack F. Matlock oder gar Ex-CIA Direktor und Ex Diplomat William J. Burns, die alle die offizielle EU-Position nicht teilen? Aber Vorsicht, die USA verteidigen die Rechte von US-Bürgern mit Waffengewalt.</p><p>Man könnte auch kritische Organisationen, Parteien und Internetportale, wie z.B. Apolut, das Overton Magazin, Multipolar oder auch die Nachdenkseiten mittels Sanktionierung zum Schweigen bringen. Wie wäre es mit der SPD-Linken, die sich in ihrem Manifest für eine Verhandlungslösung im Ukraine-Konflikt ausspricht? Auch das BSW oder die AfD wären geeignete Ziele. Die Liste ist schier endlos. Irgendwie muss es doch gelingen unliebsame Meinungen in der Gesellschaft zu unterdrücken, auch wenn dabei hehre Ziele wie Demokratie und Meinungsfreiheit auf der Strecke bleiben.</p><p>Fast gleichzeitig zum neuesten Sanktionspaket haben die EU-Kleptokraten versucht, sich das in Brüssel (Euroclear) gelagerte und eingefrorene russische Staatsvermögen unter den Nagel zu reißen. Dieses Vorhaben, angeführt von den deutschen Kriegstreibern F. Merz und U. von der Leyen, ist – vorerst – gescheitert. Die Angst, dass die russische Föderation ihre Rechte vor internationalen Gerichten durchsetzen könnte, war dann doch zu groß.</p><p>So wurde lediglich beschlossen weitere 90 Milliarden Euro, die über Kredite finanziert werden müssen, im ukrainischen Korruptionssumpf zu versenken, um einen längst verlorenen Krieg zumindest noch zwei weitere Jahre am Laufen zu halten. Jens Berger wird ja sicherlich ausrechnen, was dieser Beschluss den einzelnen EU-Bürger mal wieder kostet.</p><p>Mit Demokratie, Freiheit und Menschenrechten hat das ganze Gehabe der sogenannten EU-Eliten schon lange nichts mehr zu tun. Es ist an der Zeit, dieser EU-Funktionärskaste mit entschiedenen Widerstandsaktionen europaweit entgegenzutreten.</p><p>Axel Nürge</p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144170</span> 144170 Volks- und Raiffeisenbanken – die Mini-Finanzkrise schwelt weiter https://www.nachdenkseiten.de/?p=143743 Fri, 26 Dec 2025 11:00:55 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=143743 <p>Das nun auslaufende Jahr 2025 war in wirtschaftlicher Hinsicht durch Nullwachstum, Insolvenzen, hohe Energiepreise und nicht enden wollende Hiobsbotschaften aus Schlüsselbranchen wie Automobil und Chemie geprägt. Dabei ist fast völlig aus dem Blick geraten, dass in der hiesigen Bankenlandschaft, genauer gesagt in der genossenschaftlichen Finanzgruppe, seit gut anderthalb Jahren <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=135294">eine Mini-Finanzkrise schwelt</a>. Aktuell befinden</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143743">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=143743</span> <p>Das nun auslaufende Jahr 2025 war in wirtschaftlicher Hinsicht durch Nullwachstum, Insolvenzen, hohe Energiepreise und nicht enden wollende Hiobsbotschaften aus Schlüsselbranchen wie Automobil und Chemie geprägt. Dabei ist fast völlig aus dem Blick geraten, dass in der hiesigen Bankenlandschaft, genauer gesagt in der genossenschaftlichen Finanzgruppe, seit gut anderthalb Jahren <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=135294">eine Mini-Finanzkrise schwelt</a>. Aktuell befinden sich sechs Institute unter dem Rettungsschirm des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), nachdem es jahrelang so gut wie gar keine Stützungsaktionen gab. Insgesamt 1,5 Milliarden Euro stehen im Feuer. Von <strong>Thomas Trares</strong>.<br /><span id="more-143743"></span><br />Der jüngste Problemfall ist das Bankhaus RSA aus dem oberbayerischen Rechtmehring, bei dem eine Finanzlücke von 60 Millionen Euro klafft. Das Institut hat sich mit Gewerbeimmobilien übernommen und steht vor der Übernahme durch „meine Volksbank” Raiffeisenbank mit Sitz in Rosenheim. Das Desaster hatte sich bereits im Mai abgezeichnet, als Vorstandschef Alfred Pongratz überraschend seinen Hut nahm, im Oktober musste das Institut dann gestützt werden. Bei der RSA <a href="https://www.boersen-zeitung.de/banken-finanzen/der-sechste-stuetzungsfall-im-genossenschaftssektor">handelt es sich</a> um eine ausgesprochen kleine Bank mit einer Bilanzsumme von 1,2 Milliarden Euro und fünf Filialen. Ähnlich gelagert ist der Fall der Raiffeisenbank Bad Schussenried-Aulendorf, die im September einen Sanierungsbedarf von knapp 21 Millionen Euro angemeldet hatte. Auch hier waren riskante Immobiliengeschäfte der Auslöser. Das Institut, das auf eine Bilanzsumme von 340 Millionen Euro kommt, wurde inzwischen von der VR-Bank Donau-Oberschwaben <a href="https://www.boersen-zeitung.de/banken-finanzen/erneute-schieflage-von-genobank-am-bodensee">übernommen</a>.</p><p><strong>Seit 2024 unterm Rettungsschirm</strong></p><p>Die restlichen vier Stützungsfälle sind die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden, die Volksbank Düsseldorf Neuss, die Volksbank Dortmund-Nordwest und die Raiffeisenbank im Hochtaunus. Diese befinden sich zum Teil schon seit Mitte 2024 unter dem Rettungsschirm und sind auch deutlich größer. Bei der Raiffeisenbank im Hochtaunus etwa hat sich das Finanzloch im Laufe dieses Jahres auf 500 Millionen Euro ausgeweitet, zunächst war hier nur von 400 Millionen Euro die Rede. Inzwischen ist das Institut mit der Volksbank Mittelhessen mit Sitz in Gießen <a href="https://www.boersen-zeitung.de/banken-finanzen/finanzloch-der-raiffeisenbank-im-hochtaunus-betraegt-500-mill-euro">verschmolzen worden</a>. Ferner ist bei der Volksbank Düsseldorf Neuss der Finanzbedarf auf 200 Millionen Euro angewachsen, nachdem man lange Zeit von 100 Millionen Euro <a href="https://www.manager-magazin.de/unternehmen/banken/volksbank-duesseldorf-neuss-skandalbank-erleidet-trotz-betrugsfalls-nur-minimale-verluste-a-ae608ba6-9c25-4875-9721-c456020b6279">ausgegangen war</a>. Größter Stützungsfall ist aber nach wie vor die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden mit 560 Millionen Euro.</p><p>Auffällig ist, dass sich alle sechs kriselnden Institute in irgendeiner Form mit Immobilien verhoben haben. Ein Grund dafür sind die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB), die einen Preisrutsch bei den Gewerbeimmobilien ausgelöst haben, von dem sich der Markt bis heute nicht erholt hat. Das Bankhaus RSA etwa gab als Ursache für seine Schieflage neben zu schnellem Wachstum und mangelnder Diversifizierung auch steigende Zinsen und schwindende Immobilienwerte an. Ähnlich sieht es bei der Raiffeisenbank Bad Schussenried-Aulendorf aus, der Sonderabschreibungen auf Immobilien im Bodenseeraum zum Verhängnis wurden. Bei den vier Altfällen sticht die Volksbank Dortmund-Nordwest heraus, die sich mit Immobilien-Spezialfonds regelrecht <a href="https://www.ruhrnachrichten.de/dortmund/volksbank-dortmund-nordwest-fusion-bankenrettung-geschaeftsbericht-verluste-stuetzungsfonds-w934103-2001373396/">verzockt hat</a>.</p><p><strong>Bilanzloch nach Betrugsfall</strong></p><p>Bei der Volksbank Düsseldorf Neuss indes hat der Betrugsfall rund um das französische Modeunternehmen Kiabi ein Loch von 100 Millionen Euro in die Bilanz gerissen. Die Volksbank hatte auf Betreiben der inzwischen inhaftierten früheren Kiabi-Finanzchefin Aurélie Bard im Sommer 2023 insgesamt 100 Millionen Euro in die Türkei überwiesen. Danach verliert sich die Spur des Geldes. Staatsanwaltschaften in mehreren Ländern ermittelten daraufhin wegen des Verdachts des Betrugs und der Untreue. Der Ruf der mehr als 140 Jahre alten Volksbank Düsseldorf Neuss hat dadurch gelitten. Der Vorstand wurde ausgetauscht, der für die Überweisung verantwortliche Mitarbeiter entlassen. Zudem wird die bisherige Hauptstelle auf der Düsseldorfer Prachtmeile Königsallee aufgegeben. Die Fusion mit der benachbarten Volksbank Krefeld <a href="https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/volksbank-duesseldorf-neuss-fusion-mit-volksbank-krefeld-geplant_aid-134717277">steht unmittelbar bevor</a>.</p><p>Unter dem Strich beziffern sich die Belastungen aus diesen sechs Fällen auf 1,5 Milliarden Euro. Sämtliche Risiken werden durch Garantien der Sicherungseinrichtung des BVR abgedeckt. In diesen Haftungsverbund zahlen alle BVR-Mitgliedsbanken ein, um in Not geratene Gruppenmitglieder zu stützen. Der genossenschaftliche Finanzverbund hat derzeit rund 670 Mitgliedsbanken, dazu zählen die Volksbanken, Raiffeisenbanken, PSD Banken, Sparda-Banken, aber auch das genossenschaftliche Zentralinstitut DZ Bank, die genossenschaftlichen Hypothekenbanken wie die DZ Hyp und sonstige Spezialinstitute wie die Bausparkasse Schwäbisch Hall und die Fondsgesellschaft Union Investment.</p><p><strong>Probleme noch beherrschbar</strong></p><p>Außerhalb der Wirtschafts- und Lokalpresse haben die Krisenfälle bislang kaum Wellen geschlagen. Dies dürfte daran liegen, dass die Probleme bislang noch innerhalb des Genossenschaftsverbundes lösbar sind. In der konsolidierten Jahresbilanz der genossenschaftlichen Finanzgruppe haben die Stützungsaktionen bereits 2024 zu einem Anstieg der Risikovorsorge um fast das Dreifache auf 4,87 Milliarden Euro geführt. Das Vorsteuerergebnis sank dadurch um ein Viertel auf 10,8 Milliarden Euro. Bei der Risikovorsorge handelt es sich um eine Rückstellung, mit der sich Banken gegen tatsächliche und drohende Verluste im Kreditgeschäft <a href="https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/banken-konjunkturflaute-bremst-geschaeft-der-volksbanken/100139965.html">wappnen</a>. Der BVR selbst hat inzwischen Konsequenzen aus all den Pleitefällen gezogen und die Überwachung und Interventionsmöglichkeiten <a href="https://www.boersen-zeitung.de/banken-finanzen/bvr-verbandsrat-verabschiedet-plan-fuer-strengere-regeln-fuer-krisenbanken">verschärft</a>.</p><p>Doch damit ist die Krise noch lange nicht ausgestanden, wie zwei aktuelle Fälle aus Niedersachsen zeigen. So hat sich die Hannoversche Volksbank offenbar mit dem Hamburger Immobilieninvestor Immac verspekuliert. Die auf Pflegeimmobilien spezialisierte Gesellschaft musste Ende Oktober Insolvenz anmelden. Die Hannoversche Volksbank hatte erst vor rund zwei Jahren die Mehrheit an Immac erworben. Der Schaden, der auf das Hannoveraner Geldhaus zukommen könnte, <a href="https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/immac-holding-insolvenz-der-immobilienfirma-immac-trifft-hannoversche-volksbank/100171224.html">soll bei rund 40 Millionen Euro liegen</a>. Darüber hinaus steht die Volksbank Braunschweig-Wolfsburg (Brawo) inzwischen unter der Beobachtung der BVR-Sicherungseinrichtung. <a href="https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/banken-volksbank-braunschweig-wolfsburg-steht-unter-beobachtung/100178554.html">Die Gründe</a> sind das komplexe, immobilienlastige Geschäftsmodell und die regionale Abhängigkeit von dem kriselnden Automobilhersteller Volkswagen (VW). </p><p><strong>Volksbank Konstanz wird zur Skandalbank</strong></p><p>Etwa anders gelagert, dafür aber umso spektakulärer ist der Fall der Volksbank Konstanz. Das Geldhaus hatte eine Zeitlang mit dem Finanzinfluencer Tomislav Primorac, der unter dem Namen „Immo Tommy“ bekannt ist und in sozialen Netzwerken bis zu zwei Millionen Follower hatte, in einer dubiosen Geschäftsbeziehung gestanden. Die Volksbanker hatten dabei reihenweise überteuerte Immobilien finanziert, die sie selbst nie besichtigt hatten. Am Ende standen „80 auffällige Kreditengagements“ und ein Wertberichtigungsbedarf von knapp 23 Millionen Euro. Inzwischen ist das Institut in der benachbarten Volksbank Oberschwaben-Bodensee aufgegangen, der Rettungsschirm des BVR wurde <a href="https://www.manager-magazin.de/unternehmen/banken/immobilien-skandal-wie-die-volksbank-konstanz-immo-tommy-millionen-hinterherwarf-a-2a659ad3-a79e-463c-9c6b-2f3efa9326ce">aber nicht Anspruch genommen</a>.</p><p>Der Fall ähnelt übrigens dem der VR-Bank Bad Salzungen-Schmalkalden, die oft auch als Effenberg-Bank bezeichnet wird. Die Regionalbank aus Thüringen hatte vorübergehend den ehemaligen Fußballprofi Stefan Effenberg engagiert, um das Geschäft mit Fußballkrediten zu promoten. Zudem unterhielt das Institut Bordell-Immobilien in Oberhausen, Weideflächen für Bisons in der Oberlausitz und einen fünfstöckigen Plattenbau auf Sylt. Am Ende musste die Bank mit 560 Millionen Euro <a href="https://www.manager-magazin.de/unternehmen/banken/volksbank-verkorkste-start-up-investitionen-dubiose-immobiliendeals-was-den-ex-vorstaenden-der-effenberg-bankvorgeworfen-wird-a-2629a98a-2778-44f3-8e5a-a0158cc97d88">gestützt werden</a>. Damit ist sowohl bei der Effenberg-Bank als auch bei der Volksbank Konstanz der Ausflug einer Provinzbank in die große weite Welt des Glitzers und des Glamours zu einem Debakel geworden.</p><p><small>Titelbild: TobiasTropper/shutterstock.com</small><img loading="lazy" decoding="async" src="http://vg04.met.vgwort.de/na/3068204fcba9448b9f49319ccc7824b5" width="1" height="1" alt="" /></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=143743</span> 143743 Friedensaktivist der frühen Stunde: Eine (Weihnachts-)Begegnung mit Wolf G. (Teil II von III) https://www.nachdenkseiten.de/?p=144042 Fri, 26 Dec 2025 10:00:42 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144042 <p>Der Bonner Diplom-Mathematiker <strong>Wolf Göhring</strong> (86) ist ein alerter Zeitzeuge bundesrepublikanischer Geschichte und Friedensaktivist seit Mitte der 1960er-Jahre. Während Menschen in seinem Alter – Linke oder Ex-Linke zumal – Seiten oder Barrikaden wechselten, blieb er sich treu und versucht als partout „Kriegsuntüchtiger“ zum Schluss dieses Interviews, einen marxistischen Weg zu einer friedlichen Welt zu skizzieren.</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144042">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144042</span> <p>Der Bonner Diplom-Mathematiker <strong>Wolf Göhring</strong> (86) ist ein alerter Zeitzeuge bundesrepublikanischer Geschichte und Friedensaktivist seit Mitte der 1960er-Jahre. Während Menschen in seinem Alter – Linke oder Ex-Linke zumal – Seiten oder Barrikaden wechselten, blieb er sich treu und versucht als partout „Kriegsuntüchtiger“ zum Schluss dieses Interviews, einen marxistischen Weg zu einer friedlichen Welt zu skizzieren. Für die <em>NachDenkSeiten</em> führte <strong>Rainer Werning</strong> ausgiebige Gespräche mit Wolf Göhring, deren abschließender dritter Teil am 27. Dezember auf diesen Seiten erscheint.<br /><span id="more-144042"></span><br /><strong>Rainer Werning: Der Weltkrieg kam also immer wieder in den Blick. Wie haben Sie die neuen Zeitläufe, die die Kriegszeit ablösten, als Heranwachsender wahrgenommen?</strong></p><p><strong>Wolf Göhring:</strong> Im Dezember 1947 wurde das Saarland in wirtschaftlichem Verbund mit Frankreich ein eigener Staat: die Lebensmittelmarken fielen weg. Meine Eltern konnten eine Kleinbildkamera und die Ausrüstung für ein Fotolabor ergattern, und so waren sie gut gewappnet, als der neue Staat seinen Bürgern neue Pässe mit neuen Passbildern auszugeben gedachte. Die Leute standen vor der baufälligen Scheune Schlange, um abgelichtet zu werden.</p><p>Einmal zogen zwei „Mockscher” – Nordafrikaner – mit je einem schweren Teppich auf der Schulter durch den Ort von Stahlarbeitern, Bergleuten, Bergmannsbauern, Kleinbauern, Handwerkern und wollten ihnen Berberteppiche verkaufen. Ob es glückte, weiß ich nicht, aber es gibt ein Foto von den beiden, wie sie rauchend und lachend, einen Deutschen zwischen sich, in Opas Garten stehen. Dieser Dritte – das ist alles, was ich von ihm weiß – hatte Obdach bei Opa und Oma gefunden, er hieß Lorenz und war in einem KZ eingesperrt gewesen.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.17.57.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.17.57.png" alt="" width="816" height="564" class="alignleft size-full wp-image-144052" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.17.57.png 816w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.17.57-300x207.png 300w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.17.57-768x531.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.17.57-709x490.png 709w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.17.57-354x245.png 354w" sizes="auto, (max-width: 816px) 100vw, 816px" /></a><br /><small>Abb. 8/ „Mockscher“<br />Titel: Drei in Opas Garten<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring (Aufnahme ca. 1949)</small></p><p>Ab 1950 kamen neue Kriege in den Blick: der französische Indochinakrieg und der vor allem amerikanische Koreakrieg. Im Radio war davon zu hören. In der „Wochenschau“ im Kino wurden regelmäßig Kriegsszenen gezeigt. Meine Eltern sprachen darüber: „Uns” haben sie vorgeworfen, wir könnten mit Kolonien nicht umgehen. Ohne „unsere Fremdenlegionäre” hätten die Franzosen schon lange verloren. Warum machten die Franzosen das? Der Friedensschluss zu Indochina von 1954 wurde begrüßt. Warum nicht gleich so? Musste „das” alles sein! Usw. Die vorgesehenen freien Wahlen in Vietnam wurden durch Putsche im Süden verhindert. Hoppla, so läuft das mit freien Wahlen? Wird Frankreich das Abstimmungsergebnis über das Saarstatut im Oktober 1955 akzeptieren, wenn das Statut verworfen wird? Frankreich akzeptierte die Ablehnung des Statuts, und ab 1957 war die Saar Teil der Bundesrepublik Deutschland, der BRD.</p><p>In diese Zeit fiel die Wiederbewaffnung der BRD. „Können die nie genug kriegen!”, kommentierte meine Mutter. Als der erste junge Mann aus unserem Ort in Uniform herumlief, meinte mein Stiefvater nur: „Angeber”; er wusste sicherlich, wovon er sprach. In der Schulklasse diskutierten wir, ob sie uns einziehen werden. Die Musterungen kamen im Saarland erst später; mein Jahrgang 1939 war der erste, er wurde 1960 gemustert. Da studierte ich schon und konnte darauf rechnen, vor Studienende nicht eingezogen zu werden. Kurz danach gab’s ein Gesetz, wonach die einzigen Söhne gefallener Väter auf Antrag von der Wehrpflicht befreit werden. Ich stellte den Antrag und erhielt einen entsprechenden Eintrag in meinen Wehrpass – von wegen „strammer Soldat”.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.18.56.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.18.56.png" alt="" width="810" height="1134" class="alignleft size-full wp-image-144054" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.18.56.png 810w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.18.56-214x300.png 214w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.18.56-731x1024.png 731w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.18.56-768x1075.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.18.56-464x650.png 464w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.18.56-350x490.png 350w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-12.18.56-175x245.png 175w" sizes="auto, (max-width: 810px) 100vw, 810px" /></a><br /><small>Abb. 9/ Wehrpass<br />Titel: Vom Wehrdienst befreit<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring<br />Klartext: “Vom Wehrdienst gem. § 11 Abs 2 zweiter Halbsatz des Wehrpfl.ges. befreit und daher von der Wehrüberwachung gem. § 24 Abs. 3 Nr 3 Wehrpfl.ges. ausgenommen.”</small></p><p>Ein möglicher deutscher Griff nach der Atombombe war in den späten 1950ern ein Thema. Unser Physiklehrer machte die Göttinger Erklärung [veröffentlicht am 12. April 1957 und unterzeichnet von international renommierten deutschen Naturwissenschaftlern und Kernphysikern, darunter Otto Hahn und Carl Friedrich von Weizsäcker – RW] gegen eine deutsche Atombombe zum Stoff einer Physikstunde. Er ließ uns diskutieren und moderierte fast nur, fasste die Positionen zusammen: für und gegen die Bombe. Am Ende waren wir uns einig: gegen die Bombe. Wissenschaftler sind verantwortlich für ihr Tun. Der Physiklehrer hatte Erfahrung im U-Bootkrieg. „1937 sind wir mit 800 angetreten. 400 sind zurückgekommen. 67 leben noch. Ich muss zu unserm Veteranentreffen fahren”, meinte er vor 25 Jahren in einem Telefonat mit mir, als ich stattdessen einen Termin für ein Klassentreffen mit ihm ausmachen wollte. Er, das war der WOII auf U96 [Zweiter Wachoffizier – Anm. d. Red.], später verfilmt in „Das Boot“.</p><p>Der Algerienkrieg wurde kritisch beäugt. Menschen aus Algerien waren uns nicht fremd, viele arbeiteten in der grenznahen lothringischen Industrie. Man sah sie auf der Straße, in den Geschäften. Ihre Angehörigen kämpften dafür, nicht mehr in einer De-facto-Kolonie unter französischer Herrschaft zu leben. Warum nicht? Ein Bekannter war, noch während der „französischen“ Saar, plötzlich verschwunden. Nach einem halben Jahr kam eine Nachricht: er war Fremdenlegionär geworden. Den Vertrag hatte er im Rausch unterschrieben, in einer französischen Kaserne konnte er ausnüchtern. Sein Einsatzgebiet war Algerien. An der Schule hatten wir wöchentlich eine Stunde „Korrespondenz” in Französisch, gegeben von einem jungen Franzosen. Nach dem Beitritt der Saar zur BRD befand er sich plötzlich im Ausland, wofür er eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis brauchte. Etwa 1960 ging er zurück nach Frankreich. Er wurde eingezogen, in Algerien eingesetzt und ist dort gefallen.</p><p>Zwei Bemerkungen noch, in denen mir und uns auch die andere Seite und ihr Leiden besonders deutlich wurde.</p><p>1958 fuhren wir, die Unterprimen, mit dem Bus nach Verdun. Noch fast 30 Kilometer vom Ziel entfernt, sah ich die ersten Granattrichter neben der Straße, nach wenigen Kilometern war das Gelände dicht bei dicht von Trichtern bedeckt. Wie konnte da jemand überleben! Wir gingen zum Beinhaus von Douaumont und blickten auf die zusammengeschütteten Knochen zehntausender Menschen, die man vom Schlachtfeld getragen hatte. Noch immer wurden welche gefunden. Wir fuhren dann hinab nach Verdun. Mit einigen Mitschülern besichtigte ich die gotische Kathedrale. Ein Küster hatte unser Deutsch gehört und kam zu uns. Er wies auf eine Stelle im Kirchenschiff; dort war einst eine deutsche Granate eingeschlagen. Wir nickten stumm. Beim Gehen grüßten wir ihn.</p><p>Im Konfirmandenunterricht im Jahr 1953 bemerkte ein Mädchen, die Juden seien zu Recht vernichtet worden, sie hätten unsern Heiland ans Kreuz geschlagen. Der Pfarrer wurde deutlich. ‚Wer!? Die Juden? Das waren Menschen wie wir hier. Kinder, wie ihr, viele noch ganz klein, wenige Jahre alt, wie eure kleinen Geschwister, mit ihren Müttern, Frauen wie eure Mütter! Mit ihren Vätern! Zusammengetrieben, eingesperrt in Güterwaggons. Ohne Essen und Trinken. Könnt ihr euch vorstellen, so tagelang ins Ungewisse zu fahren!? Angekommen im Lager, wurden sie hinausgejagt und in die Gaskammern getrieben, die man mit dicken Schiebern verriegelte, sodass niemand mehr hinauskonnte. Und dann öffnete man die Hähne für das Gas, bis alle erstickt waren, die Kinder, die Mütter, alle.‘ Wir waren hernach sehr still.</p><p><strong>Wieso begeisterten Sie sich ausgerechnet für Mathematik und studierten dieses Fach, was sehr vielen Menschen – ich schließe mich da nicht aus – den Schulalltag gehörig vergraulte?</strong></p><p>„Du kannst bestimmt mal gut rechnen”, hieß es oft und es wurde aufgezählt, wer alles in der Familie gut rechnen kann. Wie sollte ich bei solchem Zuspruch nicht das nötige Zutrauen besitzen, auch mal gut in Rechnen zu werden? Im Herbst 1945 kam ich noch nicht in die Schule, aber Zählen lernen, das wollte ich. Sie brachten mir das Zählen bis zehn bei. Und dann ein bisschen rechnen, das heißt: zusammenzählen: Hier drei Dinge und da zwei, beides zusammengezählt fünf. Was kommt nach zehn? Zwanzig. Danach? Dreißig, vierzig bis schließlich hundert. Ist bei hundert Schluss? Nein, es geht weiter. Wie weit? Dann kommt zweihundert, dreihundert und so weiter bis tausend. Was kommt nach tausend, nach zehntausend, nach hunderttausend? Wo hören die Zahlen auf? Nirgends. Abends vorm Einschlafen zählte ich, bis hundert, weiter bis zweihundert, dreihundert. Ach, die letzte Stelle wiederholt sich immer wieder. Weglassen. So kam ich schnell bis tausend, danach die Zehner-, dann die Hunderter-, schließlich sogar die vielen Tausenderstellen überspringend, konnte ich an einem Abend bis zu einer Million zählen. Das war mir dann genug.</p><p>Wie geht das Malnehmen? Wenn du in der Schule bist, dann kannst du das lernen. Mein Eifer ließ nicht nach. Eines Abends, als ich am Bett meine Stiefelchen auszog, zählte ich: Eins zwei drei Haken hier, und nochmals drei gegenüber, zusammengezählt sechs. Also zwei mal drei Haken sind sechs Haken. Kurz: zwei mal drei gleich sechs. Als meine Mutter kam, um mir Gute Nacht zu sagen, fragte ich: „Mutti, zwei mal drei ist sechs?” Verblüfft bestätigte sie es mir, und ich erzählte, wie ich das herausgefunden hatte. Eigentlich, so ergänze ich nun als alter Mensch, hatte ich nichts anderes getan als das, was Kinder dieses Alters täglich tun: Ich hatte einen Begriff von „mal”, nämlich „komm mal her”, „zweimal” und ähnliche Redewendungen. Diesen Begriff erweiterte ich ein wenig: einmal, zweimal, dreimal, viermal. Nicht anders, als wenn ein Kind ein Dutzend Stühle gesehen hat und sich einen allgemeinen Begriff „Stuhl” bildet.</p><p>Mit dem gleichen Spaß an der Freud‘ stieg ich auf Bäume, manchmal mittels einer Spitzbubenleiter.</p><p>Wird das Rechnenlernen – ich habe das Wort „Mathematik” vermieden – früh in die kindliche Wissbegierde und Begriffswelt eingebunden, dann sollte es klappen und die Lust auf „mehr” davon, letztlich auch auf komplizierte Mathematik geweckt werden können. Wird hingegen wie heute den Fünfjährigen schon im Kindergarten eingetrichtert, dass es „plus”, „minus” und „addieren” heißen müsse anstelle von „und”, „weniger” und „hinzutun” oder „zusammenzählen”, so wird nicht an vorhandene Begriffe angeknüpft. Sie bleiben ungenutzt, neue werden zusammenhanglos danebengesetzt. Sie müssen, um hängen zu bleiben, gepaukt werden. Spaß geht anders.</p><p>Der Mathelehrer, den wir von der siebten bis zur neunten Klasse hatten, weckte diesen Spaß. Den Quadratzahlen näherten wir uns im Treppenhaus unserer vierstöckigen Schule, ausgerüstet mit einer riesigen Stoppuhr, einer flachen Blechwanne und einem Stück Blei. Ein Trupp blieb oben mit dem Blei, der andere ging auf die darunterliegende Etage. Der Lehrer zählte: drei, zwei, eins los! Das Blei wurde losgelassen, die Stoppuhr gestartet, beim Scheppern in der Wanne wurde gestoppt. Der Messwert wurde notiert; so ging’s einige Male auf jeder Etage. Die verschiedenen Jobs wechselten unter uns. Halt, dieser Wert ist schlecht, zu spät gestoppt. Nochmal. Zurück in der Klasse, wurden die Werte notiert und grafisch dargestellt. Was zeigen uns die Zahlen, was bedeutet die Kurve? So nach und nach kamen wir ans Fallgesetz s=g/2 t2 und an die Quadratzahlen. Und dann: Wer kann die Quadrate von zehn bis zwanzig am schnellsten aufsagen, ohne sich zu verhaspeln; gestoppt wurde wieder mit jenem Monster von Stoppuhr. Mit viel Spaß lernten wir.</p><p>Ich war nicht immer gut in Mathematik; in der Sechsten stürzte ich in einem Test beim Multiplizieren gemischter Zahlen ab, also sowas wie 4 3/5 mal 3 1/7. Die entscheidenden Minuten, als der Lehrer dies im Unterricht vormachte, waren an mir vorbeigerauscht. Ich überlegte mir in diesem Test, dass ich eigentlich (4+3/5) * (3+1/7) zu rechnen habe, das heißt, ich musste „alles mit allem” malnehmen. Gedacht, getan – nun hatte ich eine ganze Zahl und drei Brüche. Der Lehrer hatte in seinem Ergebnis nur eine ganze Zahl und einen Bruch. Ich strich kurzerhand zwei Brüche; jetzt sah das Ergebnis aus wie das des Lehrers, leider aber falsch. Bei weiteren Aufgaben in dem Test sollten mehrstellige Zahlen multipliziert werden. Bei den vielen kleinen Einzelrechnungen machte ich, verteilt auf die verschiedenen Gesamtaufgaben, je ein Fehlerchen: Schon war die ganze Aufgabe falsch.</p><p>Ich zog zwei Schlüsse. Wenn ich anhand mir bekannter Verfahren zu einem Ergebnis komme, dann darf ich nicht daran herumpfuschen, auch wenn es nicht „schön” aussieht; anderes wäre „opportunistisch”. Der zweite Schluss hieß, beim Rechnen nicht galoppieren, sondern zweimal hinschauen, ob ich auch wirklich das rechne, was ich will, ob ich das aufschreibe, was ich gerechnet habe, und ob ich es so notiert habe, dass ich 20 Sekunden später noch die Teilergebnisse richtig miteinander verbinden kann.</p><p><strong>Von der Mathematik zur Politik – welche Ereignisse politisierten Sie?</strong></p><p>Ich erwähnte, dass wir in Physik die <em>Göttinger Erklärung</em> diskutierten. Auch die Wehrpflicht war eine politische Frage. Überhaupt waren alle Ereignisse, die mit dem Krieg zusammenhingen, politische und keine individuellen, im normalen familiären Leben auftretende Ereignisse.</p><p>In den ersten Jahren nach dem Krieg hieß es bei der Bahnfahrt von Saarbrücken nach Karlsruhe in Einöd kurz vor Zweibrücken samt Gepäck auszusteigen, eine Pass- und Zollkontrolle durch französische Beamte mit Öffnen der Koffer zu passieren, um nach zwei Kilometern Weiterfahrt denselben Zirkus in Zweibrücken mit westdeutschen Beamten nochmal mitzuspielen; bei der Rückreise entsprechend, alles in allem jeweils über zwei Stunden. Ganz anders die Grenze zu Frankreich im Wald hinter meinem Wohnort, diese war nur wahrnehmbar, wenn man auf einen Grenzstein traf.</p><p>Die Frage, ob das Saarland deutsch oder französisch sein oder einen Zwischenstatus à la Luxemburg haben würde, bewegte die Gemüter. Aus den Ferien im Schwarzwald zurückkommend, sah ich im August 1955 vor dem Saarbrücker Bahnhof wohl ein Dutzend Mal das Plakat <em>„Nie wieder Barras. Darum Nein zum Saarstatut. KPS”</em>. Barras bedeutete Wehrdienst. Tolles Plakat, dachte ich. Im Herbst 1955 verteilte ich vor dem Kino Flugblätter für das Nein zum Saarstatut. Ein lothringisches Blatt enthüllte, dass mein Vormund, stellvertretender Vorsitzender der neuen Saar-CDU, während des Krieges in der Tschechei ein „Blutrichter” war: Er hatte 31 Todesurteile gefällt. Er war mein Vormund auf vorsorglichen Wunsch meines Vaters geworden, dessen Wandervogelführer er wohl in den frühen 1920ern war.</p><p>Kurz nach dem „Tag X” im Sommer 1959, als die D-Mark an der Saar eingeführt wurde, redete Ludwig Erhard öffentlich in Saarbrücken. Er erntete Buhrufe. Er redete, wie es eine Zuhörerin zusammenfasste, als hätten wir jetzt erstmals Gelegenheit, uns Zahnbürsten zu kaufen.</p><p>In den 1950ern saß auf der Poststelle unseres Ortes ein Mann – Kommunist – mit einer riesigen Beule auf der Stirn, sie rührte von einem Schlag in einem KZ. In der Schule lernten wir früh, dass es DDR und nicht „Zone” heiße. So schrieb ich „DDR” auf ein Päckchen zu Verwandten „nach drüben” und brachte es zaghaft zur Post. Wird der Postmann das akzeptieren? Na klar akzeptierte er. Ich wusste noch nichts über die weiteren Zusammenhänge.</p><p>In den späten 1950ern wollte Bundeskanzler Konrad Adenauer die Bundeswehr mit Atomgranaten ausrüsten, einer „Weiterentwicklung der Artillerie”, wie er dem Bundestag vorgaukelte. Vor ein paar Jahren las ich, dass die USA damals zahlreiche davon in der BRD lagerten, abzufeuern von größeren Pickups, maximale Reichweite etwa 4,5 Kilometer. US-Präsident John F. Kennedy wurde dessen gewahr und zog dieses Teufelszeug in die USA zurück, für die restlichen erließ er Einsatzregeln und Befehlsstrukturen, was es bis dahin nicht gegeben hatte.</p><p>In jenen Jahren entwickelte sich eine APO, außerparlamentarische Opposition, die derlei Zumutungen entgegentrat, auch jener, bestimmte Einheiten der Polizei mit Maschinengewehren und Granatwerfern aufzurüsten. Die APO sei undemokratisch, hieß es, da sie gegen Mehrheitsbeschlüsse des Bundestags antrat. Nur solche Beschlüsse seien demokratisch. Wie bitte?! Demokratie, so hatte ich gelernt, heiße Volks- und nicht bloß Parlamentsherrschaft.</p><p>Die Schwabinger Krawalle – entstanden, als Polizisten das Musizieren dreier Leute auf dem Trottoir unterbinden wollten – waren letztlich Auftakt für staatliche Prügeleien bei Kundgebungen gegen den Vietnamkrieg und die Ermordung des Studenten Benno Ohnesorg anlässlich des Schahbesuchs in Berlin. Die 68er-Ereignisse nahm ich zur Kenntnis. In Erlangen, wo ich mittlerweile lebte, sah ich nur kleinere Aktionen.</p><p>Die Aufhebung der Verjährung von Mord, um Verbrechen aus der Nazizeit auch weiterhin vor Gericht bringen zu können, sah ich positiv, mein Stiefvater lehnte ab: „Es muss doch mal Schluss sein!” Nachdem ihm sechs Jahre lang als Soldat mit Tod, Verderben und Angst die besten Jugendjahre genommen worden waren, wollte er nicht mehr an diese Zeit erinnert werden.</p><p>Die Berichte zum Eichmann- und zum Frankfurter Auschwitz-Prozess lieferten mir viele Hinweise zum Terror der Nazizeit gegenüber jüdischen Menschen. Die Wiedergutmachung und die Gründung von Israel erschienen mir als gerecht. Letzteres geriet in Zweifel, als ich mich im Frühsommer 1969 an einem Infotisch von Palästinensern gegen deren Forderung nach der Rückkehr aller Flüchtlinge wandte. In der BRD würde eine solche Forderung von ganz reaktionären Gruppen vorgebracht. Sie wollten das Ergebnis des Zweiten Weltkriegs nicht akzeptieren und somit neuen Krieg riskieren. Eine junge Palästinenserin widersprach mir. Deutschland habe einen verbrecherischen Krieg begonnen und verloren, die Palästinenser hätten keinen begonnen. Sie lebten in ihren Dörfern, als jüdische Truppen sie vertrieben. Als kleines Mädchen musste sie zusammen mit ihrer Familie unter Waffengewalt ihr Haus und ihr Dorf verlassen – ohne Anlass auf palästinensischer Seite.</p><p>Von Sommer 1960 bis Ende 1965 las ich regelmäßig den Spiegel. Die <em>Spiegelaffäre</em> war das Ding. Zwei große Veranstaltungen im Audimax der Saarbrücker Uni, eine mit Professor Maihofer, die andere eine Podiumsdiskussion mit Repräsentanten aller im Landtag vertretenen Gruppen, darunter ein Mitglied der <em>Deutschen Friedensunion DFU</em>, der zuvor – bis zu deren Verbot – der <em>KPS, der Kommunistischen Partei Saar</em>, angehört hatte. Die CDU-Studentenorganisation <em>RCDS</em> lärmte wegen dieser Einladung durch den Asta, bis dessen Vorsitzender zurücktrat.</p><p>Die Spiegellektüre gab ich Anfang 1966 auf. Dort waren zwei große Anzeigen für Kriegsgerät erschienen. In einer wurde ein Vielstoffmotor beworben, der auch als Panzerantrieb geeignet sei. In der anderen bewarb Boeing die „fliegende Banane”, jenen Transporthubschrauber mit zwei Tragschrauben, der sich in Vietnam bewährt habe und geeignet sei, alle logistischen Probleme des Lesers zu lösen, beispielsweise durch Transport einer Haubitze samt Bedienmannschaft.</p><p>Das waren einige von vielen politischen Ereignissen, die Kopfschütteln und Bedenken, manche auch scharfen Widerspruch hervorriefen, was ich aber nur in vertrautem Kreis, bei Freunden, Verwandten, Kommilitonen und Kollegen äußerte.</p><p><strong>Wie entwickelte sich Ihr beruflicher Werdegang nach dem Abitur?</strong></p><p>Nach dem Abi studierte ich Mathe und Physik. Nach dem Vordiplom erhielt ich im Frühjahr 1962 ein Angebot des Saarbrücker Instituts für Angewandte Mathematik, als studentische Hilfskraft zu arbeiten. Ich klopfte schüchtern bei Dr. Händler, einem Assistenten, an, er war mir aus einer Vorlesung bekannt. Er legte mir eine Liste möglicher Themen vor: Informationstheorie, Artificial Intelligence, Erkennung von Radarsignalen (zivil und militärisch) und viele weitere aus dem Feld der soeben aus den Röhrenrechnern hinaustrippelnden Computerei. Ich äußerte, dass ich lieber Ziviles als Militärisches machen würde. „Kein Problem.” Ich wählte mir die Informationstheorie und schrieb nach gut zwei Jahren meine Diplomarbeit über einen mathematischen „Vergleich von Lernprozessen”, also ein KI-Thema.</p><p>Händler habilitierte sich und zog nach Hannover an die TH. Er bot mir einen Job; nach dem Diplom fing ich an: Auf einem Vertrag bei der Fraunhofer-Gesellschaft, finanziert vom Verteidigungsministerium, hoppla, zusammen mit zwei weiteren. Einer, fast so jung wie ich, hatte gerade erst aus der DDR „rübergemacht”. Wir sollten für eine halbe Million D-Mark einen Computer von Digital Equipment, eine PDP 7 mit Bildschirm bekommen, ein Dialogsystem schreiben und Mustererkennung am Bildschirm untersuchen, das heißt, Symbole, die Panzer bedeuten, auf dem Schirm platzieren und den Computer eine gute oder schlechte Gefechtsfeldlage erkennen lassen. Wir durften auch daran denken, Schriftzeichen erkennen zu lassen.</p><p>Nach wenigen Monaten fand ich mich in einer Besprechung mit einem Vertreter einer Rüstungsfirma wieder. Es ging um die Analyse von Sonarsignalen: Zeigt ein Signal einen Heringsschwarm oder einen ankommenden Torpedo? Würde ich mitarbeiten, müsste ich sicherheitsüberprüft werden. Es gab keine zweite Besprechung mit mir; ob ich überprüft wurde, weiß ich nicht; ein anderer Kollege machte später den Job. Im Jahr darauf besuchte ich zwei Fachveranstaltungen der NATO. Eine Woche in Paris zum Einsatz von Bildschirmen bei „Command and Control”-Systemen. Dort hörte ich erstmals das Wort Ergonomie: der Operator am Bildschirm soll’s guthaben, damit er stress- und fehlerfrei Bomber im Vietnamkrieg steuern kann.</p><p>Abends hatte ich mein Kontrastprogramm: Am Boulevard Rochechouart lernte ich ein Paar – einen Deutschen und eine Schweizerin – kennen, die ihre Gemälde feilboten. Er war nach Paris ausgerückt, um dem Wehrdienst zu entgehen. „Quittiere den Job. Alles, was du dort machst, ist fürs Militär. Glaub‘ nicht, dass du dort etwas Ziviles machen kannst”, meinte er radikal. Die Nacht, in der wir das diskutierten, war ziemlich lang.</p><p>Vier Wochen später kamen drei Tage in München dazu: Display-Techniken für eine quasi Life-Projektion einer Gefechtsfeldlage in Vietnam, damit Offiziere aus der Ferne schnelle und „realistische” Entscheidungen treffen könnten. Der Beamer war noch nicht erfunden, die gezeigten Techniken muten heute skurril an.</p><p>Schwabing bot mir am Abend eine andere Welt. Ein Kabarettist spielte einen Dialog zwischen Rudolf Augstein als SPIEGEL-Redakteur und Rudolf Augstein als Privatier. Das Zwiegespräch dieser gespaltenen Persönlichkeit endete, als der Privatier zum Redakteur sagte: „Ach, den Spiegel. Den lese ich schon lange nicht mehr.”</p><p>In dieser Zeit wechselte Händler von Hannover nach Erlangen; ich folgte all den anderen in seinem Tross. In Erlangen war das Militärische erst einmal außen vor. Mit dem jüngeren Kollegen in unserem Grüppchen war ich mir einig, es sei besser, den Computer für eine zivile Aufgabe, nämlich für die Erkennung von Schriftzeichen, zu nutzen, statt das Geld für Panzer auszugeben. Das war unsere ganz private und niemandem ein Beispiel gebende „Rüstungskonversion”. Meine Arbeitsergebnisse waren zuletzt ein Dialogeditor für Grafiken und ein Dialogprogramm, mit dem man Algorithmen zur Erkennung von Schriftzeichen studieren konnte.</p><p>Im Herbst 1969 ging ich zu einer Gruppe bei AEG-Telefunken in Konstanz, die ein „kleines” Betriebssystem für den „Großrechner” TR 440 entwickeln sollte, finanziert wurde das Projekt vom Bundesforschungsministerium. Das Betriebssystem sollte zivilen Anwendungen dienen. In der Halle, in der der Rechner für unsere Tests stand, waren hinter spanischen Wänden auch Rechner, an denen uniformierte Angehörige der Bundeswehr arbeiteten. Als das Ministerium 1971 die Finanzierung unseres Projekts einstellte, terminierte auch AEG-Telefunken das Projekt – ein Lehrbeispiel für die Verknüpfung von Staat und der Tätigkeit eines monopolistischen Großunternehmens.</p><p>Im ersten Jahr meines Aufenthalts in Konstanz dauerte es eine Woche, bis mir Briefe zugestellt wurden. Vermutlich wurden sie zwecks Sicherheitsüberprüfung an einen Mitleser umgeleitet, so wie auch Post in die DDR im Westen mitgelesen wurde. Bei Telefunken wurde sicherheitsüberprüft, wie wir in unserer Projektgruppe bemerkten: Unsere Sekretärin heiratete einen Absolventen der Konstanzer Ingenieursschule. Er schloss vor der Hochzeitsreise einen Arbeitsvertrag mit Telefunken ab. Aber als er nach den Flitterwochen morgens um 8 Uhr auf der Matte stand, wurde ihm die Arbeitsaufnahme verweigert. Helle Aufregung bei unserer Sekretärin. Unser Chef konnte klären, ihr Mann erhielt einen anderen Arbeitsplatz. Das Theater wurde veranstaltet, weil sein österreichischer Vater – der Mann kam aus Bregenz – in den 1950er-Jahren als Ingenieur in der DDR gearbeitet hatte.</p><p>Im Herbst 1971 arbeitete ich für Telefunken in Berlin. Noch nicht lange in der Stadt, schlich ich an einem Novemberabend durch eine Wohnstraße, an deren Ende etwas mehr Leben erhoffend. Plötzlich trat mir ein Mann in den Weg. „Bitte bleiben Sie stehen. Ich muss Ihnen Wichtiges sagen.” Zögerlich blieb ich stehen. „Was wollen Sie sagen?” Der Mann sprach von Budapest, 1944: „Man trieb Juden auf eine Brücke und zwang sie, über das Geländer in die Donau zu springen. Dann schoss man auf sie. Entschuldigung, dass ich Sie aufgehalten habe. Ich musste das sagen.” „Es war gut, dass Sie es mir sagten”, antwortete ich verblüfft. Einige Momente noch standen wir wortlos beisammen, dann ging der Mann zu einem Hauseingang, wo die Tür leise ins Schloss fiel. Damals in Budapest mochte er Anfang 20 gewesen sein.</p><p>Seit ich studentische Hilfskraft war, kam meine Arbeit immer wieder mit dem Militärischen in Berührung. Ich konnte mich etwas wegducken oder es manchmal ignorieren, aber ganz abschütteln ließ es sich nicht. Ich war in den späten 1960ern mit der Bahn zwischen Donauwörth und Ulm unterwegs, irgendwo stiegen zwei betrunkene junge Männer ein. Sie waren bester Laune, sie riefen sich Stichworte zu und lachten schallend. Ich quatschte sie an: „Sie haben wohl Tolles erlebt?” „Ja”, meinten sie, „wir sind heute wegen Unfähigkeit dauerhaft aus der Bundeswehr entlassen worden”, ein Ziel, auf das sie mit größtem intellektuellen Einsatz in den ersten Wochen des Grundwehrdienstes hingearbeitet hatten. Meinen Glückwunsch nahmen sie gern entgegen.</p><p><strong>Wie würden Sie die Stimmung in der damaligen Bundesrepublik charakterisieren?</strong></p><p>Es gab eine politische und technische Aufbruchstimmung. Es ging vorwärts, so die Beobachtung: Als ich an der Saarbrücker Uni anfing, standen auf dem großen zentralen Platz kaum ein Dutzend Autos, zwei Jahre später wurden Parkplaketten ausgegeben, um des Andrangs Herr zu werden. So scheint Fortschritt zu gehen. Autobahnen und Umgehungsstraßen wurden gebaut, Hochhäuser entstanden, alte windschiefe Stadtkerne, in den Häusern noch Plumpsklo, wurden abgerissen und mit gefügigem Beton wurde Neues errichtet. Es wurde mehr Altes abgerissen, als in den Bombennächten zertrümmert worden war. Kühlschränke, Waschmaschinen und Fernseher wurden Allgemeingut. Telefone wurden verbreitet genutzt. „Elektronengehirne”, sprich Rechenzentren, wurden installiert. Die Automation wurde kräftig angeschoben. Der Stromverbrauch stieg enorm. Die Strategen der Großindustrie sprachen von „exponentiellem Wachstum” des Bedarfs und beschworen eine drohende „Stromlücke” herauf, wenn nicht AKWs und nochmals AKWs gebaut würden. Zehn Stück sollten am Hochrhein und in der Nähe entstehen. Der „schreckliche Jurist” Filbinger, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, wollte dort ein „zweites Ruhrgebiet” kreieren, wohl mit glücklichen Mercedes-, Porsche- und Boscharbeitern an glücklichen, von Atomstrom getriebenen Fließbändern.</p><p>Drei Atomkraftwerke dieser Serie entstanden: Zwei in der Schweiz im Aargau und eins bei Fessenheim im Elsass. Das vierte wäre Wyhl gewesen. Aber die Badener Winzer hielten so wenig von einem zweiten Ruhrgebiet wie ich. Aus Wyhl wurde das frühe Symbol gegen Atomenergie. So viel zur technischen Aufbruchstimmung der späten 1960er- und der frühen 1970er-Jahre. Die politische Aufbruchstimmung galt den innen- und außenpolitischen Blockaden der Adenauerjahre.</p><p><small>Titelbild: (c) privat</small></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144042</span> 144042 Wenn Algorithmen Karrieren stoppen: Wie KI bei Bewerbungen reale Ungleichheit verschärft https://www.nachdenkseiten.de/?p=143989 Thu, 25 Dec 2025 11:00:42 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=143989 <p>Der erste Kontakt zwischen Bewerbern und Unternehmen findet heute oft nicht mehr zwischen Menschen statt. Er findet zwischen Datensätzen statt. Lebensläufe werden hochgeladen, automatisch analysiert, verglichen, sortiert. Wer dabei aussortiert wird, erfährt davon meist nur indirekt, als Standardabsage oder gar nicht. Kein Gespräch, keine Nachfrage, kein Mensch. Von <strong>Günther Burbach</strong>.</p> <p><em>Dieser Beitrag ist auch als</em></p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143989">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=143989</span> <p>Der erste Kontakt zwischen Bewerbern und Unternehmen findet heute oft nicht mehr zwischen Menschen statt. Er findet zwischen Datensätzen statt. Lebensläufe werden hochgeladen, automatisch analysiert, verglichen, sortiert. Wer dabei aussortiert wird, erfährt davon meist nur indirekt, als Standardabsage oder gar nicht. Kein Gespräch, keine Nachfrage, kein Mensch. Von <strong>Günther Burbach</strong>.</p><p><em>Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.</em><br /><span id="more-143989"></span><br /></p><p>Was Unternehmen als Effizienzgewinn verkaufen, ist für Bewerber ein Kontrollverlust. Denn die Entscheidung, ob ein Mensch überhaupt eine Chance bekommt, liegt zunehmend bei Systemen, deren Funktionsweise niemand offenlegt und für deren Fehler niemand verantwortlich sein will.</p><p>Das Problem beginnt nicht bei der Technik, sondern bei der Delegation von Verantwortung.</p><p>In vielen großen Unternehmen entscheidet heute eine Software, welche Bewerbungen überhaupt von Personalverantwortlichen gesehen werden. Diese Systeme scannen Lebensläufe nach Schlagworten, vergleichen Karrieren mit statistischen Erfolgsprofilen und vergeben Eignungsscores. Wer unter eine bestimmte Schwelle fällt, wird aussortiert, unabhängig davon, ob Qualifikation, Motivation oder Potenzial tatsächlich fehlen.</p><p><strong>Der Bewerber merkt davon nichts</strong></p><p>Das ist keine Ausnahme, sondern Standard bei internationalen Konzernen, Plattformunternehmen und zunehmend auch im Mittelstand. Der Bewerber merkt davon nichts. Er weiß nicht, dass seine Unterlagen nie von einem Menschen gelesen wurden. Er weiß nicht, warum er abgelehnt wurde. Er weiß nur: wieder eine Absage.</p><p>Diese Intransparenz ist kein Nebeneffekt, sondern Teil des Systems.</p><p>Eines der frühesten und lehrreichsten Beispiele stammt von Amazon. Der Konzern entwickelte über Jahre ein KI-System zur automatisierten Bewerberbewertung. Das System lernte aus früheren Einstellungsentscheidungen. Das Ergebnis: Frauen wurden systematisch schlechter bewertet. Lebensläufe mit Hinweisen auf Frauenförderprogramme oder weiblich dominierte Aktivitäten fielen durch.</p><p>Amazon stoppte das Projekt. Doch die entscheidende Frage lautet: Wie viele Unternehmen bemerken solche Effekte nicht, oder nehmen sie bewusst in Kauf?</p><p>Denn der Fehler lag nicht im Code, sondern im Lernprinzip. KI bildet ab, was war. Wenn Unternehmen in der Vergangenheit bestimmte Gruppen bevorzugt haben, reproduziert die Maschine genau diese Realität effizienter, schneller und schwerer angreifbar.</p><p>Ein aktueller Fall zeigt, dass diese Probleme längst juristische Dimensionen haben. In den USA wurde gegen den HR-Softwareanbieter „Workday“ Klage eingereicht. Bewerber warfen dem Unternehmen vor, durch KI-gestützte Vorauswahl systematisch ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und ethnische Minderheiten benachteiligt zu haben.</p><p>Der entscheidende Punkt ist nicht nur der Vorwurf, sondern die Struktur dahinter. „Workday“ argumentierte, man stelle lediglich Software bereit. Die Entscheidung treffe der Kunde. Die Unternehmen wiederum verwiesen auf das Tool. Niemand fühlte sich verantwortlich.</p><p>Genau hier liegt die neue Qualität der Ungerechtigkeit: Diskriminierung ohne Diskriminierende. Kein Personalchef, kein Sachbearbeiter, keine klare Entscheidung. Nur ein System, das „empfiehlt“.</p><p>Besonders problematisch wurde der Einsatz von KI bei Video-Interviews. Anbieter wie „HireVue“ versprachen, aus Mimik, Sprache und Gestik Rückschlüsse auf Persönlichkeit, Belastbarkeit und Motivation zu ziehen. Bewerber wurden vor der Kamera analysiert, Scores berechnet, Ranglisten erstellt.</p><p><strong>Systematische Benachteiligung</strong></p><p>Kritiker warnten früh: Diese Systeme messen keine Eignung, sondern Abweichung von Normen. Menschen mit Akzent, neurodiverse Personen oder Bewerber mit Behinderungen wurden systematisch benachteiligt. Die Technologie suggerierte Objektivität, beruhte aber auf fragwürdigen Annahmen darüber, wie „geeignete“ Menschen aussehen und sprechen.</p><p>„HireVue“ zog Teile dieser Technologie später zurück, doch der Schaden war da. Tausende Bewerbungen waren bereits bewertet worden, ohne dass die Betroffenen wussten, auf welcher Grundlage.</p><p>Mehrere Untersuchungen zeigen, dass bereits Namen einen Unterschied machen. Bewerbungen mit „nicht-typisch“ klingenden Namen schneiden bei KI-gestützter Vorauswahl schlechter ab, selbst bei identischer Qualifikation. Das liegt nicht an „böser Absicht“, sondern an statistischer Ähnlichkeit. Systeme bevorzugen Profile, die dem bisherigen Erfolgsbild ähneln.</p><p>Wer einen geradlinigen Lebenslauf hat, wer die „richtigen“ Stationen vorweisen kann, wer in das statistische Raster passt, hat Vorteile. Wer Umwege gegangen ist, später eingestiegen ist oder aus anderen sozialen Kontexten kommt, wird schneller aussortiert. So wird Vielfalt nicht gefördert, sondern systematisch herausgerechnet.</p><p><strong>KI bevorzugt KI</strong></p><p>Ein besonders perfider Effekt zeigt sich zunehmend im Alltag: Bewerbungen, die selbst mit KI erstellt wurden, passen besser zu KI-gestützten Auswahlverfahren. Struktur, Wortwahl und Logik entsprechen exakt dem, was die Systeme erwarten.</p><p>Das führt zu einer paradoxen Situation: Nicht Qualifikation entscheidet, sondern Anpassung an maschinelle Erwartungen. Wer keinen Zugang zu solchen Tools hat oder bewusst darauf verzichtet, hat schlechtere Chancen. So entsteht eine neue Form digitaler Klassengesellschaft, leise, effizient und schwer angreifbar.</p><p>Unternehmen betonen gern, dass am Ende ein Mensch entscheidet. In der Praxis zeigt sich jedoch ein anderes Muster: „Recruiter“ folgen algorithmischen Empfehlungen überdurchschnittlich häufig. Scores und Rankings wirken objektiv. Wer widerspricht, muss sich rechtfertigen.</p><p>Die Verantwortung verschiebt sich. Nicht mehr das System muss erklärt werden, sondern die Abweichung vom System.</p><p><strong>Diskriminierung ist verboten – doch KI macht sie unsichtbar</strong></p><p>Entscheidungslogiken sind geschützt, Trainingsdaten geheim, Ablehnungen nicht begründet. Bewerber können kaum klagen, weil sie nicht wissen, was gegen sie entschieden hat.</p><p>Der Rechtsrahmen hinkt hinterher. Während KI im Recruiting längst Alltag ist, fehlen klare Regeln zu Transparenz, Haftung und Prüfpflichten. Solange das so bleibt, tragen Bewerber das Risiko, nicht die Unternehmen.</p><p>KI im Recruiting spart Zeit und Geld. Aber sie erzeugt neue Ungleichheiten, verschiebt Verantwortung und macht Diskriminierung schwerer sichtbar. Das Problem ist nicht Technologie, sondern ihr Einsatz ohne Kontrolle.</p><p>Solange Unternehmen Entscheidungen an Systeme delegieren können, ohne für deren Folgen einzustehen, bleibt KI im Recruiting kein neutrales Werkzeug, sondern ein Machtinstrument mit realen Folgen für reale Menschen.</p><p><small>Titelbild: shutterstock.com / Summit Art Creations</small></p><div class="hr_wrap"><hr /></div><div class="footnote"><small><strong>Quellen:</strong></small></p><p><small>Financial Times<br /><a href="https://www.ft.com/content/229983ee-c11f-44fb-8e61-2ac61d8d100a">„The perils of using AI when recruiting“</a></small></p><p><small>Reuters<br /><a href="https://www.reuters.com/legal/legalindustry/mediating-disputes-age-algorithmic-hiring--pracin-2025-12-08/">„Mediating disputes in the age of algorithmic hiring“ (Klage gegen Workday)</a></small></p><p><small>The Guardian<br /><a href="https://www.theguardian.com/australia-news/2025/may/14/people-interviewed-by-ai-for-jobs-face-discrimination-risks-australian-study-warns">„People interviewed by AI for jobs face discrimination risks, Australian study warns“</a></small></p><p><small>AlgorithmWatch<br /><a href="https://algorithmwatch.org/de/">„Diskriminierende KI bei Bewerbungen“</a></small></p><p><small>VoxDev<br /><a href="https://voxdev.org/topic/technology-innovation/ai-hiring-tools-exhibit-complex-gender-and-racial-biases">„AI hiring tools exhibit complex gender and racial biases“</a></small></p><p><small>University of Washington<br /><a href="https://www.washington.edu/news/2024/10/31/ai-bias-resume-screening-race-gender/">„AI tools show bias in ranking job applicants‘ names“</a></small></p><p><small>AP News<br /><a href="https://apnews.com/article/a2e8aba11f3d3f095df95d488c6b3c40">„Civil rights agency drops a key tool used to investigate workplace discrimination“</a></small></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=143989</span> Der erste Kontakt zwischen Bewerbern und Unternehmen findet heute oft nicht mehr zwischen Menschen statt. Er findet zwischen Datensätzen statt. Lebensläufe werden hochgeladen, automatisch analysiert, verglichen, sortiert. Wer dabei aussortiert wird, Der erste Kontakt zwischen Bewerbern und Unternehmen findet heute oft nicht mehr zwischen Menschen statt. Er findet zwischen Datensätzen statt. Lebensläufe werden hochgeladen, automatisch analysiert, verglichen, sortiert. Wer dabei aussortiert wird, erfährt davon meist nur indirekt, als Standardabsage oder gar nicht. Kein Gespräch, keine Nachfrage, kein Mensch. Von Günther Burbach. Dieser Beitrag ist auch alsWeiterlesen Redaktion NachDenkSeiten 7:58 143989 Friedensaktivist der frühen Stunde: Eine (Weihnachts-)Begegnung mit Wolf G. (Teil I von III) https://www.nachdenkseiten.de/?p=144022 Thu, 25 Dec 2025 10:00:23 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144022 <p>Der Bonner Diplom-Mathematiker <strong>Wolf Göhring</strong> (86) ist ein alerter Zeitzeuge bundesrepublikanischer Geschichte und Friedensaktivist seit Mitte der 1960er-Jahre. Während Menschen in seinem Alter – Linke oder Ex-Linke zumal – Seiten oder Barrikaden wechselten, blieb er sich treu und versucht als partout „Kriegsuntüchtiger“ zum Schluss dieses Interviews, einen marxistischen Weg zu einer friedlichen Welt zu skizzieren.</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144022">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144022</span> <p>Der Bonner Diplom-Mathematiker <strong>Wolf Göhring</strong> (86) ist ein alerter Zeitzeuge bundesrepublikanischer Geschichte und Friedensaktivist seit Mitte der 1960er-Jahre. Während Menschen in seinem Alter – Linke oder Ex-Linke zumal – Seiten oder Barrikaden wechselten, blieb er sich treu und versucht als partout „Kriegsuntüchtiger“ zum Schluss dieses Interviews, einen marxistischen Weg zu einer friedlichen Welt zu skizzieren. Für die <em>NachDenkSeiten</em> führte <strong>Rainer Werning</strong> ausgiebige Gespräche mit Wolf Göhring, deren zweiter Teil am 26. Dezember 2025 auf den <em>NachDenkSeiten</em> erscheint.<br /><span id="more-144022"></span><br /><strong>Rainer Werning: Sie sind Jahrgang 1939, ein Kind des Zweiten Weltkriegs. Wie sehen Sie diese Zeit?</strong></p><p><strong>Wolf Göhring:</strong> Wie verwaschene Videoclips mit verrauschter Sprache hängen zig Erinnerungen in meinem Kopf. Nach dem Krieg war der Krieg nicht zu Ende. Immer wieder gab es etwas, das an die Verheerungen – große wie kleine, auch geradezu nickelige – erinnerte. Jeder, der damals lebte, dürfte solche Bilder aus ganz persönlichen, tragischen oder einfach nur lästigen Erlebnissen im Kopf haben.</p><p>Im Mai 2025 las ich die Geschichte einer 85-jährigen Russin, ein paar Wochen jünger als ich, die beim Rückzug der Wehrmacht 1943 mit den Bewohnern ihres Dorfes nach Estland verschleppt und – getrennt von Mutter und anderen Verwandten – in ein Kinder-KZ gesteckt worden war. Dort wurde ihnen für verwundete deutsche Soldaten Blut abgezapft. Die meisten Kinder starben unter dieser Barbarei. Ich spiegelte das an meinem Leben als Dreieinhalb- bis Viereinhalbjähriger: An manchen Nächten beim ersten Alarmzeichen in den Bunker rennen und morgens zurück in die glücklicherweise unversehrte Wohnung, mit anderen Kindern aus der Nachbarschaft spielen oder an der Hand eines Vertrauten zum Einkauf gehen.</p><p>Ebenfalls im Sommer 2025 war mein philippinischer Junge mit einem Freund bei dessen 85-jährigen polnischen Oma in Gdingen. Während des Krieges lebte sie weit im Osten Polens. Sie hörte damals während einer Razzia, wie eine Nachbarin erschossen wurde, weil sie Juden versteckt hatte. „Bomm“, sagte sie zu den Jungens.</p><p>Ich kann mich nur entschuldigen für die Gräuel, die die Generation unserer Väter und Großväter in den besetzten Ländern, vor allem in der Sowjetunion und an den jüdischen Menschen, verübt hat.</p><p><strong>Wie starteten Sie in eine Welt, die bereits im Krieg war?</strong></p><p>Ich wurde Ende 1939 in Heidelberg geboren – in der „Fremde“, denn meine Eltern lebten in Saarbrücken. Das wurde am 1. September 1939 im Zuge von vorbereiteten „Maßnahmen zur Reichsverteidigung” evakuiert. Meine Mutter kam bei einer Freundin und deren Mutter unter, die es ebenfalls nach Heidelberg verschlagen hatte.</p><p>Mein Vater arbeitete als freier Journalist für Zeitungen in der Region. Mit einem Sonderausweis durfte er mit seinem Motorrad ins Sperrgebiet, auch zur Front, fahren. Er konnte einige Koffer aus der Wohnung seiner Eltern, den Großeltern, packen und ihnen hinterherschicken. Ihre Wohnung lag links der Saar, einen guten Spaziergang weit von Lothringen/Frankreich entfernt. Am 1. September waren sie mit einem geliehenen Handwagen losgetippelt; ein angekündigter LKW für ältere Leute blieb aus. Am zweiten Tag kamen sie bis Homburg/Saar, wo sie bei Verwandten unterkamen. Endstation ihrer Reise, dann mit der Bahn, war im Fichtelgebirge. Großvater – 67 Jahre alt – arbeitete seit 1911 bei einer Maschinenbaufirma als <em>„Dippel-Insch”</em>, wie er sagte. Das Konstruktionsbüro dieser Firma für Gasmotoren à la Völklinger Weltkulturerbe sowie Dampfmaschinen war ins Fichtelgebirge verlegt worden. Im Spätsommer 1940 ging’s zurück nach Saarbrücken. Wie es den Menschen im grenznahen Lothringen in dieser Zeit erging, weiß ich nicht.</p><p>Einige Soldaten, die meinen Vater wohl von seinen Touren kannten, erhielten die Zeitung mit meiner Geburtsanzeige und gratulierten meiner Mutter mit einem Brief. Mein Vater machte daraus ein Artikelchen für die Zeitung. Am Ende hieß es im Brief, „dass aus dem Wolf ein strammer Soldat wird“. „Für den Graben, Mutter, für den Graben“, argwöhnte Kurt Tucholsky vierzehn Jahre zuvor. Den Faschismus hielt mein Vater für Sozialismus – „das sozialistische Aufbauwerk des Führers“ –, wie ich einem von ihm verfassten Zeitungsartikel zu einer Veranstaltung am 1. Mai 1940 in Neunkirchen/Saar später entnehmen konnte.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.25.46.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.25.46.png" alt="" width="970" height="980" class="alignleft size-full wp-image-144029" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.25.46.png 970w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.25.46-297x300.png 297w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.25.46-768x776.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.25.46-643x650.png 643w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.25.46-485x490.png 485w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.25.46-243x245.png 243w" sizes="auto, (max-width: 970px) 100vw, 970px" /></a><br /><small>Abb. 1/ Strammer S.<br />Titel: “Auf dass der Wolf ein strammer Soldat wird!”<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring</small></p><p>Im frühen 1940 reiste meine Mutter mit mir, dem Säugling, nach Sachsen zu ihren Eltern, dann ins Fichtelgebirge zu den anderen Großeltern, schließlich zu einer Bekannten nach Kaiserslautern. Im Spätsommer 1940 durften wir alle wieder nach Saarbrücken, worüber später mal dieses, mal jenes erzählt wurde. In den 1990ern musste ich diese Stationen nachvollziehen: Meine Tochter wollte sich zur Apothekerin approbieren lassen und musste lückenlos ihre deutsche Staatsangehörigkeit nachweisen. Dazu gehörten auch meine Aufenthalte in Deutschland. Die Einträge in ihrem Perso, in meinem und dem ihrer Mutter genügten nicht nach der damaligen Apothekenordnung – wohl ein Nachhall aus Zeiten, als man einen Ariernachweis vorlegen musste.</p><p><strong>Wo wuchsen Sie auf, und welche sind Ihre ersten Erinnerungen aus der Kriegszeit?</strong></p><p>Meine erste Erinnerung datiert von Ende Juli 1942. Es war spät in der Nacht. Ich schlief, als ich Hände und Stimme meiner Mutter spürte. Sie schien mich ein wenig in meinem Bettchen zurechtzuschieben, und ich wollte mich zur Seite rollen, um weiterzuschlafen. Da wurde es kühl, denn sie hob mich hoch und sagte entschuldigend, dass wir in ein anderes Haus gehen müssten. Seltsam, so ging’s mir durch meinen müden Kopf: „Die Flieger kommen, wir dürfen kein Licht machen”, meinte sie. Dann stieg sie mit mir die enge steile Treppe hinab, die vom Dachstübchen ins Parterre führte. Im Finstern stolperte sie auf den oberen Stufen etwas, ihren kleinen Aufschrei und den leichten Ruck, als sie sich wieder fing, hab‘ ich noch im Ohr, spür‘ ich noch an meinem Körper.</p><p>Wir verließen mit den beiden Frauen, mit denen sie schon in Heidelberg zusammen war, das inmitten von Gärten gelegene Häuschen. Meine Mutter trug mich; wir eilten einen schmalen Weg zur Straße, wo an der Ecke ein größeres Haus mit Luftschutzkeller stand. Ich hätte immer „Licht, Licht” gerufen, erzählte meine Mutter später, denn die angreifenden Flieger hatten bereits „Christbäumchen”, brennende Magnesiumstreifen zur Erleuchtung des Zielgebiets, abgeworfen. Im Luftschutzkeller waren Leute, anfangs brannte Licht. Verschiedene nahmen mich, den Kleinen, auf den Arm. Es war mir lästig, ich weinte und konnte danach bei meiner Mutter weiterschlafen.</p><p>Im Morgengrauen ging’s zurück, vor dem Häuschen lag in einer Mulde ein Blindgänger, den ich anfassen wollte. „Nein, nein. Gefährlich. Nicht anfassen. Das holt heute ein Mann weg.” Drei Stimmen wie eine. „Ich will’s sehen, wie der Mann das wegholt. Weckt mich, wenn ich schlafe.” Sie weckten mich nicht – zu meinem deutlichen Unwillen. Allein in dieser Nacht starben über 200 Menschen, was ich erst viel später erfuhr.</p><p>Vor und neben dem Häuschen war ein kleiner Hof, auf einer Seite standen Kaninchenställe. Beim Füttern der Tierchen schaute ich zu; sie dienten als Nahrungsergänzungsmittel. Vor dem Haus stand ein Tisch, bedeckt mit einer Wachstuchdecke. Bei schönem Wetter aßen wir dort zu Mittag. Einmal gab es Rhabarberkompott – himmlisch der Geschmack. Tante Sofie, die ältere der beiden Frauen, hatte es gekocht.</p><p>Einmal verpackte meine Mutter hinter dem Häuschen etwas in einen Karton. Ich fragte, was das sei. „Das ist von deinem Vater”, hörte ich und fragte: „Wo ist der?”, denn ich konnte mich an keinen Vater erinnern. „Der ist gefallen. Der ist im Himmel.” Ich wandte meinen Kopf nach oben, schaute in den blaugrauen Himmel, wo auch ein Wölkchen war. Ich sah niemanden. „Den kannst du nicht sehen. Aber er ist dort.” Dass er gefallen sei, machte alles noch rätselhafter. Ich war auch ein paarmal gefallen und deswegen nicht in den Himmel gekommen. Ich sagte dann aber immer, wenn mich jemand nach meinem Vater fragte: „Der ist gefallen; der ist im Himmel“, bis mir jemand den Himmel ausredete.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.28.02.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.28.02.png" alt="" width="1032" height="546" class="alignleft size-full wp-image-144033" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.28.02.png 1032w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.28.02-300x159.png 300w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.28.02-1024x542.png 1024w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.28.02-768x406.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.28.02-926x490.png 926w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.28.02-463x245.png 463w" sizes="auto, (max-width: 1032px) 100vw, 1032px" /></a><br /><small>Abb. 2/ Sonnwend<br />Titel: Brief vom 23.6.1941<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring<br />Klartext: “… Sonnwend ist vorüber. Wir haben es mit einem gigantischen Feuer gefeiert. Was alles der OKW-Bericht gemeldet …”</small></p><p>Nach dem Krieg stand das Häuschen noch. Das Haus, in dem wir Schutz gesucht hatten, war zerbombt. Die Parterredecke war geborsten, sie hing wie ein grobes Tuch über den Trümmern, vage von der Stahlarmierung zusammengehalten.</p><p>Den Überfall auf die Sowjetunion machte mein Vater von der ersten Sekunde an mit, den Vormarsch über den Bug und erste Gefangene fotografierend. Am nächsten Abend ein Brief an meine Mutter: „Sonnenwend ist vorüber. Wir haben es mit einem gigantischen Feuer gefeiert.” Danach immer wieder nette Worte, als war’s eine Abenteuerreise. Am 7. Oktober 1941 brachte er, mit einer Maschinenpistole auf „einen Spähtrupp von Bolschewisten” feuernd, noch ein „Mich hat’s erwischt!” heraus. Sein Grab liegt bei einer Kirche, heute wenige Klicks entfernt im Internet zu sehen, als Foto seit meiner Kindheit vertraut.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.29.07.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.29.07.png" alt="" width="1056" height="774" class="alignleft size-full wp-image-144034" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.29.07.png 1056w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.29.07-300x220.png 300w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.29.07-1024x751.png 1024w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.29.07-768x563.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.29.07-887x650.png 887w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.29.07-669x490.png 669w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.29.07-334x245.png 334w" sizes="auto, (max-width: 1056px) 100vw, 1056px" /></a><br /><small>Abb. 3/ Kondolenz<br />Titel: Aus einem Kondolenzbrief<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring<br />Klartext: “… dass Dein lieber Mann in seinem Beruf und ebenso an der Front vor dem Feinde voll aufgegangen ist, war ein Zeichen seiner Tüchtigkeit und seines kämpferischen Geistes. Nicht umsonst hat er einen so überaus ruhmreichen Nachruf erhalten. Als treuer Gefolgsmann seines Führers und einsatzbereiter Kämpfer für sein Vaterland wurde Dein lieber Mann vom Heldentod dahingerafft. Somit gab er auch für uns sein Blut, damit wir leben können.”</small></p><p>Es gab auch Skurriles. In einer Nacht bei Fliegeralarm suchten mich Opi und Omi; ich lag nicht mehr auf der Coach. Ihre Stimmen weckten mich, und ich lag unter ihren Betten. Vielleicht war ich beim ersten Sirenenton reflexhaft „in Deckung gegangen”. Ein andermal ging ich mit der Omi ins Zentrum von Saarbrücken. An einem Haus war die Vorderfront weggebombt, die hölzernen Decken hingen noch in den stehen gebliebenen Wänden. Auf einer lag, kurz bevor sich der Fußboden nach unten wölbte, eine Milchkanne aus Aluminium. Ich zeigte Omi das Kännchen, das sich kurz vor dem Abgrund gehalten hatte.</p><p>Meine Mutter arbeitete als Sportlehrerin beim Bund Deutscher Mädel <em>[kurz: BDM</em>, der von den Nazis im Juni 1930 als Gliederung der vier Jahre zuvor ins Leben gerufenen männlichen Hitler-Jugend (HJ) gegründet worden war – <em>RW]</em> zeitweilig in Lothringen nahe Metz, in Ottrott im Elsaß und in Neustadt a. d. Weinstraße. Bei Lehrgängen und Sportfesten war sie oft noch weiter weg, ich blieb bei ihren Eltern oder bei Tante Sofie oder bei den anderen Großeltern. Manchmal konnte sie mich auch mitnehmen. Ich war vielerorts zu Hause.</p><p><strong>Blieben Sie bis zum Kriegsende in Saarbrücken, und wie erlebten Sie die späte Kriegszeit?</strong></p><p>Im Herbst 1944 wurden die Gebiete links der Saar und Saarbrücken erneut evakuiert. Dort verlief der Westwall, dort sollte die Wehrmacht die „Invasion“ stoppen. Meine Mutter, die Omi und ich – der Opi war im Frühjahr verstorben – fuhren mit der Bahn nach Amerika, einem winzigen Ort mit einer Kammgarnspinnerei an der Zwickauer Mulde. Für kurze Zeit kamen wir dort unter, dann ging’s weiter nach Dresden. Wir besichtigten viel. Einmal breitete im Zoo ein großer Vogel seine Federn auseinander. „Mutti, was ist das für ein Vogel?” – „Ein Pfau!” – „Fau-eins, Mutti?” Schallendes Gelächter, als da ein fünfjähriger Knirps eine angeblich wunderwirkende V-Waffe für einen stolzierenden Pfau hielt.</p><p>In Dresden gab’s kaum Fliegeralarm, aber auch kaum Vorkehrungen gegen Angriffe. Meiner Mutter missfiel es; im Dezember fuhr sie mit mir nach Calw im Schwarzwald, wo die anderen Großeltern geblieben waren. Der Angriff auf Dresden am 13. Februar machte meine Mutter sehr betroffen, es war ihr Geburtstag. Eine gute Freundin hatte in der niedergebrannten Altstadt gewohnt, sie wurde – scheinbar leblos – aus den Trümmern gezogen und auf einen Leichenwagen gelegt, als jemand bemerkte, dass sie atmete; sie überlebte. Meine Mutter meinte, wäre sie in Dresden geblieben, hätte sie an ihrem Geburtstag sehr wahrscheinlich diese Freundin aufgesucht, um mit ihr zu feiern. An ihren Geburtstagen sprach sie immer wieder davon, zuletzt 2013 an ihrem Hundertsten.</p><p>Von Calw zogen wir ins nahe gelegene Hirsau. Dort begann das Kriegsende am 23. April plötzlich und dauerte einige Stunden. Meine Mutter wollte auf der rechten Nagoldseite aus einem Felsenkeller, für den sie den Schlüssel hatte, irgendwelche Sachen an einige Leute übergeben. Das sollte schnell gehen. Mich brachte sie auf der linken Seite am Hang beim Waldrand zu einem Splitterschutzloch, umstanden von drei, vier Fichten. „Ich bin bald zurück. Warte auf mich.“ In jenen Tagen fielen immer wieder Schüsse, mit kurzen und längeren Pausen, ganz unregelmäßig, fern und scheinbar belanglos. Meine Mutter war erst kurz weg, da fielen wieder Schüsse. Ich erwartete ein Päuschen, doch es wurde weiter geschossen. Ich hörte es über die Fichten hinwegpfeifen und versuchte, zwischen den Ästen Geschosse zu erblicken. Großvater erklärte mir später, warum ich sie nicht sehen konnte. Das Schießen ging stundenlang; die Fußgängerbrücke über die Nagold, die meine Mutter auf dem kurzen Rückweg nehmen wollte, lag bis zum frühen Nachmittag unter Beschuss. Erst da konnte sie zu mir kommen. Wir wollten dann zu einem nahen Haus laufen, als mit krachendem Bersten ein letzter Schuss fiel. Zitternd und mit klopfenden Herzen warfen wir uns in eine Mulde, bis uns jemand bedeutete, zu dem Haus zu kommen. Nach einigem Warten war der Krieg in Hirsau zu Ende.</p><p>Mein damaliges Herzpochen erinnernd, frage ich mich heute, wie jenen Kindern und ihren Eltern zu Mute war, als sie in Babi Jar anstanden, um auf deutsches Kommando hin erschossen zu werden.</p><p><strong>Der Krieg war zu Ende. Wie ging es weiter? Was prägte Sie in dieser Zeit?</strong></p><p>Nach dem Krieg war dieser doch nicht zu Ende. Im Frühsommer 1945 spielte ich auf der Gasse vor unserer Wohnung in Hirsau. Eine Frau, die ich zuvor nicht bemerkt hatte, meinte zu mir: „Gelt, du bischt doch traurig.” – Verblüfft meinte ich: „Nein, ich bin nicht traurig.” – „Doch, du muscht doch traurig sei’. Dein Onkel ischt doch im G’fängnis.” – „Nein, mein Onkel ist nicht im Gefängnis, der ist in Russland vermisst.” – „Dann hoscht du noch einen zweiten Onkel, der ischt im G’fängis und wird’ uffg’hengt.” – „Nein, ich hab nur einen Onkel.” – „Dann weischt du des net richtig, frag dei’ Mutter!” Dann trollte sich die schwäbische Hausfrau. Ich erzählte es meiner Mutter, und diese dem Großvater. Der wiederum erklärte mir die Sache: Ich habe nur einen Onkel, der ist vermisst. Der Mann im Gefängnis hat mit unserer Familie nichts zu tun. Unser Name wird anders geschrieben, nämlich mit einem Buchstaben, den man nicht ausspricht, mit einem Hah. So verlief mein erster Schritt als Fünfjähriger in die Welt der Schreibkundigen.</p><p>Anfang September fuhr meine Mutter nach Saarbrücken, um die Lage zu peilen. Ich lebte derweil in einem von Nonnen betriebenen Kinderheim in Hirsau. An manchen Tagen hieß es, sehr früh aufzustehen und in einer Kapelle einem gewissen Jesulein zu Liebe in kurzer Hose, Sandalen und einem dünnen kurzärmeligen Hemdchen erbärmlich zu frieren. Ich war überglücklich, als meine Mutter zurückkam, um mit mir nach Saarbrücken zu reisen. Wir starteten mit dem Zug, um kurz vor Pforzheim bei Glatteis zu Fuß weiterzugehen; eine Bahnbrücke war gesprengt. Unterwegs schlug es meine Mutter hin, ein Marmeladenglas in ihrem Rucksack zerbrach. Wir gingen durch das zertrümmerte Pforzheim zum Bahnhof. Am Abend übernachteten wir in Mannheim in einem Bahnwärterhäuschen auf dem Bahnsteig. Am Morgen standen wir um einen Passierschein an, um den Rhein überqueren zu können. An den Köpfen der Rheinbrücke brannten in zerlöcherten Ölfässern Feuer, die Soldaten erschienen mir in dem flackernden Licht besonders bedrohlich.</p><p>In Oggersheim blieben wir ein paar Tage bei Verwandten. Dann in Saarbrücken wollten wir in den Ort links der Saar, in dem die Großeltern gelebt hatten. Wir mussten die Saar überqueren. Wo, bei den vielen gesprengten Brücken? Wir fuhren mit der Straßenbahn, bis es noch zwei Kilometer zur Wohnung waren, aber dazwischen lag der Fluss, die Brücke gesprengt. Etwas oberhalb gab es ein Nadelwehr, über das ein schmaler Steg führte, eine Plattform für die Leute, die an den Nadeln den Wasserstand regulierten. Über dem tosend hinabstürzenden Wasser gab’s ein Geländer, hüfthoch für die Erwachsenen, scheitelhoch für mich. Ich weigerte mich, hinüberzugehen, bis ein Mann das Gepäck meiner Mutter nahm und sie mich fest an der Hand ans andere Ufer führte.</p><p>Die Tante lebte schon seit einigen Wochen in der früheren Wohnung der Großeltern. Sie zeigte mir sogleich eine Stelle in der Giebelwand im Wohnzimmer, die sie zugemauert hatte: Eine Granate hatte ein Loch gerissen. Die Tante, Schwester meines Vaters und meines Onkels, war unverheiratet, also Fräulein, wie man damals sagte. Während des Krieges war sie dienstverpflichtet, zunächst als Schwesternhelferin in Rumänien, dann in Poltawa in der Ukraine und später als Leiterin eines Soldatenheimes bei Brjansk. So alt geworden, wie ich es jetzt bin, sagte sie zu mir: „Dort über dem Wald stand wochenlang schwarzer Rauch, und es stank fürchterlich. Jeder wusste: die SS verbrennt dort Juden.”</p><p>Im Frühjahr 1946 nahm mich meine Mutter nach Saarbrücken mit. Wir gingen in eine kleine Straße, rechts und links die Trümmer an stehen gebliebene Grundmauern angehäuft, in der Mitte ein schmaler Pfad. Sie blieb stehen und meinte: „Hier ist es. Nein, doch nicht”, um ein paar Schritte weiter zu gehen. „Ja hier ist es. Schau”, sagte sie zu mir und zeigte ein wenig über die Trümmer hinaus. „Dort war das Arbeitszimmer deines Vaters. Dort hat er gesessen und für die Zeitung geschrieben.” Dann gingen wir wieder.</p><p>Bei meiner neuen Bleibe gab’s auch das Normale: Kennenlernen der Nachbarskinder, im Winter Schlittenfahren auf der Hauptstraße gleich vor der Haustür, am Bach durch den Matsch stapfen.</p><p><strong>Sie haben bislang, so jung Sie noch waren, schon einiges gesehen und erlebt. Wie ging es weiter?</strong></p><p>Im Sommer 1946 fuhr ich mit meiner Mutter zu den Großeltern, die im Schwarzwald eine idyllische Bleibe in einem kleinen Dorf bei einem Bauern gefunden hatten: Zwei Pferde, sieben Kühe, acht Jungrinder, 40 Hühner, Glucken und Küken, zwei Schweine, Bienen, Katzen, Hunde, ein Junge meines Alters und seine etwas ältere Schwester. Die Bauern des Dorfs mussten die Milch bis auf einen Rest für den Eigenbedarf abliefern. Die Großeltern hatten bald ihre tägliche kuhwarme Milchversorgung: Einen halben Liter hier, anderntags dreiviertel Liter dort oder auch nur ein Drittel usw. Eingesammelt wurde das mit einem Milchkesselchen und einem Spaziergang über die Felder, wo man auch mal Champignons fand. Die Milch kam in einem flachen Topf in den Keller, nach zwei Tagen wurde der Rahm abgeschöpft und gesammelt. Nach einigen Tagen war’s so viel, dass er mit einem Schneebesen in Schlagrahm und schließlich in Butter verwandelt wurde.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.30.43.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.30.43.png" alt="" width="1064" height="428" class="alignleft size-full wp-image-144035" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.30.43.png 1064w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.30.43-300x121.png 300w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.30.43-1024x412.png 1024w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.30.43-768x309.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.30.43-1060x426.png 1060w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.30.43-609x245.png 609w" sizes="auto, (max-width: 1064px) 100vw, 1064px" /></a><br /><small>Abb. 4/ Schwarzwald<br />Titel Bild links: Die Bleibe der Großeltern Waldstreu trocknet auf der Straße<br />Titel Bild rechts: Drei Freunde auf der Treppe zum Bauernhof<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring (ca. 1950)</small></p><p>Großmutter hatte drei Tütchen Schokoladenpudding durch die Kriegsjahre, die Evakuierungen und die Umzüge „gerettet”. So gab es bald einmal zum Nachtisch Schokoladenpudding mit Schlagrahm. Mit meinem Löffelchen stach ich erbsenkleine Stückchen von Pudding und Rahm ab und ließ beides langsam auf der Zungenspitze zergehen. Höflich und lächelnd blieben die Erwachsenen sitzen, bis ich Pudding und Rahm verkostet hatte. Unter der Wohnung war im Parterre ein großer Raum, die Waschküche, in einer Ecke ein Backofen. Der wurde alle drei Wochen befeuert. Es wurde Zwiebelkuchen und Roggenbrot gebacken – voll bio und lokal. Wir bekamen immer etwas ab.</p><p>Draußen beim Acker war ein Garten, worin auch die Großeltern ein Stück hatten. Bald war ich mit in dem Gärtchen, hundert Meter weiter eine Feldscheune aus frischem Holz, es wurde gesägt und gehämmert, Zimmerleute liefen herum. Die alte Scheune war am Kriegsende abgebrannt, als die Franzosen vom nahen Wald heranrückten. In der Scheune waren ein paar junge deutsche Soldaten. Sie starben, Minuten, vielleicht nur Sekunden, bevor der Krieg für sie zu Ende gewesen wäre. Auf dem Kirchhof des Dorfes erinnert ein Stein an sie.</p><p>Im Herbst lernte meine Mutter meinen Stiefvater kennen. Als ich vom Schwarzwald nach Hause kam, stellte sie ihn mir vor. Im Frühjahr zogen wir in das „Haisje von da Goth”, Baujahr 1862, wie auf dem Türsturz stand, ein baufälliger Scheunenteil und noch baufälligere Anbauten hinter der Scheune, einst das Domizil von Schweinen und Geißen, dahinter das Häuschen mit dem Plumpsklo. Das Grundstück zog sich hundert Meter weiter, auf der hinteren Hälfte war Roggen angebaut. Auf diesem Stück hatte man bereits zwei Bombentrichter zugeschaufelt und mit Asche aufgefüllt. Vor fünf Jahren fand ich einen zwei Finger großen, rostigen Eisensplitter, vielleicht ein Rest dieser Bomben. Ein kleines Nachbarhaus war angebaut, die uns abgewandte Seite lag in Trümmern: eine weitere Bombe. Hinter unserm Grundstück ging’s in Felder und ein kleines Tal, ein Stückchen aufwärts lag ein wunderschönes, riesiges Schwimmbad, eine Seitenwand zerbombt.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.32.20.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.32.20.png" alt="" width="986" height="686" class="alignleft size-full wp-image-144036" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.32.20.png 986w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.32.20-300x209.png 300w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.32.20-768x534.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.32.20-934x650.png 934w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.32.20-704x490.png 704w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.32.20-352x245.png 352w" sizes="auto, (max-width: 986px) 100vw, 986px" /></a><br /><small>Abb. 5/ Haisje<br />Titel: Das Haisje von da Goth, 1947<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring</small></p><p><strong>Wie war das innerhalb Ihrer Verwandtschaft: Gab es da Menschen, die dezidiert gegen den Krieg waren?</strong></p><p>Es waren keine großen Erklärungen gegen den Krieg, sondern spontane Äußerungen aus der Familie und von Freunden, die ein Unbehagen an Krieg erkennen ließen. Nie hieß es, ich solle ein „strammer Soldat” werden.</p><p>Ich war oft in jenem Schwarzwalddorf und ging mit den Bauern raus auf den Acker. Mal wurde am Waldrand, mal in der Stube gevespert. An der Wand beim Esstisch hing das Foto eines Soldaten mit Tornister, sein Gewehr an der Seite. Das war der ältere Bruder des Bauern, gefallen im Ersten Weltkrieg. Auch wenn ich mit meinem Freund schubsend in die Stube stürmte, so war das Foto kaum zu übersehen.</p><p>Auf dem Nachbarhof lebten zwei Mädchen, ihr Vater war gefallen. Deren Großvater ging täglich hinkend aufs Feld – Folge einer Verwundung aus dem Ersten Weltkrieg.</p><p>Der Bruder meiner Großmutter, von ihren Kindern Onkel Soldat gerufen, erlebte nur wenige Wochen des Ersten Weltkriegs. Er fiel in Lothringen.</p><p>Mein Stiefvater, geboren 1919, war begeistert, als die Rückkehr der <em>Legion Condor</em> gefeiert wurde. So ein Held wie diese Piloten wollte er auch werden. Er meldete sich zur Luftwaffe, wurde aber kein Pilot: Er war bei den Tests nicht cool genug. Als Fotolaborant war er für diese Truppe gut: Mitfliegen, Fotos für die Luftaufklärung machen, entwickeln, zu Papier bringen, was Bodeneinsatz nicht ausschloss. Kurz vor Beginn des Krieges erklang tagelang nur Marschmusik in der Kaserne; das machte dermaßen hippelig, dass alle sich fragten: „Wann geht’s denn endlich los?” Als er das in den 1950ern erwähnte, war seine kritische Distanz deutlich zu hören. Seine Begeisterung war schnell verflogen, als gleich zu Kriegsbeginn eine Granate in die Scheune schlug, in der er mit einigen Kameraden lag. Einige schrien – tödlich getroffen – noch ein paar Minuten erbärmlich.</p><p>Der Bruder meines Vaters geriet im Frühsommer 1942 in „russische” Kriegsgefangenschaft, als er bei einem sowjetischen Vorstoß mit einem Kameraden sein Funkgerät vergraben wollte. Er galt seither als vermisst. Die Großeltern hofften; ein Foto von ihm stand neben einem vom Grab meines Vaters auf einem Holzbord am Esstisch. Anfang der 1950er dann eine Nachricht vom Suchdienst des Roten Kreuzes: Er ist im August 1945 in einem sowjetischen Lager bei Jekaterinburg gestorben.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.33.20.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.33.20.png" alt="" width="868" height="630" class="alignleft size-full wp-image-144037" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.33.20.png 868w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.33.20-300x218.png 300w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.33.20-768x557.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.33.20-675x490.png 675w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.33.20-338x245.png 338w" sizes="auto, (max-width: 868px) 100vw, 868px" /></a><br /><small>Abb. 6/ Grab<br />Titel: Grab von E. Göhring “neben andern Gefallenen des Gefechts”<br />Quelle: Privatbesitz W. Göhring (Oktober 1941)</small></p><p>Mein Stiefvater erzählte von deutschen Verbrechen in der Ukraine, dass man Juden von der Ladefläche von LKWs in Bergwerksschächte abkippte. Er weigerte sich, solche Verbrechen zu fotografieren. Er erlebte, wie ein gefangen genommener Partisan auf offener Straße von einem Feldjäger mit einem Genickschuss ermordet wurde. In Charkow sah er, wie er es sarkastisch ausdrückte, dass „die SS die Balkone mit Gehängten verziert” hatte.</p><p>In einem Dorf in der Ukraine war er mit etwa 60 Mann eingeschlossen. Nach zwei Wochen wagten 16 den Ausbruch. Sie rannten durch tiefen Schnee und schmissen alles weg, was sie am Laufen hinderte. Acht kamen an; einem, der neben ihm lief, riss eine Granate den Kopf weg. Mein Stiefvater wusste um die Todesart, wenn ein Panzer mit einer Kette über einem Einmannloch stoppte und mit der andern einen Kreis fuhr, dabei die Menschen im Loch zermalmend. Mit Gesten unterstrich er seine Worte. Meinem Stiefvater drohte eine Anklage vor einem Kriegsgericht wegen angeblicher Selbstverstümmelung. Er hatte befehlsgemäß eine Latrine mit Schwefelsäure gereinigt, ohne dass ihm die Gefährlichkeit dieser Säure bekannt war. Er verätzte sich heftig die Hände.</p><p>Solche Geschichten bleiben hängen. Auch diese, eher skurrile Geschichte, wie er am Ende aus einem sowjetischen Lager in der Tschechei entkam. Er mimte vor den Wachen am Tor einen Tollpatsch. Am dritten Tag konnte er grimassierend und unbehelligt an den lachenden Wachen vorbei durchs Tor gehen, bis er außer Sichtweite war. Nachts wanderte er nach Westen, tags versteckte er sich. Er schlug sich zu einem pfälzischen Dorf durch, wo seine Eltern und viele andere aus dem erwähnten Ort bei Saarbrücken evakuiert waren.</p><p>Das baufällige Haus, in dem wir seit Frühjahr 1947 lebten, wurde umgebaut. Oben entstand eine Wohnetage, unten waren die Arbeitsräume für unser neu entstandenes Fotogeschäft. Die Wohnetage war eigentlich eine Wohnung, aber weil der Umbau bezuschusst worden war, musste geteilt werden: Vorne wohnte eine Familie mit zwei kleinen Kindern, nach hinten hatten wir ein großes und ein kleines Zimmer. Das war die Küche, wo uns die Mutter meines Stiefvaters, die Oma, bekochte. Am kleinen Küchentisch aßen wir eng beisammen zu Mittag und Oma erzählte. Mehrmals hörte ich die Geschichte von ihrem Großvater aus Schlesien. Er war preußischer Soldat in der Schlacht von Spichern. Im Eifer des Gefechts erhielt er einen Säbelhieb in den Nacken. Als er deutsch klingende Schmerzensschreie ausstieß, meinte der Schläger: „Sag doch glei’, dass du ein Dütscher bischt.” Dieser Süddeutsche hatte ihn für einen Franzosen gehalten. Der Verletzte blieb nach seiner Genesung in der Gegend. Die Oma mimte, wie verrenkt ihr Großvater später seinen Nacken hielt.</p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.34.24.png"><img loading="lazy" decoding="async" src="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.34.24.png" alt="" width="1068" height="944" class="alignleft size-full wp-image-144038" srcset="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.34.24.png 1068w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.34.24-300x265.png 300w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.34.24-1024x905.png 1024w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.34.24-768x679.png 768w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.34.24-735x650.png 735w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.34.24-554x490.png 554w, https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Bildschirmfoto-2025-12-22-um-11.34.24-277x245.png 277w" sizes="auto, (max-width: 1068px) 100vw, 1068px" /></a><br /><small>Abb. 7/ Spichern<br />Titel: Sturm auf die Spicherer Höhen. Gemälde von Anton von Werner, 1880.<br />Quelle: Laut Wikipedia: Historisches Museum Saar, CC BY-SA 4.0,<br /><a href="https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=104937098">https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=104937098</a></small></p><p>Die Spicherer Höhen, um die im August 1870 – im „Kriesch sippzisch” – gekämpft wurde, konnte ich in wenigen Kilometern Luftlinie liegen sehen: ein riesiges Kreuz und ein zweistöckiges Gebäude, das <em>Café Woll</em>. Der Krieg-Siebzig schien anfangs der 1950er eine ganze Ewigkeit weit in der Vergangenheit; er war nicht weiter weg als heute der deutsche Überfall auf die Sowjetunion. 2012 war ich mit meiner jungen Familie und meiner 99-jährigen Mutter zuletzt dort oben. Auf einmal nahm sie eine Hand vom Rollator und zeigte, mich einmal mehr erinnernd, über den bewaldeten Steilhang nach unten, wo ganz versteckt die Autobahn die Grenze passiert: „Dort unten, aber es ist schon lange nicht mehr, da war ein Lazarett, dort war mein Großvater, er war hier verwundet worden.” Ein paar Schritte weiter wollten wir das Café Woll besuchen, aber die Tische waren alle belegt. Sie meinte: „Ach, als Kind war ich öfter mit meinen Eltern im Café Woll.” Ja: Mit der Straßenbahn bis zur Grenze fahren und dann eine kleine Straße, an der besagtes Lazarett gelegen hatte, nach oben spazieren. So friedlich kann es zugehen.</p><p>Ein Freund erwähnte, als ich wohl zehn war, dass sein Vater als Volksstürmler mit anderen am Kriegsende eine Panzersperre bei Saarbrücken verteidigen sollte. Die Männer ergaben sich stattdessen kampflos. Auf mein fürwitziges „Ja, aber, warum nicht?!” erklärte mir der Freund, was andernfalls geschehen wäre: Die Männer, auch sein Vater wären tot gewesen. Das überzeugte mich nicht sofort. Erst sein Beharren brachte mich dazu.</p><p>Ich war bei den Pfadfindern. Als wir etwa 16 waren, erfuhren wir vom Leiter unserer Gruppe, selbst Jahrgang 1926, wie er im Herbst ’44 in amerikanische Gefangenschaft geriet. Er saß mit seinen Kameraden in einem Keller am östlichen Ausgang eines Dorfs; am anderen Ende hatte sich ein weiterer ein Einmannloch geschanzt, wo er mit einer Panzerfaust des ersten US-Panzers harrte und ihn abschoss. Nunmehr waffenlos stieg er vor dem nächsten mit erhobenen Händen aus dem Loch und ergab sich. Der Panzerkommandant griff zum Gesäß, zog eine Pistole und erschoss den Mann. Im Weiteren fiel kein Schuss mehr, auch als der Kommandant der Einheit im offenen Jeep durch den Ort fuhr. Die Gruppe, die das Geschehen beobachtet hatte, ergab sich kampflos. Wir diskutierten lange, bis unser Gruppenleiter uns 16-jährige Großmäuler überzeugen konnte, dass die kampflose Übergabe das einzig Richtige war.</p><p><small>Titelbild: (c) privat</small></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144022</span> 144022 Videohinweise am Mittwoch https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202 Wed, 24 Dec 2025 12:00:47 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202 <p>Hier finden Sie in der Regel am Mittwoch und am Samstag einen Überblick über interessante Videobeiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie anschauen wollen. Die Videohinweise sind auch auf unserer YouTube-Seite als spezielle <a href="https://youtube.com/playlist?list=PLpNi0Wmi7L80LDmDVIC7-d7YKK_4cZYs7">Playlist</a> verfügbar. (CG: Christian Goldbrunner)<br /></p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202</span> <p>Hier finden Sie in der Regel am Mittwoch und am Samstag einen Überblick über interessante Videobeiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie anschauen wollen. Die Videohinweise sind auch auf unserer YouTube-Seite als spezielle <a href="https://youtube.com/playlist?list=PLpNi0Wmi7L80LDmDVIC7-d7YKK_4cZYs7">Playlist</a> verfügbar. (CG: Christian Goldbrunner)<br /><span id="more-144202"></span><br />Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:</p><ol><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h01">SO würde Ökonom Flassbeck die Rente reformieren!</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h02">Und sie bewegt sich doch!</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h03">Der Hintergrund der Ukraine-Krise | Erich Vad & Alexander Neu</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h04">Trump hat die Wahrheit zugegeben: Er will Venezuelas Öl.</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h05">Von der EU sanktioniert, von der Schweiz im Stich gelassen | Nathalie Yamb</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h06">Die USA sabotieren absichtlich eine Ukraine-Russland-Lösung / Oberstleutnant Daniel Davis</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h07">Macron oder Merz – wer wird über Europa herrschen?</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h08">ALLES WIRD GUT | Das 3. Jahrtausend #124</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h09">Jacques Baud: «Ich bekomme viel Unterstützung, aber keine aus der offiziellen Schweiz»</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h10">Alexander Rahr: Wie der Westen an seiner Moral scheitert</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h11">Why did a Nazi-linked ally of USA & Israel win Chile’s presidential election?</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h12">Pädagogen für Menschenrechte e. V. „Alles unter den Teppich kehren“</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h13">„Glyphosat nur durch Korruption auf Markt“ – Punkt.PRERADOVIC mit Dr. H.-M. Hackenberg u. Dr. Wodarg</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h14">Warum wird Bargeld systematisch abgeschafft?</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h15">Krise, Krieg, Kontrolle: 5 Bücher, die man jetzt lesen muss</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h16">„Endlich: Impfung gegen Unfälle!“ – IDA-Sprechstunde mit Dr. Gunter Frank und Dr. Kay Klapproth</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h17">„Kein Fremdschutz” und andere Absonderlichkeiten | Prof. Homburg</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h18">Pfeif drauf! Monty Pythons Weihnachtsbotschaft – von Jonny Rieder</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202#h19">Kabarett, (Real-)Satire, Comedy und Co.</a></li></ol><p><em><strong>Vorbemerkung:</strong> Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht automatisch, dass wir mit den Aussagen der jeweils zitierten Beiträge anderer Medien einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Aussagen sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Sie können uns bei der Zusammenstellung der Videohinweise unterstützen, indem Sie interessante Fundstücke an die Adresse <a href="mailto:videohinweise@nachdenkseiten.de">videohinweise@nachdenkseiten.de</a> schicken. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.</em></p><ol><li><a name="h01"></a><strong>SO würde Ökonom Flassbeck die Rente reformieren!</strong><br />Ökonom Heiner Flassbeck im Interview bei Tom Wellbrock über das Rentenpaket, die Junge Union und wie er die Rente reformieren würde.<br />Artikel | Zu viele Rentner, zu wenig Kinder? Nein, zu viel Ungleichheit! [<a href="https://www.geldfuerdiewelt.de/p/zu-viele-rentner-zu-wenig-kinder">LINK</a>]<br />Originalvideo [<a href="https://www.youtube.com/watch?v=yzTynk27Irk">LINK</a>]<br />Inhalt: 00:00:00 Intro 00:03:25 Das neue Rentenpaket 00:06:17 Das “Rentenproblem” der Jungen Union 00:11:07 Junge Union will keine Schulden 00:21:37 Ist das Rentensystem kaputt? Die Lösung! 00:26:22 Fazit 00:27:48 Outro<br />Maurice Höfgen, Ökonom, unabhängiger Publizist und Youtuber.<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=tb9yEGHmk3I">Geld für die Welt — Maurice Höfgen, 16.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/tb9yEGHmk3I" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h02"></a><strong>Und sie bewegt sich doch!</strong><br />Meine Europapolitische Beraterin sollte eine versöhnliche Jahresabschlussrede schreiben. Smiley! Sehen Sie selbst, was dabei herauskam… Besinnliche Feste!<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=jD-3wLfOib8">Martin Sonneborn, 19.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/jD-3wLfOib8" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h03"></a><strong>Der Hintergrund der Ukraine-Krise | Erich Vad & Alexander Neu</strong><br />Wenn politische Rhetorik zunehmend von Konfrontation geprägt ist, sind Stimmen unverzichtbar, die Verständigung ins Zentrum rücken. Erich Vad analysiert die Hintergründe der Ukraine- und EU-Krise und zeigt, wie Frieden entsteht: nicht durch Eskalation, sondern durch Dialog, Verhandlungen und den Mut zu politischer Klugheit.<br />Die Aufzeichnung dieser Veranstaltung erfolgte am 15.12.25 im Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel in Berlin. Moderation: Alexander Neu.<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=luUuKzfyQOU">Westend Verlag, 21.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/luUuKzfyQOU" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h04"></a><strong>Trump hat die Wahrheit zugegeben: Er will Venezuelas Öl.</strong><br />Donald Trump verhängte eine Seeblockade gegen Venezuela und gab zu, dass er das Öl des Landes an sich reißen und US-Konzernen zuspielen wolle: „Sie haben uns unsere Ölrechte genommen. Wir hatten dort große Ölvorkommen. Sie haben unsere Firmen vertrieben, und wir wollen das Öl zurück.“ Ben Norton erklärt, wie Washingtons Kolonialkrieg auf einen Regimewechsel abzielt.<br />Themen: 0:00 Einleitung 0:36 Venezuela verstaatlicht riesige Ölreserven 1:36 Trump behauptet, die USA besäßen Venezuelas Öl 2:32 (Ausschnitt) Trump über Venezuelas Öl 3:19 Trumps erster Putschversuch in Venezuela 4:32 (Ausschnitt) Trump wollte das Land „übernehmen“ 4:44 ExxonMobil-Chef Rex Tillerson 6:04 Stephen Miller: Die USA besitzen Venezuelas Öl 7:23 Marco Rubio, Kriegstreiber 7:52 Seeblockade Venezuelas 8:33 Piraterie: USA beschlagnahmen Öltanker 9:14 Chevron darf die Blockade passieren 9:46 USA drosseln Exporte und Importe 11:26 „Die Wirtschaft zum Schreien bringen“ 12:33 US-Putschversuche 13:00 US-Sanktionen gegen Venezuela 14:24 Propaganda der Konzernmedien 16:49 UN-Experten: US-Sanktionen sind illegal 19:05 Imperialer Krieg Aggression 20:29 Abspann<br />Geopolitical Economy Report auf X [<a href="https://x.com/GeopoliticaEcon">LINK</a>]<br />Ben Norton auf X [<a href="https://x.com/BenjaminNorton">LINK</a>]<br />[Automatisierte Youtube-Übersetzung der Videobeschreibung]<br />[Automatisch synchronisiert: Audiotracks für einige Sprachen wurden automatisch erstellt. Audiospur – abhängig vom Standort – auswählbar über den Internet-Browser durch Klick auf das “Zahnrad” oder bei mobilen Endgeräten über die Youtube-App]<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=IXjnaqfzO-Y">Geopolitical Economy Report (Ben Norton), 18.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/IXjnaqfzO-Y" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>Ruhe vor dem Sturm in Venezuela und Kolumbien mit Patrick Lancaster und Angelo Giuliano</strong><br />The Duran #1 Geopolitics Podcast on X [<a href="https://x.com/TheDuranReal">LINK</a>]<br />[Automatisierte Youtube-Übersetzung der Videobeschreibung]<br />[Automatisch synchronisiert: Audiotracks für einige Sprachen wurden automatisch erstellt. Audiospur – abhängig vom Standort – auswählbar über den Internet-Browser durch Klick auf das “Zahnrad” oder bei mobilen Endgeräten über die Youtube-App]<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=2vm63m-FrLk">The Duran, 23.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/2vm63m-FrLk" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h05"></a><strong>Von der EU sanktioniert, von der Schweiz im Stich gelassen | Nathalie Yamb</strong><br />Neunundfünfzig Personen sind inzwischen von der Europäischen Union sanktioniert worden, um Russland für den Krieg in der Ukraine zu bestrafen. Viele von ihnen sind russische Staatsbürger, doch zunehmend setzt die EU auch ihre eigenen Bürger und die von Drittstaaten auf diese Liste – aus Gründen, die oft wenig mit Russland zu tun haben. Eine davon ist meine Landsfrau Nathalie Yamb, die tatsächlich die erste Schweizer Bürgerin war, die bereits im Juni 2025 auf die Liste gesetzt wurde.<br />Zeitmarken: 00:00:00 Einführung & Gründe für Sanktionen 00:03:08 Finanzielle De-Plattformierung & Eingefrorene Vermögenswerte 00:13:18 Reiseverbote & Mitteilung über Sanktionen 00:18:28 Verweigerung konsularischer Unterstützung & Überwachung 00:28:14 Rechtliche Schritte & Die juristische Falle 00:38:01 Politisch exponierte Personen (PEP) & Bankwesen 00:43:24 Psychologische Auswirkungen & Unterstützungssysteme 00:45:11 Überlebensratschläge & Digitale Souveränität<br />Neutrality Studies Substack [<a href="https://pascallottaz.substack.com">LINK</a>]<br />Original Video [<a href="https://www.youtube.com/watch?v=PXq89FryYzo">LINK</a>]<br />Disclaimer: Read by A.I. Voices. Auto-translated.<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=cFZYc6vbBF0">Neutrality Studies Deutsch, 23.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/cFZYc6vbBF0" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h06"></a><strong>Die USA sabotieren absichtlich eine Ukraine-Russland-Lösung / Oberstleutnant Daniel Davis</strong><br />Danny argumentiert, dass einflussreiche Stimmen in den USA realitätsfern sind und eine Verhandlungslösung im Ukraine-Konflikt aktiv behindern. Sie beziehen sich dabei insbesondere auf Äußerungen des pensionierten Generals Jack Keane, der einen „Frieden“ propagiert, der durch von den USA geführte multinationale Streitkräfte mit Bodentruppen, Luftstreitkräften über der Ukraine und Seestreitkräften im Schwarzen Meer erzwungen werden soll. Der Redner behauptet, diese Vorschläge würden Russlands Ablehnung garantieren, da sie genau jene Bedingungen institutionalisieren – NATO-Beteiligung, fehlende Neutralität und fortgesetzte Militarisierung –, die Russland als Hauptursachen des Krieges identifiziert hat. Laut dem Redner erfordert jede Verhandlungslösung die Zustimmung aller Parteien, und es gibt kein realistisches Szenario, in dem Russland westliche Streitkräfte in der Ukraine oder Sicherheitsgarantien, die Artikel 5 des NATO-Vertrags ähneln, akzeptieren würde. Das Drängen auf solche Bedingungen wird als bewusste Sabotage der Diplomatie durch US-amerikanische und europäische Akteure dargestellt, die wissen, dass Russland ablehnen wird. Die Kritik erstreckt sich auch auf Senator Lindsey Graham, der als einer der Hauptbefürworter einer Eskalation beschrieben wird. Grahams Forderung, der Ukraine Langstreckenraketen vom Typ Tomahawk zu liefern und im Falle einer Ablehnung dieser Bedingungen „alles auf eine Karte zu setzen“, wird als rücksichtslos und gefährlich charakterisiert, da sie potenziell zu einem direkten Krieg mit dem atomar bewaffneten Russland führen könnte. Der Redner argumentiert, dass eine solche Eskalation weder Russland zwingen noch die Sicherheit der USA verbessern würde, sondern vielmehr einen katastrophalen Konflikt riskieren würde. Insgesamt kommt der Redner zu dem Schluss, dass diese eskalationsorientierten Strategien, kombiniert mit dem Einfluss von Persönlichkeiten wie Keane und Graham in der US-Politik, eine Verhandlungslösung in naher Zukunft höchst unwahrscheinlich machen. Stattdessen wird der Krieg als ein Prozess dargestellt, der auf eine fortgesetzte Konfrontation, einen diplomatischen Zusammenbruch und eine wachsende Gefahr zusteuert, die durch westliche Heuchelei, moralische Widersprüchlichkeit und einen ungezügelten Appetit auf militärische Lösungen verursacht wird.<br />[Automatisierte Youtube-Übersetzung der Videobeschreibung]<br />[Automatisch synchronisiert: Audiotracks für einige Sprachen wurden automatisch erstellt. Audiospur – abhängig vom Standort – auswählbar über den Internet-Browser durch Klick auf das “Zahnrad” oder bei mobilen Endgeräten über die Youtube-App]<br />Quelle: <a href="https://youtu.be/o_0QlmhfYqU">Daniel Davis / Deep Dive, 22.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/o_0QlmhfYqU" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h07"></a><strong>Macron oder Merz – wer wird über Europa herrschen?</strong><br />Macron oder Merz – wer wird Europa regieren? The Duran: Folge 2418<br />The Duran #1 Geopolitics Podcast on X [<a href="https://x.com/TheDuranReal">LINK</a>]<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=o8L36f25Kb0">The Duran, 22.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/o8L36f25Kb0" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h08"></a><strong>ALLES WIRD GUT | Das 3. Jahrtausend #124</strong><br />Herzlich willkommen zur großen 3. Jahrtausend Show zum Jahresende! Für diese Sendung haben wir uns vorgenommen, nur gute Nachrichten zu berichten. Wochenlang haben wir danach gesucht und sogar die KI gefragt. Aber: Die hat auch nix gefunden. Es gibt einfach derzeit keine guten Nachrichten. Aber am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.<br />Die komplette Sendung und alle Links dazu gibt es auf unserer Webseite [<a href="https://www.exomagazin.tv/alles-wird-gut/">LINK</a>]<br />Die Themen im Einzelnen: 00:00:00 Beginn 00:02:32 DAS IST DER GIPFEL – Regelbasierte EU-Kriminalität 00:15:12 KAFKA IN BRÜSSEL – EU im Sanktionswahn [Der Fall Jacques Baud] 00:47:50 WIR DANKEN UNSEREN SPENDERN! 00:54:31 PAX AMERICANA AM ENDE – Und jetzt? 01:20:43 ALLES WIRD GUT – Unsere Wünsche fürs Neue Jahr<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=SWbMJUKuWqQ">ExoMagazinTV, 18.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/SWbMJUKuWqQ" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h09"></a><strong>Jacques Baud: «Ich bekomme viel Unterstützung, aber keine aus der offiziellen Schweiz»</strong><br />«Ich bekomme viel Unterstützung, aber keine aus der offiziellen Schweiz»: EU-Sanktionsopfer Jacques Baud über die Nicht-Reaktion unserer Behörden<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=eX8aAU3HvLM">DIE WELTWOCHE, 20.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/eX8aAU3HvLM" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>SANKTIONIERT: Oberst Jacques Baud erklärt, warum er ins Visier der EU geraten ist</strong><br />SANCTIONED: Col Jacques Baud Explains Being the EU’s TARGET<br />[Oberst Jacques Baud erklärt, dass er am 12. Dezember über Radio Free Europe erfahren habe, dass sein Name auf einer Sanktionsliste der EU stehen würde. Nachdem er sich an seine Botschaft in Brüssel (wo er lebt) gewandt hatte, erhielt er keine weitere Rückmeldung. Am 15. Dezember veröffentlichte die EU die Sanktionen offiziell, was als einzige Benachrichtigung diente. Seitdem sind seine Bankkonten eingefroren und er darf nicht mehr innerhalb der EU reisen, was ihn daran hindert, in sein Heimatland zurückzukehren. Er sagt, er werde beschuldigt, pro-russische Propaganda und Desinformation zu verbreiten, darunter angeblich die Förderung einer Verschwörungstheorie, wonach die Ukraine 2022 ihre eigene Invasion durch Russland inszeniert habe. Er bestreitet dies vehement und erklärt, er habe lediglich Äußerungen von Oleksiy Arestovych, dem damaligen Berater von Präsident Selenskyj, aus dem Jahr 2019 über das Risiko eines Krieges zitiert, sollte die Ukraine die NATO-Mitgliedschaft anstreben. Er betont, dass das Zitieren eines ukrainischen Beamten als Beweis dafür gewertet werde, dass er als russischer Agent agiere, obwohl er behauptet, keine Verbindungen zu Russland zu haben. Der Redner betont, dass er vor Verhängung der Sanktionen weder von den EU-, belgischen oder schweizerischen Behörden gewarnt oder kontaktiert wurde noch Gelegenheit zur Stellungnahme erhielt. Er argumentiert, dass die Entscheidung politisch und nicht rechtlich motiviert sei: Es habe kein Gerichtsurteil gegeben, keine Anklage nach geltendem Recht, kein Recht auf Verteidigung und keine echte Möglichkeit zur Berufung. Er erklärt weiter, dass er es bewusst vermieden habe, in russischen Medien aufzutreten, Einladungen von Medien wie RT abgelehnt habe und sich in seiner Arbeit weitgehend auf ukrainische und US-amerikanische Quellen stütze, um akademische Objektivität zu wahren. Er betont, dass Propaganda an sich nach europäischem Recht kein Verbrechen sei, und sagt, er habe stets versucht, in seinen Analysen eine präzise und differenzierte Sprache zu verwenden. Insgesamt präsentiert er seinen Fall als Beweis für eine ernsthafte Aushöhlung der Demokratie und der Meinungsfreiheit in Europa und argumentiert, dass eine objektive Analyse des Krieges zwischen Russland und der Ukraine als „pro-russisch“ bezeichnet werde. Er beschreibt die Sanktionen als eine faktische Beschlagnahmung seiner Existenzgrundlage ohne ordentliches Verfahren und sagt, dass er nun Schwierigkeiten habe, seine Grundbedürfnisse zu decken, bis eine mögliche humanitäre Ausnahmegenehmigung für den Zugang zu begrenzten Mitteln für lebensnotwendige Güter wie Lebensmittel erteilt werde. Übersetz. d. Videobeschreibung CG]<br />Quelle: <a href="https://youtu.be/VwNH3FLeZLA?si=SNawzjpMPC4_TXiw">Daniel Davis / Deep Dive (274.000 Abonnenten)</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/SNawzjpMPC4_TXiw" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>Colonel Jacques Baud: Sanctioned, Not Silent</strong><br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=CNWKPJSYumA">Dialogue Works, 23.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/CNWKPJSYumA" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>Scott Ritter : EU Silences Col. Jacques Baud.</strong><br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=uO2J48gU2qU">Judge Napolitano – Judging Freedom (657.000 Abonnenten), 22.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/uO2J48gU2qU" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><em><strong>Anmerkung:</strong> Alle Videohinweise sind wie immer Zitate, müssen nicht automatisch der redaktionellen Meinung entsprechen und dienen der politischen Meinungsbildung und freien Meinungsäußerung gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes.</em></li><li><a name="h10"></a><strong>Alexander Rahr: Wie der Westen an seiner Moral scheitert</strong><br />Er war jahrzehntelang Berater deutscher Politiker, arbeitete für die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik und erhielt das Bundesverdienstkreuz – heute gilt er als „Putin-Versteher“.<br />Der Politikwissenschaftler Alexander Rahr spricht mit Patrik Baab über sein neues Buch „Das goldene Tor von Kiew“, über den Niedergang der westlichen Debattenkultur, den moralischen Absolutismus Europas – und darüber, warum Realismus und Demut die einzige Chance für Frieden sind.<br />Ein Gespräch über Literatur, Macht, Zivilisation und die Zukunft Europas.<br />Buch-Tipp: Das goldene Tor von Kiew: Politthriller von Alexander Rahr<br />Kapitel: 00:00 – Intro & Vorstellung Alexander Rahr 02:10 – Warum ein Politikwissenschaftler einen Roman schreibt 05:45 – Zeitzeuge einer Epoche des Umbruchs 10:32 – Völkerverständigung nach dem Kalten Krieg 15:40 – Kritik an der heutigen Cancel Culture 20:55 – Der Verlust echter Debattenkultur 25:12 – Der neue Moralismus im Westen 31:45 – Realismus vs. Wertepolitik 37:10 – Der globale Machtwandel: China, Russland, Indien 42:36 – Europa als moralische Weltmacht ohne Einfluss 48:22 – Der Krieg als Kulturkampf 55:18 – Der Turm von Babylon: Symbol des Westens 59:47 – Transhumanismus und Hybris 1:04:25 – Putins Psychologie und der russische Blick auf den Westen 1:09:50 – Warum die Chinesen gewinnen werden 1:14:35 – Eine multipolare Weltordnung entsteht 1:18:50 – Was Friedrich Merz verstehen sollte: Mehr Demut in der Politik 1:21:10 – Schlusswort & Buchtipp<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=O-2A60jwuTw">Patrik Baab, 21.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/O-2A60jwuTw" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h11"></a><strong>Why did a Nazi-linked ally of USA & Israel win Chile’s presidential election?</strong><br />The winner of Chile’s presidential election, José Antonio Kast, is the son of a German Nazi official. He is a US-backed far-right extremist who loves Donald Trump, Israel, and fascist former dictator August Pinochet. He is also very anti-China, and will assist in Washington’s attempt to impose its imperialist Monroe Doctrine. Ben Norton explains.<br />Topics: 0:00 US interventions in Latin America 2:18 Javier Milei’s Argentina 2:51 Chile’s President-elect José Antonio Kast 3:27 Map of political balance in Latin America 4:28 Marco Rubio 4:55 US war on Venezuela 5:27 Chilean dictator Augusto Pinochet 6:53 Operation Condor (Plan Cóndor) 7:14 Cold War Two 7:44 CIA support for Nazis 8:23 Nazis who fled to South America 8:55 José Antonio Kast’s Nazi father 10:36 Neoliberal Chicago Boys 12:14 Myth of Pinochet’s “economic miracle” 15:18 Economic growth rates in Chile 16:20 Corrupt privatizations under Pinochet 17:50 Javier Milei deindustrializes Argentina 18:40 José Antonio Kast supports Pinochet 20:24 Kast loves Israel 20:42 Kast hates China 22:18 Brazil’s far-right coup leader Bolsonaro 23:04 Kast loves Donald Trump 23:33 Kast wants mass privatizations 24:43 Chile: world’s top copper producer 25:30 Lithium reserves in South America 27:42 Failure of President Gabriel Boric 28:35 Boric supports Ukraine 29:18 US corporate media praised Boric 30:58 Boric: pro-US, NGO-funded fake “left” 34:02 “Nothing will fundamentally change” 34:46 Political balance in Latin America 36:17 Trump meddles in Honduras 36:35 US empire targets Latin America 37:34 Outro<br />Geopolitical Economy Report auf X [<a href="https://x.com/GeopoliticaEcon">LINK</a>]<br />Ben Norton auf X [<a href="https://x.com/BenjaminNorton">LINK</a>]<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=XYtCi-Wh3FU">Geopolitical Economy Report (Ben Norton), 15.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/XYtCi-Wh3FU" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p>Lesen Sie hierzu auch auf den NachDenkSeiten “Der Pinochetismus kehrt in Chile an die Macht zurück” [<a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143873">LINK</a>]</li><li><a name="h12"></a><strong>Pädagogen für Menschenrechte e. V. „Alles unter den Teppich kehren“</strong><br />Eine ausdrucksstarke Politische Kunstperformance zur Erinnerung an die Corona-Maßnahmen im deutschen Bildungssystem<br />Die Pädagogen fordern eine Anerkennung der erfolgten Kindeswohlverletzungen als Voraussetzung für einen klärenden und vergebenden Dialog, der gesellschaftliche Gräben schließen und die entstandenen Wunden heilen kann.<br />Homepage [<a href="https://www.pfm-ev.de">LINK</a>]<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=tfgdml-EbHI">Die entfesselte Kamera, 20.07.2025 KARLSRUHE</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/tfgdml-EbHI" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h13"></a><strong>„Glyphosat nur durch Korruption auf Markt“ – Punkt.PRERADOVIC mit Dr. H.-M. Hackenberg u. Dr. Wodarg</strong><br />Es ist ein Paukenschlag in der Diskussion um das umstrittene Pestizid Glyphosat. Die zentrale Studie FÜR den Unkrautvernichter wurde nach 25 Jahren wegen schwerer ethischer Mängel zurückgezogen. Vorwurf: Hersteller Monsanto hätte an der Studie mitgeschrieben und die Autoren bezahlt. Die Ärzte Dr. Hans-Michael Hackenberg und Dr. Wolfgang Wodarg haben gleichzeitig ein wegweisendes Buch aus den USA zu Glyphosat übersetzt. „Tödliches Vermächtnis“ soll die Gefährlichkeit für Mensch, Tier und Umwelt des Pestizids belegen. So löse Glyphosat u.a. Krankheiten wie Autismus, Alzheimer und Krebs aus.<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=UisUWAKt8xU">Punkt.PRERADOVIC, 12.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/UisUWAKt8xU" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h14"></a><strong>Warum wird Bargeld systematisch abgeschafft?</strong><br />Hansjörg Stützle kommt vom Bodensee und hat als Unternehmensberater kleinen Unternehmen bei der Sanierung geholfen. Irgendwann stellte er sich die Frage, warum Menschen erst handeln, wenn die Hütte brennt – und wechselte zu präventiver Beratung. Heute beschäftigt er sich intensiv damit, wie Menschen mit Geld umgehen, welche psychologischen Mechanismen beim Bezahlen greifen und warum Bargeld mehr ist als nur ein Zahlungsmittel. Mit seiner Nähe zur Schweiz – dort ist der Name “Stützle” verwandt mit “Stutz”, einem umgangssprachlichen Wort für Franken – hat er eine besondere Perspektive auf den Wert und die Symbolik von Geld.<br />Im Gespräch mit Jasmin Kosubek geht es um weit mehr als Scheine und Münzen. Stützle erklärt, warum Menschen mit Bargeld 18 bis 23 Prozent weniger ausgeben als mit Karte, welche Rolle Schmerzempfinden beim Bezahlen spielt und wie digitales Bezahlen systematisch zur Überschuldung führt. Er analysiert, warum der 500-Euro-Schein als “Bin Laden Schein” kriminalisiert wurde, wie Banken, Politik und Handel gemeinsam daran arbeiten, Bargeld zu verdrängen, und welche Konsequenzen das für Datenschutz, Freiheit und Demokratie hat. Am Ende steht eine konkrete Herausforderung: eine Woche nur Bargeld, eine Woche nur digital – um selbst zu spüren, was diese Entscheidung mit uns macht.<br />Kapitel: 00:00:00 Intro & 500€-Limit an Bankautomaten 00:06:00 Bargeld vs. Digital: Der psychologische Unterschied 00:10:00 Schmerzempfinden beim Bezahlen – Warum Bargeld schmerzt 00:16:50 Studien: Menschen geben mit Karte 18-23% mehr aus 00:28:40 Digitales Bezahlen führt zu Überschuldung 00:40:45 Wie Banken an digitalem Bezahlen verdienen 00:47:00 Bargeldquote in Deutschland – Die aktuellen Zahlen 00:52:50 Schweiz vs. Deutschland – 1000 Franken vs. 500€ 00:59:15 Die Abschaffung des 500€-Scheins 01:09:55 Die 10%-Falle – Wann kommt das Verhältnismäßigkeitsprinzip? 01:11:55 “Bin Laden Schein” – Kriminalisierung von Bargeld 01:16:35 Abschluss & Die Bargeld-Challenge<br />Hansjörg Stützle Bargeld-Petition [<a href="https://bargeldverbot.info/petition/">LINK</a>]<br />Aufklärungsvideo Deutsch [<a href="https://www.youtube.com/watch?v=nNk-aEI8ySc">LINK</a>]<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=2f4MPGPWOIY">Jasmin Kosubek, 14.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/2f4MPGPWOIY" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h15"></a><strong>Krise, Krieg, Kontrolle: 5 Bücher, die man jetzt lesen muss</strong><br />Was läuft schief im Westen? Michael Meyen spricht über fünf aktuelle Sachbücher, die helfen, die Gegenwart besser zu verstehen – jenseits von Schlagzeilen und Empörung. Es geht um Demokratie und Macht, um permanente Krisen, um Stadt und Land, um Krieg und Frieden – und um die Frage, wo heute noch Hoffnung entstehen kann. Die vorgestellten Bücher liefern keine einfachen Antworten, aber sie eröffnen Perspektiven für Nachdenken, Besinnen und einen möglichen Neustart.<br />Rainer Mausfeld · Markus Vahlefeld · Michael Beleites · Fabian Scheidler · André Lecloux<br />Kapitelübersicht: 00:00 – Worum wird es gehen? 00:46 – Aufbau und Ziel des Videos 02:12 – Rainer Mausfeld: Hegemonie oder Untergang 11:19 – Markus Vahlefeld: Die Krisenmaschine 21:03 – Michael Beleites: Dorf-Ethos 30:51 – Fabian Scheidler: Friedenstüchtig 38:11 – André Lecloux: Tiefflieger<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=5XOJyjFrWOE">Michael Meyen, 22.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/5XOJyjFrWOE" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h16"></a><strong>„Endlich: Impfung gegen Unfälle!“ – IDA-Sprechstunde mit Dr. Gunter Frank und Dr. Kay Klapproth</strong><br />00:03:18 „Säuberungsaktionen“ an den Universitäten: Ist die Freiheit von Forschung und Lehre am Ende? Störaktionen, Blockaden, Diffamierungskampagnen – Methoden, wie man sie aus totalitären Systemen kennt, sind die Waffen der Antifa. Und nun auch die Mittel linksextremistischer Studenten. Kritiker werden verfolgt, Studenten mit abweichender Meinung markiert. Für ihre versuchten „Säuberungsaktionen“ müssen sie keine Konsequenzen befürchten. Jetzt traf es den Bielefelder Jura-Professor Martin Schwab. Was ist los an unseren Universitäten? Sind sie zu „rechtsfreien“ und „wissenschaftsfreien“ Räumen geworden?<br />00:22:25 Mehr oder weniger Tote: Das RKI geht von knapp 200.000 COVID-Toten in Deutschland aus. Die NZZ fragt nun, ob die Zahl der Corona-Toten hierzulande nicht sogar unterschätzt wurde. Diese These steht jedoch im Widerspruch zu den eigenen Falldefinitionen: Ein erheblicher Teil der offiziell als COVID-19-Todesfälle erfassten Personen starb nicht an einer typischen respiratorischen Erkrankung. Zugleich zeigt eine neue Studie, dass die Übersterblichkeit stärker mit der Impfquote als mit dem Infektionsgeschehen korreliert.<br />00:31:29 Impfung gegen Unfälle: Eine neue Studie soll angeblich belegen, dass die mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 noch besser sind als gedacht: Sie schützen nicht nur vor COVID, sondern vor allen Erkrankungen – und sogar vor Unfällen. Mit Auftragsforschung und verzweifelter „Junk Science“ versuchen die Verantwortlichen der Impfkampagne, sich gegen eine überwältigende Zahl von Studien zu immunisieren, die auf fehlende Wirksamkeit und relevante Risiken dieser Impfungen hinweisen.<br />[Umfangreiche Quellenangaben in der Youtube-Videobeschreibung]<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=ykcYmMlcXas">Initiative für Demokratie und Aufklärung e.V., 17.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/ykcYmMlcXas" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h17"></a><strong>„Kein Fremdschutz” und andere Absonderlichkeiten | Prof. Homburg</strong><br />Die Sendung dokumentiert die Befragung des früheren Bundesgesundheitsministers Jens Spahn in der Corona-Enquetekommission des Deutschen Bundestags am 15.12.2025<br />[Internetlinks zur Sendung in der Videobeschreibung]<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=iroj0DZo6wg">Prof. Stefan Homburg, 17.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/iroj0DZo6wg" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h18"></a><strong>Pfeif drauf! Monty Pythons Weihnachtsbotschaft – von Jonny Rieder</strong><br />„Oh du fröhliche“ heißt ein bekanntes Weihnachtslied. Nicht etwa „Oh, du ängstliche“ oder „Oh du verzweifelte“ – auch wenn dies realistischer erscheinen mag angesichts einer zwanghaft destruktiven Machtmenschenkaste, die alles tut, um unsere Welt in den Abgrund zu navigieren. Verzweiflung und Angst sind allerdings keine ideale Voraussetzung, um das Leben in Würde zu meistern. Wie wär’s stattdessen mit Humor und Optimismus? Schön und gut, aber wo soll der herkommen? Die beste Quelle ist immer das eigene Humor-Reservoir. Und wenn das gerade leer ist? Dann gibt es immer noch Monty Python – die Gottväter der Witzschöpfung. Ihre filmische Lachbibel „Das Leben des Brian“ hat unseren Autor Jonny Rieder zu einer Weihnachtsbotschaft inspiriert. Hören Sie seinen Beitrag: „Pfeif drauf!“.<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=LFPRgrjhSzQ">Radio München, 22.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/LFPRgrjhSzQ" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></li><li><a name="h19"></a><strong>Kabarett, (Real-)Satire, Comedy und Co.</strong><p><strong>Am Küchentisch mit Helmut Schleich und Franz Esser-Die Hoffnung sind WIR!</strong><br />Von wokem Wahn und Denunziantentum auf deutschen (und österreichischen) Bühnen bis hin zum Ringschluß der Faschisten von lechts und rinks ist in dieser munteren Folge vom vorweihnachtlichen Küchentisch die Rede, und eine Lanze für die Anerkennung der Frau wird auch noch… gebrochen.<br />Helmut Schleich Website [<a href="https://helmut-schleich.de/">LINK</a>]<br />Franz Esser Website [<a href="https://franz-esser.jimdosite.com/">LINK</a>]<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=vwWOARr0_YM">Franz Esser, 13.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/vwWOARr0_YM" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>Hot Mic in Berlin!</strong><br />#DeepFakeSatire<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=e0o0ucfhjm0">Snicklink, 15.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/e0o0ucfhjm0" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>Psst! – Advent</strong><br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=Wsc-JyZlQh8">Marco Rima, 07.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/Wsc-JyZlQh8" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>Seltsame neue Reklame…</strong><br />#DeepFakeSatire<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=x_WgU7H4pKI">Snicklink, 20.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/x_WgU7H4pKI" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>„Unsere Demokratie“</strong><br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=hwqHHlpAvAs">_horizont_, 13.11.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/hwqHHlpAvAs" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>B&B #144 Burchardt & Böttcher: Alles Schurken außer Mutti!</strong><br />Früher war weniger Lametta: Orden für Merkel, Auszeichnungen für Drosten, Fernsehserien für die Stasi. ** Niemand entkommt der Aktuellen Kamera ** Staatschützer in guter Verfassung, Grundgesetz abgeschafft ** Australien geht voran: Social Media nur noch für Erwachsene ** Hauptschülerin Bärbel rettet den Haushalt: Rente erst ab 75 für Akademiker ** 4 Anrufe bis zur Gosse: Abschaffung der Armen neu geregelt ** Edel, hilfreich, gut: Woke Jugend verteidigt zugewanderte Jugend im Schützengraben Ost ** Alleingang der Weltbesten: Deutschland gegen Russland, China und die USA ** Kein Anschluss unter dieser Nummer: Verantwortung als Fremdwort ** Wiederbelebung ausgeschlossen: Krankensystem gesund, Patient tot ** Beunruhigung verboten: England erklärt Daten zu Übersterblichkeit zur Verschlusssache ** Zu spät, zu wenig, zu leise: Das Murmeln der prominenten Impfgeschädigten hinter Bezahlschranken ** Nürnberger Prozesse 2.0 schon 2026 oder erst nach dem Krieg?<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=hXAxRtze94w">B&B – Burchardt & Böttcher – Wir müssen reden, 14.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/hXAxRtze94w" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>Beachtlich – Frieden auf Erden / Steimles Aktuelle Kamera / Ausgabe 213 / Zu Gast: Antje Hermenau</strong><br />Könne wir das alles noch glauben? Vom Lumumba-Verbot bis zum Ritt auf der Rasierklinge!<br />Haben wir den Verstand verloren? Kuschelklöße, Kriegskredite & der helle Wahnsinn.<br />Rettet uns die Gemütlichkeit? Warum wir jetzt einen längeren Atem brauchen als Friedrich Merz.<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=xrmxdv-KC28">Steimles Welt, 21.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/xrmxdv-KC28" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>Das politische (Jahres-)Ende – Küppersbusch TV [Kompakt]</strong><br />Es weht ein eisiger Wind. Nicht nur draußen, sondern auch in der Politik.<br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=gar5f_wJ5OY">Küppersbusch TV, 22.12.2025</a><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/gar5f_wJ5OY" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p></li></ol><p><em><strong>Anmerkung:</strong> Die nächste Ausgabe der Videohinweise erscheint am 7. Januar 2026. Vielen Dank für Ihre Treue.</em></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144202</span> 144202 Als der Weihnachtsmann noch vom Himmel kam https://www.nachdenkseiten.de/?p=143798 Wed, 24 Dec 2025 11:00:38 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=143798 <p>Damals war ich fünf Jahre alt und glaubte, wenn auch mit leichter Skepsis, noch an den Weihnachtsmann. Das ist mir ziemlich deutlich in Erinnerung. Es war kurz nach dem Krieg, und wir lebten seit der Vertreibung aus unserer Heimat in einer Baracke in einem Flüchtlingslager. Anfang Dezember war es sehr kalt geworden, es begann heftig</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143798">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=143798</span> <p>Damals war ich fünf Jahre alt und glaubte, wenn auch mit leichter Skepsis, noch an den Weihnachtsmann. Das ist mir ziemlich deutlich in Erinnerung. Es war kurz nach dem Krieg, und wir lebten seit der Vertreibung aus unserer Heimat in einer Baracke in einem Flüchtlingslager. Anfang Dezember war es sehr kalt geworden, es begann heftig zu schneien, und wir saßen oft vor dem Ofen, der die Stube nur notdürftig erwärmte. Eine Nachkriegs-Weihnachtsgeschichte von <strong>Wolfgang Bittner</strong>.</p><p><em>Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.</em><br /><span id="more-143798"></span><br /></p><p>Als Weihnachten immer näher rückte, wurde meine Mutter von Tag zu Tag verzweifelter. Denn es gab kaum zu essen und die Kälte machte uns mehr und mehr zu schaffen, weil es an Heizmaterial fehlte. Der bescheidene Vorrat an Holz und Torf schmolz dahin und Nachschub war nicht in Sicht.</p><p>Da war es einige Tage vor Weihnachten mit der Beherrschung meiner Mutter vorbei, sie brach in Tränen aus und mein Vater konnte sie kaum beruhigen. „Wie können wir denn unter diesen Bedingungen Weihnachten feiern?“, schluchzte sie. „Ich habe nichts zu kochen, zu braten schon gar nicht, und schenken können wir uns auch nichts.“</p><p>Mein Vater nahm sie in den Arm. „Hab Vertrauen, wir werden schon einen Weg finden“, versuchte er, sie zu trösten. „Im vergangenen Jahr ist es uns doch auch gelungen. Hatten wir nicht einen richtigen Festtagsbraten? Gab es nicht sogar ein paar schöne Geschenke?“</p><p>Nachdem sich die Situation entspannt hatte, fügte er noch hinzu: „Ich werde mich kümmern, das verspreche ich euch.“ Er schien sich bereits etwas überlegt zu haben, jedenfalls war er optimistisch.</p><p>Ich vertraute meinem Vater und verstand nicht, warum meine Mutter sich sorgte. War denn nicht im Jahr zuvor der Weihnachtsmann zu uns gekommen und hatte einen Kaninchenbraten gebracht, für mich Schokolade, Nüsse und einen schönen warmen Pullover? Jetzt war ich gespannt, was er uns diesmal bringen würde. Das sagte ich meiner Mutter, merkte aber, dass meine Erwartungen sie noch mehr bedrückten.</p><p>Was hatte ich falsch gemacht? Würde der Weihnachtsmann in diesem Jahr etwa gar nicht kommen? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Er kam doch vom Himmel, der Krieg war seit mehr als einem Jahr vorbei, was also sollte ihn daran hindern, artige Kinder zu beschenken? Und artig war ich immer gewesen – jedenfalls hatte ich mir, soweit ich wusste, Mühe gegeben.</p><p>Dann war der 24. Dezember herangekommen, mein Vater hatte mit Onkel Max, der nebenan wohnte, einen Tannenbaum „organisiert“, wie sie es nannten, also nachts heimlich aus dem nahen Wald geholt. Am Nachmittag wurde der Baum mit Lametta und etwas Watteflocken, die Schnee darstellen sollten, geschmückt. Das Lametta stammte aus dem Silberpapier von Zigarettenschachteln, die Watte aus einem Verbandspäckchen. Außerdem hatte meine Mutter in der Bratpfanne ein paar Grießplätzchen gebacken, die wir ebenfalls in den Baum hängten. Mit einigen Kerzen, die Onkel Max besorgt hatte, sah er wirklich festlich aus. Darunter war Platz für etwaige Geschenke.</p><p>Nachdem es dunkel geworden war, gab es endlich das Abendbrot. Onkel Max war eingeladen, denn er hatte dazu beigetragen. Wir waren zwar nicht verwandt, er war ein Kriegskamerad und Freund meines Vaters, aber ich durfte ihn Onkel nennen. Als Soldat war er bei der Luftwaffe gewesen, und er trug noch immer eine dunkelblau eingefärbte Uniform, dazu blankgewichste schwarze Halbschuhe. Im Krieg hatte er seine ganze Familie verloren, jetzt lebte er allein in einem Zimmer der Baracke, und an manchen Tagen arbeitete er als Dolmetscher in der englischen Kommandantur. Dort hatte er sich mit einer Sekretärin angefreundet, die ihm hin und wieder Weißbrot, Corned Beef oder sogar Schokolade schenkte, wovon er uns abgab. Sein Motto war: Es kann nur besser werden.</p><p>Diesmal hatte Onkel Max ein großes Glas Orangenmarmelade mitgebracht, die wir uns auf gerösteten Brotschnitten schmecken ließen. Allerdings blieb Onkel Max nicht lange; er habe noch eine Verabredung“, sagte er und zwinkerte mir zu. „Ich bin aber bald zurück, muss doch dabei sein, wenn der Weihnachtsmann die Geschenke bringt.“</p><p>Nach dem Abendessen zündete mein Vater die Kerzen am Weihnachtsbaum an, während ich schon hoffnungsfroh dem Weihnachtsmann entgegenfieberte. Tatsächlich, er ließ nicht lange auf sich warten. Es klopfte an der Tür, und als ich rasch öffnete, stand er da, weißbärtig in einem langen roten Mantel und mit einer Zipfelmütze. Mit sich schleppte er einen ziemlich großen sperrigen Sack, den er vor den Weihnachtsbaum stellte. „Den darfst Du auspacken“, sagte er mit tiefer Stimme an mich gewandt.</p><p>Das war es, worauf ich mich gefreut hatte, der Weihnachtsmann hatte uns nicht vergessen. Schnell knüpfte ich den Sack auf, und was da als erstes zum Vorschein kam, verschlug mir fast den Atem: Es war ein wunderschöner hölzerner Schlitten.</p><p>Am liebsten wäre ich sofort nach draußen zum Schlittenfahren gelaufen. Doch der Weihnachtsmann hielt mich zurück. „Da ist noch mehr in dem Sack, schau mal nach“, sagte er. Ich griff tief hinein und holte ein für meine Eltern bestimmtes dickes Päckchen heraus. Als sie es auspackten, waren sie erst einmal sprachlos, denn es war das ungewöhnlichste Weihnachtsgeschenk, das man sich vorstellen konnte. Dann rief meine Mutter: „Ein Karpfen! Und ich war schon ganz verzweifelt, weil wir für morgen nichts Festliches zu essen hatten.“</p><p>Die Überraschung war gelungen, die Freude riesengroß. Nun konnte der Heilige Abend beginnen. Und kaum hatte sich der Weihnachtsmann verabschiedet, als Onkel Max zurückkam. Er brachte eine Flasche Wein mit und für mich eine kostbare Tafel Schokolade. Wir sangen die alten Lieder und feierten das Weihnachtsfest.</p><p>Später gingen die Eltern mit Onkel Max noch zur Mitternachtsmesse in die Kirche. Da lag ich schon im Bett, aber ich konnte nicht gleich einschlafen. Mir wollte nicht aus dem Kopf gehen, dass der Weihnachtsmann genau so blankgewichste schwarze Schuhe wie Onkel Max angehabt hatte.</p><p><em>Der Schriftsteller und Publizist <strong>Wolfgang Bittner</strong> ist Autor zahlreicher Bücher, darunter der Roman „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“, Verlag zeitgeist 2019. Siehe auch <a href="https://wolfgangbittner.de">wolfgangbittner.de</a></em></p><p><small>Titelbild: WPJ3/shutterstock.com</small></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=143798</span> Damals war ich fünf Jahre alt und glaubte, wenn auch mit leichter Skepsis, noch an den Weihnachtsmann. Das ist mir ziemlich deutlich in Erinnerung. Es war kurz nach dem Krieg, und wir lebten seit der Vertreibung aus unserer Heimat in einer Baracke in e... Damals war ich fünf Jahre alt und glaubte, wenn auch mit leichter Skepsis, noch an den Weihnachtsmann. Das ist mir ziemlich deutlich in Erinnerung. Es war kurz nach dem Krieg, und wir lebten seit der Vertreibung aus unserer Heimat in einer Baracke in einem Flüchtlingslager. Anfang Dezember war es sehr kalt geworden, es begann heftigWeiterlesen Redaktion NachDenkSeiten 6:59 143798 USA: Wachsender Widerstand gegen die neuen Daten-Center https://www.nachdenkseiten.de/?p=144017 Wed, 24 Dec 2025 10:00:40 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144017 <p>Trumps „KI-Aktionsplan“ für die US-Digitalkonzerne, auch „nächstes Manhattan-Projekt“ genannt, ist schon jetzt gefährlich, in vielerlei Hinsicht. Auch in EU-Staaten hat der Widerstand begonnen – und in Deutschland? Von <strong>Werner Rügemer</strong>.</p> <p><em>Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.</em><br /> <span id="more-144017"></span></p> <p>„In den USA wächst der Widerstand gegen Daten-Center“, hieß es in der <em>Financial Times</em> Anfang</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144017">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144017</span> <p>Trumps „KI-Aktionsplan“ für die US-Digitalkonzerne, auch „nächstes Manhattan-Projekt“ genannt, ist schon jetzt gefährlich, in vielerlei Hinsicht. Auch in EU-Staaten hat der Widerstand begonnen – und in Deutschland? Von <strong>Werner Rügemer</strong>.</p><p><em>Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.</em><br /><span id="more-144017"></span><br /></p><p>„In den USA wächst der Widerstand gegen Daten-Center“, hieß es in der <em>Financial Times</em> Anfang Dezember 2025. Wasserknappheit, Verteuerung des Strompreises, noch mehr Umweltvergiftung durch Kohle- und Gaskraftwerke, Landverkauf, Landschaftszerstörung, und die versprochene Schaffung vieler neuer Jobs erweist sich als Legende – immer mehr Bürgerinitiativen wehren sich, koordinieren sich landesweit. [<a href="#foot_1" name="note_1">1</a>]</p><p><strong>KI: Das nächste „Manhattan-Projekt“</strong></p><p>Die Trump-Regierung in ihrem verzweifelten Wettlauf um neue Weltmachtstellung hat am 23. Juli 2025 den „KI-Aktionsplan“ veröffentlicht: Auf Druck der Digitalkonzerne sollen noch mehr Daten-Center noch schneller gebaut werden als bisher, zusammen mit neuen Kraftwerken. Es geht nicht zuletzt um die militärische Vorherrschaft, wie sie teilweise jetzt in den KI-gestützten Stellvertreterkriegen Ukraine und Israel entwickelt wurde und wird.</p><p>So schwärmt Energie-Minister Chris Wright vom „nächsten Manhattan-Projekt“: Mit dem Manhattan-Projekt hatten die USA im Zweiten Weltkrieg die ersten Atombomben gebaut und dann über Zivilisten in Hiroshima und Nagasaki abgeworfen. Für das neue Manhattan-Projekt gibt es hohe staatliche Subventionen, und es wird auch kräftig „entbürokratisiert“: Die Gesetze zur Luftreinhaltung, zur Wasserreinhaltung (Clean Air Act, Clean Water Act) und weitere Umweltgesetze werden aufgeweicht, der Zugang der Digital-Giganten zu den für die Daten-Center benötigten Landflächen wird vereinfacht. [<a href="#foot_2" name="note_2">2</a>]</p><p>Das ist übrigens die Fortsetzung der extrem umweltschädlichen und menschenverachtenden Politik, die Trumps Vorgänger Barack Obama begonnen hatte: Damit die USA Weltmarktführer beim Frackinggas werden, hatte er ebenfalls den Clean Air Act und den Clean Water Act aufgeweicht. Und das wegen seiner Umweltschädlichkeit diskreditierte Frackinggas hatte Obama mithilfe von fake production umwelt„freundlich“ umbenannt, in „natürliches“ Flüssiggas (liquified natural gas, LNG). Für die Anwohner an den tausenden Bohrstellen ist das tödlich, sie sterben früher, wie auch eine Studie der Harvard University feststellte. [<a href="#foot_3" name="note_3">3</a>]</p><p><strong>Noch mehr Elektrizität aus Frackinggas, Öl, Atomkraft</strong></p><p>Dieser Plan ist „nichts anderes als die Einladung an die Fossil-, Nuklear- und Wasserindustrie, die Ausbeutung unserer Umwelt und natürlichen Ressourcen zu intensivieren – auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung“, so Mitch Jones, Direktor der gemeinnützigen Organisation Food & Water Watch. [<a href="#foot_4" name="note_4">4</a>]</p><p>Es müssen nicht nur die Daten-Center gebaut werden, sondern auch davon getrennte Riesenspeicher, die Clouds: für die Geheimdienste, das Militär, die Unternehmen, den Staat, die Behörden, die Medien.</p><p>Schon für den jetzt gesteigerten Elektrobedarf der e-Mobilität (PKW, LKW, Hubschrauber, Kleintransporter, Scooter, Fahrräder, Kinderwagen usw.) und der herkömmlichen Digitalisierung reicht die Energieproduktion nicht mehr aus. Deshalb lassen z.B. Amazon, Google, Meta/Facebook für ihre mit KI aufgemöbelten Clouds kleine dezentrale Kraftwerke entwickeln, auch nuklear betriebene. </p><p><strong>Neue Infrastruktur: Energieleitungen, Wasser, Generatoren, Kredite</strong></p><p>Aber diese Digitalanlagen funktionieren nur mit auch neuer Infrastruktur:</p><ul><li>Neben den Kraftwerken braucht es neue, leistungsfähigere und störungsfreie Energieleitungen, auch kontinentale und Unterseekabel, auch Satelliten.</li><li>Die riesigen Daten-Center mit tausenden von miteinander vernetzten Hochleistungscomputern entwickeln in riesigen Hallen enorme Hitze, die je nach Beanspruchung minütlich, stündlich, täglich sich ändern kann, sich die Temperatur selbst aber nicht ändern darf – deshalb müssen die kühlenden Wassermassen in ausreichender Menge und Temperatur bereitstehen, oder die mit Frackinggas und Öl betriebenen Generatoren: Die Temperatur muss genau gleich bleiben, sonst droht Ausfall!</li><li>Mit begleitender Infrastruktur, der Finanzierung, dem Kauf oder der Pacht riesiger Landflächen mit Dutzenden bis Hunderten von Hektar, der Beauftragung von Zulieferern, der Verhandlung mit den Kommunen kann der Bau eines Daten-Centers bis zu acht Jahren dauern. Aber es soll natürlich viel schneller gehen.</li></ul><p><strong>Systemrelevante Spekulation: Mögliche Krise</strong></p><p>So sind die historisch einmalige und extrem schnelle Steigerung des Energieverbrauchs für diese neuen Daten-Center und ihre Infrastruktur auch eine Bedrohung für die wirtschaftliche und finanzielle Sicherheit des Staates. </p><p>Die Digitalkonzerne und ihre beauftragten Zulieferer nehmen enorme Kredite auf, ebenso der Staat für die milliardenschweren Subventionen. An den Börsen wird auf hohe Gewinne spekuliert – gleichzeitig wird in der Finanzwelt ein möglicher Finanzcrash befürchtet.</p><p>Aber weil das neue KI-Manhattan-Projekt von Regierung, Konzernen und ihren führenden Aktionären wie BlackRock, Vanguard, State Street, Capital Group, Wellington, Fidelity & Co. als nationale, staatliche Priorität behandelt wird („systemrelevant“), würden die Unternehmen und Spekulanten, so dürfen sie hoffen, (wieder) vom Staat gerettet, von dieser US-Regierung sowieso und auch wieder von den folgsamen Regierungen der EU-Vasallen-Staaten.</p><p><strong>124 Widerstandsorganisationen in 24 US-Bundesstaaten</strong></p><p>In den letzten Jahren hat sich in den USA der Widerstand gegen den Bau von Daten-Centern enorm verstärkt, beschleunigt unter der jetzigen Präsidentschaft von Trump. Das findet auch in Staaten und Kommunen statt, wo mehrheitlich Trumps Republikaner-Partei gewählt wurde. Weil diese Bundesstaaten der Trump-Regierung mehr folgen und mehr Daten-Center fördern, ist hier der Widerstand sogar höher. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass die demagogische Trump-Politik keinen stabilen Rückhalt hat, sogar nicht in der eigenen Partei.</p><p>124 Initiativen, die gegen neue Daten-Center kämpfen, sind in der landesweiten Koordinationsstelle Data Center Watch zusammengefasst. Die Initiativen, die unterschiedlich organisiert sind, teilweise schon einige Jahre aktiv sind oder sich erst im Jahr 2025 gebildet haben, stammen aus 24 US-Bundesstaaten. [<a href="#foot_5" name="note_5">5</a>]</p><p>In einigen Kommunen wurde wegen der Knappheit der Strompreis erhöht, auch für die Privathaushalte: Das war einer der Anlässe für die Gründung von Initiativen. Andere Anlässe waren Wasserverbrauch, Baulärm, Zugriff auf Grundstücke. Data Center Watch dokumentiert mehrere Regionen und Kommunen, zum Beispiel:</p><ul><li>In Warrenton/Virginia wurden bei der Wahl 2024 alle Gemeinderatsmitglieder abgewählt, die Amazons Daten-Center unterstützt hatten. Jetzt ist der Gemeinderat geschlossen gegen das Projekt.</li><li>In Peculiar/Missouri wurde das vom Unternehmen Diode Ventures geplante 1,5 Milliarden-US-Dollar-Center abgelehnt, wegen Landschaftsverschandelung, steigender Bodenpreise und zu erwartendem Lärm.</li><li>In Chesterton/Indiana wurde nach gut besuchten öffentlichen Veranstaltungen das 1,3 Milliarden-US-Dollar-Center des Unternehmens Realty Advisors abgelehnt, wegen Luftverschmutzung, Wasserknappheit, Schädigung der Tier- und Pflanzenwelt, steigender Bodenpreise.</li></ul><p><strong>Hoganville/Georgia: Initiative deckt Geheimvertrag auf</strong></p><p>Die in der <em>Financial Times</em> erwähnte Initiative in Troup County, im Städtchen Hogansville im US-Bundesstaat Georgia, entstand aus der Versammlung dreier Rentnerinnen im Wohnzimmer. Das weitete sich schnell aus. </p><p>Aktivisten wie Gage Bailey deckten den Geheimvertrag der Stadtverwaltung mit dem Unternehmen Fertile Grounds auf: Das Unternehmen hätte für das Center 109 Hektar gemeindliche Grundstücke zum Preis von 12.000 US-Dollar pro Hektar kaufen können. Fertile Grounds hatte 400.000 US-Dollar Steuerzahlung pro Jahr versprochen. Die Stadtverwaltung hatte den Betrieb von Dieselturbinen und die Nutzung von Grundwasser zugestanden. Es kam auch heraus: Mehr als 30 bis 35 neue Jobs würden nicht entstehen. </p><p>Der Bürgermeister Michael Taylor jr. kippte nach der Aufdeckung um und ist nun auch ein Gegner des Projekts. [<a href="#foot_6" name="note_6">6</a>]</p><p><strong>Beginnender Widerstand in Europa</strong></p><p>Auch wegen des wachsenden Widerstands in den USA planen Amazon, Google, Apple, Meta/Facebook, Microsoft & Co. zusätzliche Daten-Center in EU-Staaten. Die haben sich unter Führung von Merz/Deutschland, Macron/Frankreich, Starmer/England, Tusk/Polen und von der Leyen/EU sowieso schon den wichtigsten Forderungen des mächtigsten Rechtsextremisten der Welt unterworfen: Bei der Erhöhung der Rüstungsbudgets und der US-Waffen-Käufe und bei den Zöllen; und die US-Digitalkonzerne dürfen alle in Europa erfassten Daten an die US-Regierung weiterleiten und brauchen hier so gut wie keine Steuern zahlen. Da wird es doch mit zusätzlichen, staatlich subventionierten Daten-Centern für US-Investoren auch klappen, oder?</p><p>In den deutschen Leitmedien und Leit-Parteien ist das Thema noch nicht aufgetaucht, aber da tut sich etwas: Die Initiative AlgorithmWatch hat die bisher schon aktiven Initiativen in einigen EU-Staaten aufgelistet und berät Initiativen bei Gründung, Strategieentwicklung und, wie etwa die häufigen Geheimverträge aufgedeckt werden können; AlgorithmWatch berät auch bei internationaler Vernetzung. Einige der aufgelisteten Initiativen: [<a href="#foot_7" name="note_7">7</a>]</p><ul><li>in Spanien: Tu Nube Seca Mi Río. Bisher vor allem in Aragonien aktiv mit Kampagnen wegen des dort ohnehin schon extrem knappen Wassers in der ausgetrockneten Region.</li><li>In den Niederlanden: Amsterdam hat einen Stop für alle neuen Rechenzentren beschlossen. Die Initiative Save the Wieringermeer wird von Landwirten getragen: Zum Schutz der Landwirtschaft und der regionalen Lebensgrundlagen soll ein Center von Microsoft verhindert werden.</li><li>In Frankreich: In Marseille setzt sich La Quadrature du Net dafür ein, daß die Stadt keine Gebäude und Grundflächen for Daten-Center freigibt, stattdessen die Energie für den öffentlichen Verkehr und grüne Infrastruktur einsetzt.</li><li>In Irland, wo die US-Digitalkonzerne schon ihre Europa-Zentralen betreiben (steuerbegünstigt), kämpft Not Here Not Anywhere (NHNA) gegen weitere Daten-Center rund um die Hauptstadt Dublin, weil das bisherige Leitungsnetz sowieso schon überlastet ist.</li></ul><p><strong>Und Widerstand in Deutschland?</strong></p><p>In Deutschland unter dem BlackRock- und Trump-Follower, dem christlich lackierten Bundeskanzler Friedrich Merz, tut sich wenig an der Oberfläche.</p><ul><li>Auch im christlich-grün regierten Bundesland Nordrhein-Westfalen tut sich nichts: Hier hat Microsoft die Zusage für ein riesiges, subventioniertes Rechenzentrum im schrittweise aufgegebenen Braunkohle-Gebiet, natürlich mit dem Versprechen, in den endlosen, leeren Hallen viele neue Jobs zu schaffen. Woher die Energie kommt? Unklar.</li><li>Das christlich-freiheitlich regierte Bayern ist mit München (und seiner Leitindustrie Rüstung) schon bisher der deutsche Digital- und KI-Hotspot: Seit vielen Jahren investieren hier, staatlich gefördert, Google/Alphabet, Microsoft, Apple und OpenAI, mit Zugriff auf die Forschung an den beiden Münchener Universitäten, jetzt kommt noch Nvidia hinzu. Neue milliardenschwere Rechenzentren und Clouds sollen bis 2029 entstehen, mit Diensten für deutsche Unternehmen, die Bundeswehr, den Staat. Google will auch seine bisherigen Nebenstandorte in Hanau, Frankfurt/Main und Berlin erweitern, im hessischen Dietzenbach ein neues Daten-Center bauen. [<a href="#foot_8" name="note_8">8</a>]</li></ul><p><strong>In der hessischen Stadt Maintal: Da könnte es losgehen</strong></p><p>Amazon hat zusätzlich in Hessen das Gewerbegebiet der Stadt Maintal gekauft, will hier ein Daten-Center bauen. Der Kaufpreis, der an die bisherige Eigentümerin, die Stadt Frankfurt ging, ist geheim. Maintal hat einen ebenfalls (bisher) geheimen Vertrag mit Amazon geschlossen, zur Infrastruktur des Gewerbegebiets, also zu Leitungen, Energie, Wasser – vielleicht sogar zu „Umwelt“? Alles geheim.</p><p>Durchgezogen hat das Monika Böttcher, seit 2016 die Bürgermeisterin von Maintal: Sie ist parteilos, hat vorher bei der PR-Agentur Burson Marsteller gearbeitet, die zur größten Medienagentur der Welt gehört, der britischen WPP Group: Ihre Zentrale ist in New York, und ihr Rechts- und Steuersitz ist in St. Helier auf der britischen Kanalinsel Jersey. Da gehört Geheimhaltung zum Standardgeschäft, zugunsten der Superreichen. </p><p>Die mehrheitlichen Ratsparteien CDU, SPD, Grüne, auch die AfD, haben diesem Geheimverfahren zugestimmt, meist mit anfänglichen Vorbehalten. Es grummelt aber in Teilen der Bevölkerung. Zur baldigen Kommunalwahl im März 2026 könnte der Amazon-Deal zum Thema werden. Die Opposition im Stadtrat von Maintal, die Wahlalternative Maintal Soziale Gerechtigkeit (WAM), hat das jedenfalls vor, auch Volt könnte mitmachen. [<a href="#foot_9" name="note_9">9</a>]</p><p><small>Titelbild: IM Imagery/shutterstock.com</small></p><div class="hr_wrap"><hr /></div><div class="footnote"><p><small>[<a href="#note_1" name="foot_1">«1</a>] Pockets of resistance to data centres grow across US, Financial Times 1.12.2025</small></p><p><small>[<a href="#note_2" name="foot_2">«2</a>] <a href="https://www.energy.gov/articles/doe-announces-site-selection-ai-data-center-and-energy-infrastructure-development-federal">https://www.energy.gov/articles/doe-announces-site-selection-ai-data-center-and-energy-infrastructure-development-federal</a> 24.07.2025</small></p><p><small>[<a href="#note_3" name="foot_3">«3</a>] Werner Rügemer: Lancet-Studie: Fracking kann tödlich sein, <a href="https://www.freitag.de/autoren/werner-ruegemer/lancet-studie-fracking-kann-toedlich-sein">der Freitag</a> 23.3.2023</small></p><p><small>[<a href="#note_4" name="foot_4">«4</a>] <a href="https://www.foodandwaterwatch.org/2025/07/23/trumps-ai-plan threatens-water-energy-and-economic-security-in-america/">https://www.foodandwaterwatch.org/2025/07/23/trumps-ai-plan threatens-water-energy-and-economic-security-in-america/</a></small></p><p><small>[<a href="#note_5" name="foot_5">«5</a>] $64 billion of data center projects have been blocked of delayed amid local oppositon, <a href="https://www.datacenterwatch.org/report">https://www.datacenterwatch.org/report</a>, june 2025</small></p><p><small>[<a href="#note_6" name="foot_6">«6</a>] Why are Troup County residents saying no to a 600 MW data center in Hogansville? Georgia Public Broadcasting, <a href="https://www.gpb.org/news/2025/11/26/why-are-troup-county-residents-saying-no-600-mw-data-center-in-hogansville">https://www.gpb.org</a></small></p><p><small>[<a href="#note_7" name="foot_7">«7</a>] Shauna Blackmon: How to Resist Data Centers: A Guide For Local Communities in Europe, <a href="https://algorithmwatch.org/en/a-guide-to-data-centers/">www.algorithmwatch.org</a>, 13.11.2025</small></p><p><small>[<a href="#note_8" name="foot_8">«8</a>] Google kündigt Milliarden-Investition in Deutschland an, <a href="https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/google-investition-deutschland-klingbeil-100.html">www.tagesschau.de</a> 11.11.2025; Telekom und Nvidia planen milliardenschweres Rechenzentrum in München, <a href="https://www.datacenter-insider.de/telekom-und-nvidia-planen-milliardenschweres-rechenzentrum-in-muenchen-a-d7bb182ee3c4165dd6c97ccafc94c7c2/">https://www.datacenter-insider.de</a>, 30.10.2025</small></p><p><small>[<a href="#note_9" name="foot_9">«9</a>] <a href="https://www.wam-maintal.de">https://www.wam-maintal.de</a></small></p></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144017</span> Trumps „KI-Aktionsplan“ für die US-Digitalkonzerne, auch „nächstes Manhattan-Projekt“ genannt, ist schon jetzt gefährlich, in vielerlei Hinsicht. Auch in EU-Staaten hat der Widerstand begonnen – und in Deutschland? Von Werner Rügemer. Trumps „KI-Aktionsplan“ für die US-Digitalkonzerne, auch „nächstes Manhattan-Projekt“ genannt, ist schon jetzt gefährlich, in vielerlei Hinsicht. Auch in EU-Staaten hat der Widerstand begonnen – und in Deutschland? Von Werner Rügemer. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. „In den USA wächst der Widerstand gegen Daten-Center“, hieß es in der Financial Times AnfangWeiterlesen Redaktion NachDenkSeiten 15:55 144017 Schöne Weihnachtstage und ein friedliches und glückliches Neues Jahr … https://www.nachdenkseiten.de/?p=144129 Wed, 24 Dec 2025 09:00:35 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144129 <p>… das wünschen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der <em>NachDenkSeiten</em>. Wir wünschen Ihnen Gesundheit, wenig Sorgen und viele Menschen in Ihrer Umgebung, mit denen auszutauschen sich lohnt und Freude macht. Und wir wünschen uns, dass wir auch im kommenden Jahr Ihre Lust auf interessante Informationen und Debatten stillen können, dass wir den Nerv der Zeit</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144129">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144129</span> <p>… das wünschen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der <em>NachDenkSeiten</em>. Wir wünschen Ihnen Gesundheit, wenig Sorgen und viele Menschen in Ihrer Umgebung, mit denen auszutauschen sich lohnt und Freude macht. Und wir wünschen uns, dass wir auch im kommenden Jahr Ihre Lust auf interessante Informationen und Debatten stillen können, dass wir den Nerv der Zeit treffen und den vielen täglichen Manipulationsversuchen auf die Schliche kommen.<br /><span id="more-144129"></span><br />Vor 22 Jahren haben wir zum ersten Mal mit den <em>NachDenkSeiten</em> und mit den damaligen Leserinnen und Lesern dem Neuen Jahr entgegengesehen. Was die Überlebensfähigkeit unseres Projektes betrifft, hatten wir keine klare Vorstellung, weder eine pessimistische noch eine optimistische. Glücklicherweise wäre offensichtlich Optimismus angebracht gewesen. Das Projekt blüht und gedeiht. Das ist nicht nur unserer Arbeit zu verdanken, sondern auch dem Zuspruch und dem Interesse der NachDenkSeiten-Leserschaft. Danke, und auf ein Neues!</p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144129</span> 144129 Jacques Baud: „Meine Konten wurden eingefroren.“ https://www.nachdenkseiten.de/?p=144215 Wed, 24 Dec 2025 08:00:30 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144215 <p>Der Schweizer Ex-Militär und Autor Jacques Baud wurde kürzlich von der EU mit Sanktionen belegt – wegen angeblicher „russischer Propaganda“. Doch was steckt wirklich dahinter? Wir verweisen hier auf ein Interview, das der Verleger Markus J. Karsten mit Jacques Baud zu den Themen Meinungsfreiheit, mediale Deutungshoheit und politische Instrumentalisierung von Sanktionen geführt hat. Wer entscheidet</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144215">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144215</span> <p>Der Schweizer Ex-Militär und Autor Jacques Baud wurde kürzlich von der EU mit Sanktionen belegt – wegen angeblicher „russischer Propaganda“. Doch was steckt wirklich dahinter? Wir verweisen hier auf ein Interview, das der Verleger Markus J. Karsten mit Jacques Baud zu den Themen Meinungsfreiheit, mediale Deutungshoheit und politische Instrumentalisierung von Sanktionen geführt hat. Wer entscheidet eigentlich, was gesagt werden darf – und was nicht?<br /><span id="more-144215"></span><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/j4XOKWISS7A" frameborder="0" allowfullscreen></iframe><br />Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=j4XOKWISS7A">Westend Verlag, 23.12.2025</a></p><p>Jacques Baud hat einen Master in Ökonometrie sowie ein abgeschlossenes Nachdiplomstudium in internationaler Sicherheit und internationalen Beziehungen. Er arbeitete als für die Ostblockstaaten und den Warschauer Pakt zuständiger Analyst beim Schweizer Strategischen Nachrichtendienst und leitete die Doktrin für friedenserhaltende Operationen der Vereinten Nationen in New York. Dort war er für die Bekämpfung der Proliferation von Kleinwaffen bei der NATO zuständig und an NATO-Missionen in der Ukraine beteiligt.</p><p><small>Titelbild: Jacques Baud beim 36. Pleisweiler Gespräch / NachDenkSeiten</small></p><div class="moreLikeThis"><p><strong>Mehr zum Thema:</strong></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144135">Der Skandal um Jacques Baud: Die EU, die „Gedankenverbrechen“ und die Drohungen der Bundesregierung</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143698">Jetzt wird sogar Jacques Baud sanktioniert – Die EU bekämpft weiter die Meinungsfreiheit</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143868">Bundesregierung begrüßt EU-Sanktionierung des Schweizer Militäranalysten Jacques Baud</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=139433">EU und Bundesregierung sanktionieren deutschen Journalisten wegen kritischen Tweets zu Kanzler Merz</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=133285">Die EU-Sanktionen gegen Lipp und Röper sind ein Skandal</a></p></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144215</span> 144215 Wehrdienstgegner allein zu Haus https://www.nachdenkseiten.de/?p=144184 Tue, 23 Dec 2025 14:00:38 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144184 <p>Am 5. Dezember hatten über 55.000 Schüler in mehr als 90 Städten gegen die schrittweise Wiedereinführung der Wehrpflicht durch das sogenannte „Wehrdienstmodernisierungsgesetz“ gestreikt. Selbst die <a href="https://www.bbc.com/news/articles/ckg9drg8pg1o"><em>BBC</em></a> und <a href="https://www.politico.eu/article/germany-youths-protest-military-service-reform/"><em>Politico</em></a> berichteten darüber. Genützt hat es nichts: Am 5. Dezember 2025 verabschiedete der Bundestag Boris Pistorius’ Gesetz über ein neues Wehrdienstmodell. Am 19. Dezember 2025 stimmte</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144184">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144184</span> <p>Am 5. Dezember hatten über 55.000 Schüler in mehr als 90 Städten gegen die schrittweise Wiedereinführung der Wehrpflicht durch das sogenannte „Wehrdienstmodernisierungsgesetz“ gestreikt. Selbst die <a href="https://www.bbc.com/news/articles/ckg9drg8pg1o"><em>BBC</em></a> und <a href="https://www.politico.eu/article/germany-youths-protest-military-service-reform/"><em>Politico</em></a> berichteten darüber. Genützt hat es nichts: Am 5. Dezember 2025 verabschiedete der Bundestag Boris Pistorius’ Gesetz über ein neues Wehrdienstmodell. Am 19. Dezember 2025 stimmte der Bundesrat ebenfalls zu. Haben die Demonstrationen und der Streik der Schüler also nichts gebracht? Und warum haben die Grünen diese Bundesrat-Entscheidung nicht verhindert, obwohl das möglich gewesen wäre? Ein Artikel von <strong>Maike Gosch</strong>.</p><p><em>Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.</em><br /><span id="more-144184"></span><br /></p><p>Oft wird als Argument aufgeführt: Es geht ja gar nicht um eine neue Wehrpflicht, sondern nur um einen freiwilligen Wehrdienst. „Sinnstiftend, attraktiv, digital“, wie das Bundesministerium in bester Werbermanier <a href="https://www.bmvg.de/de/neuer-wehrdienst">schreibt</a>. Aber den meisten ist klar, dass es sich hierbei um einen ersten Schritt hin zu einer Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht handelt, die aktuell politisch noch nicht durchsetzbar ist. Was die jungen Leute ab dem 1. Januar 2026 erwartet, hatten die <em>NachDenkSeiten</em> <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=142673">hier</a> geschildert:</p><blockquote><p>„<em>In einem ersten Umsetzungsschritt werden künftig alle 18-Jährigen einen Fragebogen von der Bundeswehr erhalten, begonnen wird mit dem Jahrgang 2008. Mit der Einigung wird zunächst weiter auf Freiwilligkeit gesetzt, um mehr Rekruten für die Bundeswehr zu gewinnen. Falls aber die Personalziele verfehlt werden, soll der Bundestag über die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht entscheiden, um junge Männer auch zwangsweise zum Wehrdienst einberufen zu können.“</em></p></blockquote><p>Am 19.12.2025, einem Freitagnachmittag vor Weihnachten, in einem der letzten Tagesordnungspunkte, erteilte der Bundesrat dann dem Wehrdienstmodernisierungsgesetz die Zustimmung. Der Zeitpunkt war sicher nicht zufällig gewählt. Besser hätte man kaum eine öffentliche Debatte über diese Entscheidung erschweren können. Der Plan ging auch auf: Kaum Berichterstattung, kaum Kritik, aber das Gesetz wird bereits zum 1. Januar 2026 wirksam. Wenn wir alle wieder aus der Feiertagspause auftauchen, werden die Fragebögen an die jungen Männer in unserem Land schon verschickt. So werden Fakten geschaffen.</p><p>Sahra Wagenknecht (BSW) kommentierte die Entscheidung <a href="https://www.facebook.com/sahra.wagenknecht/photos/die-gr%C3%BCnen-h%C3%A4tten-das-wehrdienstgesetz-im-bundesrat-noch-stoppen-k%C3%B6nnen-doch-ihr/1407692680714070/">auf <em>Facebook</em></a> folgendermaßen:</p><blockquote><p>„<em>Die Grünen hätten das Wehrdienstgesetz im Bundesrat noch stoppen können. Doch ihre Landesregierungen haben dem Vorhaben von CDU/CSU und SPD zugestimmt. Obwohl sie im Bundestag noch dagegen votierten und laut Parteitagsbeschluss einen verpflichtenden Wehrdienst ablehnen. Wirklich überraschend ist das jedoch nicht, schließlich sind die Grünen längst von der einstigen Friedenspartei zu den größten Kriegsbefürwortern mutiert.“</em></p></blockquote><p>Trotz ihrer immer noch oft behaupteten friedenspolitischen Programmatik haben die Grünen in ihren Landesregierungen dem Gesetz im Bundesrat zugestimmt, soweit es sich ermitteln lässt.</p><p>Es ist erstaunlich schwierig, das genaue Abstimmungsverhalten der Landesregierungen im Bundesrat zu recherchieren – man muss dazu auf den jeweiligen <a href="https://www.bundesrat.de/DE/plenum/abstimmung/abstimmung-node.html">Seiten der Landesregierungen</a> nach verlinkten PDFs suchen. Anders als bei Bundestags-Abstimmungen gibt es keine zentrale Übersicht über das Abstimmungsverhalten. Die Grünen sind aktuell in 8 Bundesländern Teil von Regierungskoalitionen: Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen.</p><p>Bremen hat sich – allerdings nur aufgrund der Haltung von die Linke – <a href="https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/bundesrat-wehrpflicht-bremen-100.html">enthalten</a>, ebenso Brandenburg, <a href="https://www.sueddeutsche.de/politik/wehrdienstgesetz-brandenburg-hat-sich-zum-wehrdienst-im-bundesrat-enthalten-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-251219-930-444876">dank des BSW</a>, Mecklenburg-Vorpommern (dank der Linken) und Thüringen <a href="https://thueringen.de/fileadmin/user_upload/Landesregierung/Landesvertretung-in-Berlin/1060._BR_-_Abstimmungsverhalten-TH__19.12._.pdf">(wegen BSW)</a>.</p><p>Trotz Grüner Regierungsbeteiligungen haben die Landesregierungen von <a href="https://stm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-stm/intern/dateien/lv_berlin/Abstimmungsverhalten_Bundesrat/2025/Abstimmungsverhalten_BW_1060._BR_191225.pdf">Baden-Württemberg</a>, <a href="https://www.hamburg.de/resource/blob/1130096/f3e68315a55f2ad4c23d9bc0af338f3a/abstimmungsverhalten-1060-bundesrat-data.pdf">Hamburg</a> und <a href="https://mbeim.nrw/1060-sitzung-des-bundesrates-abstimmverhalten-des-landes-nordrhein-westfalen">Nordrhein-Westfalen</a> dem Gesetz zugestimmt. Für Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine öffentlich zugänglichen Angaben zum konkreten Abstimmungsverhalten im Bundesrat auffindbar. Es gibt aber keinerlei Hinweise oder Erklärungen dafür, dass die Grünen dort auf eine Enthaltung gedrängt haben und diese Länder sich bei der Entscheidung enthalten haben.</p><p>Jede Landesregierung stimmt im Bundesrat als Einheit ab; eine Enthaltung ist das übliche Mittel, wenn es innerhalb der Koalition keine gemeinsame Linie gibt. Dass die Grünen dies in ihren Landesregierungen nicht forcierten, ist bemerkenswert – sie hätten das Gesetz inhaltlich ablehnen können. Das wollten sie aber offensichtlich nicht.</p><p>Warum haben die Grünen in den Regierungskoalitionen der Länder nicht, wie das BSW und die Linke, auf eine solche Enthaltung gedrängt, obwohl die Grünen im Bundestag noch am 5.12.2025 dem Gesetz widersprochen hatten? Dazu konnte ich trotz ausführlicher Recherche, auch auf den Social-Media-Kanälen, keine Erklärung oder Aussage der Grünen auf Landesebene in den entsprechenden Bundesländern finden. Stattdessen wurden <a href="https://www.instagram.com/p/DSaFWnoDBXu/?img_index=1">Weihnachtsplaylisten</a> gepostet.</p><p>Aber es überrascht nicht wirklich. Auf dem letzten Bundesparteitag hatten die Grünen sich bereits für eine verpflichtende Musterung aller jungen Männer <a href="https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/gruene-parteitag-nahost-100.html">ausgesprochen</a>. Der Co-Chef der Grünen Jugend hatte dort zwar gewarnt, „eine verpflichtende Musterung ist nichts anderes als ein erster Schritt hin zu einer Wehrpflicht durch die Hintertür“. Mit dieser Position konnte sich die Grüne Jugend aber auf dem Parteitag nicht durchsetzen. Die Grünen haben also tatsächlich nichts mehr gegen diese schrittweise Wiedereinführung des Wehrdienstes. Sie lehnen zwar formell noch die Einführung einer Wehrpflicht ab, aber gehen bei dieser schrittweisen Einführung mit. Sie sehen die Bedrohungslage nämlich ähnlich wie die Regierungskoalition und halten diese Entwicklung daher für „alternativlos“. Man könnte es das Ende der Grünen als Friedenspartei nennen. Die Transformation, die mit Joschka Fischers Rede zum NATO-Einsatz im Kosovo im Mai 1999 begann, scheint damit vollendet.</p><p>Und unsere Schüler und jungen Menschen im Land? „Wehrdienstgegner allein zu Haus“ ist mehr als eine ironische Weihnachtsanspielung. Wie Kevin im Film lassen wir gerade die Jugend in diesem Land viel zu sehr allein. Schüler streiken, protestieren, äußern Angst, Zweifel und Widerspruch – doch Politik und große Teile der Öffentlichkeit sehen weg oder haben sich von den sicherheitspolitischen Narrativen über Bündnistreue und Abschreckungslogik einfangen lassen. Die jungen Leute, die sich der Militarisierung widersetzen, müssen sehen, wie sie alleine klarkommen. Ohne Schutz, ohne ernsthafte Debatte, ohne einflussreiche politische Fürsprecher. Während die Generation der Entscheider uns einredet, das alles sei alternativlos, lernen die Jüngeren gerade, dass sie im Zweifel allein sind. Allein zu Haus. Und gezwungen, sich selbst zu verteidigen – politisch, moralisch und vielleicht bald auch ganz konkret.</p><p>Da sollten wir über die Feiertage mal drüber nachdenken.</p><p><small>Titelbild: <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Home_Alone_-_panoramio.jpg">halfuur / wikicommons</a> – <a href="https://creativecommons.org/licenses/by/3.0">CC BY 3.0</a></small><br />– </p><div class="moreLikeThis"><strong>Mehr zum Thema:</strong></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143778">Wehrpflicht morgen im Bundesrat: Fallen Grüne und LINKE (mal wieder) um?</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=142673">Schulstreiks gegen Wehrpflicht: Kommen jetzt die „Fridays for Frieden“?</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=142555">Die Wehrpflicht – ein Relikt aus dem 20. Jahrhundert</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=138283">„Zunächst freiwillig“: Auf den neuen Wehrdienst wird die neue Wehrpflicht folgen</a></div><p><img loading="lazy" decoding="async" src="https://vg09.met.vgwort.de/na/e487ec3459c144239269770302e58912" width="1" height="1" alt=""></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144184</span> Am 5. Dezember hatten über 55.000 Schüler in mehr als 90 Städten gegen die schrittweise Wiedereinführung der Wehrpflicht durch das sogenannte „Wehrdienstmodernisierungsgesetz“ gestreikt. Selbst die BBC und Politico berichteten darüber. Am 5. Dezember hatten über 55.000 Schüler in mehr als 90 Städten gegen die schrittweise Wiedereinführung der Wehrpflicht durch das sogenannte „Wehrdienstmodernisierungsgesetz“ gestreikt. Selbst die BBC und Politico berichteten darüber. Genützt hat es nichts: Am 5. Dezember 2025 verabschiedete der Bundestag Boris Pistorius’ Gesetz über ein neues Wehrdienstmodell. Am 19. Dezember 2025 stimmteWeiterlesen Redaktion NachDenkSeiten 7:53 144184 Wie viel Lobby-Einfluss steckt in der „Frühstart-Rente“ der Bundesregierung für Kinder ab 6 Jahren? https://www.nachdenkseiten.de/?p=144165 Tue, 23 Dec 2025 12:00:01 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144165 <p>Die Bundesregierung stellte in der Bundespressekonferenz das Eckpunktepapier „zur Ausgestaltung und Umsetzung der Frühstart-Rente“ vor. Ziel dieser Gesetzes-Initiative sei es laut Regierungssprecher Stefan Kornelius, „Kinder und Jugendliche früh mit den Chancen des Kapitalmarkts“ sowie dem Thema „Altersvorsorge und Kapitalanlage“ vertraut zu machen. Das besagte Eckpunktepapier sieht vor, dass Kinder ab Jahrgang 2020 ab dem sechsten</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144165">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144165</span> <p>Die Bundesregierung stellte in der Bundespressekonferenz das Eckpunktepapier „zur Ausgestaltung und Umsetzung der Frühstart-Rente“ vor. Ziel dieser Gesetzes-Initiative sei es laut Regierungssprecher Stefan Kornelius, „Kinder und Jugendliche früh mit den Chancen des Kapitalmarkts“ sowie dem Thema „Altersvorsorge und Kapitalanlage“ vertraut zu machen. Das besagte Eckpunktepapier sieht vor, dass Kinder ab Jahrgang 2020 ab dem sechsten Lebensjahr „eine staatliche Förderung in Höhe von monatlich zehn Euro für ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot“ erhalten. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund unter anderem wissen, wieviel Lobbyeinfluss von privaten Akteuren in dem Gesetzentwurf steckt. Von <strong>Florian Warweg</strong>.</p><p><em>Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.</em><br /><span id="more-144165"></span><br /></p><p><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/tGJ3cKbUQ30" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>Hintergrund</strong></p><p>Ab Januar 2027 will die Bundesregierung für jedes Kind ab Geburtsjahrgang 2020 monatlich zehn Euro in ein privates Depot überweisen. Insgesamt bis zu 1.440 Euro pro Kind, angelegt in Aktienfonds oder Ähnlichem, steuerfrei während der Ansparphase, Auszahlung erst mit Renteneintritt. Die Förderung läuft über 12 Jahre, sodass pro Kind bis zu 1.440 Euro staatliche Zuschüsse zusammenkommen. Ziel ist es laut <a href="https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2025/12/2025-12-17-private-altersvorsorge.html">Darstellung</a> der Bundesregierung, eine breite Teilhabe an der Kapitalmarkt-Rendite zu ermöglichen und so die Rentenlücke in einer alternden Gesellschaft zu schließen. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil sieht darin einen „wichtigen Schritt für die Rente in Deutschland“. Die geplanten Kosten belaufen sich auf rund eine Milliarde Euro jährlich, finanziert aus dem Bundeshaushalt. </p><p><strong>Kritikpunkte</strong></p><p>Das Konzept stößt auf erhebliche Kritik. So bezeichnet beispielsweise der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Frühstart-Rente als „ineffektiv und teuer“. Mit nur 10 Euro monatlich ergebe sich nach 12 Jahren ein Betrag von 1.440 Euro, der bei moderater Rendite kaum ausreiche, um Altersarmut zu bekämpfen. Stattdessen warnt der DGB vor einem „Rententrick“: Die Maßnahme stabilisiere das Rentenniveau auf dem Papier bei 48 Prozent, verberge aber reale Kürzungen und sei sozial ungerecht. Zudem kritisiert der DGB, dass die Förderung nicht an die gesetzliche Rente anknüpfe und stattdessen auf riskante Kapitalmärkte setze. </p><p>DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel <a href="https://table.media/ceo/news/dgb-kritisiert-fruehstart-rente">erklärte</a> diesbezüglich:</p><blockquote><p>„Mit zehn Euro Monatsbeitrag entstehen nach 60 Jahren gerade einmal real 30 Euro Rente – ein teures Modell, das vor allem Finanzdienstleistern nützt und allenfalls einen verschwindenden Beitrag zur Altersvorsorge leistet.“ </p></blockquote><p>Statt solcher Symbolpolitik brauche es echte Reformen – darunter die Einbeziehung von Selbstständigen ohne Ausnahmen, eine konsequente Stärkung der gesetzlichen Rente und einen klaren Fokus auf soziale Gerechtigkeit.</p><p>Auch das als arbeitgebernah geltende ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München schlägt in eine ähnliche Kerbe. <a href="https://www.ifo.de/standpunkt/2025-09-30/irrweg-fruehstartrente">Kritisiert</a> wird unter anderem „der Aufbau erheblicher zusätzlicher Bürokratie“, um die Anspruchsberechtigten zu identifizieren und die Zahlungen abzuwickeln, die genannten Kosten von mehr als einer Milliarde Euro („die man besser einsetzen könnte“) sowie das von der Bundesregierung angewandte Gießkannenprinzip, welches dazu führt, dass „nicht nur Kinder hilfsbedürftiger Familien, sondern Millionen von Jugendlichen, deren Eltern hinreichend hohe Einkommen haben und das Geld nicht brauchen“ von der staatlichen Subventionierung profitieren. </p><p>Reiner Heyse, Sprecher der Initiative „RentenZukunft“, warnt in einem Beitrag bei <em>Makroskop</em> unter dem Titel „<a href="https://makroskop.eu/45-2025/reformgesetz-zur-altersvorsorge-nun-spekuliert-mal-schon/">Reformgesetz zur Altersvorsorge: Nun spekuliert mal schön</a>“ vor weiteren Risiken in diesem Zusammenhang. Um zu illustrieren, wie verantwortungslos es sei, die Altersversorgung den Risiken der Finanzmärkte auszusetzen, führt er Presseberichte der letzten Monate an:</p><ul><li>Das Versorgungswerk der Berliner Zahnärztekammer (VZB) verlor bis zu 1,4 Milliarden Euro, etwa die Hälfte ihres gesamten Anlagekapitals, durch Spekulationen vor allem mit Immobilienprojekten, berichtet das Fachmagazin für institutionelle Investoren.</li><li>Die Bayrische Versorgungskammer (BVK – 3 Millionen Versicherte) verzockte auf dem US-Immobilienmarkt 700 Millionen Euro.</li><li>Das Versorgungswerk der Ärztekammer Schleswig-Holsteins (VAESH) verlor von 2022 bis 2024 satte 64 Millionen Euro.</li><li>Das Versorgungswerk der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holsteins (KVSH) muss 2025 36 Millionen Euro abschreiben.</li><li>Bereits im März vermeldete die Regionalpresse Verluste bei den Versorgungswerken der Apotheker und der Zahnärzte von jeweils über 50 Millionen Euro.</li><li>Der bereits in Sachen Riester-Fondsverträgen aufgefallene und vom BGH zurückgepfiffene ALLIANZ Konzern, musste 2023 kräftige Strafgelder für Spekulationsverluste zahlen. Die ALLIANZ Global Investors hatte sich in den USA mit Pensionsfondsgeldern unter anderem der Lehrer in Arkansas und der Transportarbeiter New Yorks verzockt. Die Klage der Gewerkschaften endete mit einem Vergleich: Die ALLIANZ muss 5 Milliarden Dollar als Schadensersatz zahlen plus 860 Millionen Dollar an die US-Staatskasse.</li><li>Der schwedische Pensionsfonds Alecta verwaltet große Anteile der hierzulande als vorbildlich gepriesenen gesetzlichen Prämienrente. Die Alecta hatte in die Pleite gegangene Silicon Valley Bank und in zwei weitere kriselnde Banken investiert. Wertverlust für den Pensionsfonds: 1,7 Milliarden Euro.</li></ul><p><strong>Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 17. Dezember 2025</strong></p><p><strong>Regierungssprecher Kornelius:</strong></p><p>(…) Jetzt komme ich zum Eckpunktepapier zur Ausgestaltung und Umsetzung der Frühstart-Rente. Sie wissen, dass die Frühstart-Rente im Prinzip beschlossen wurde. Hier kommen jetzt die Eckpunkte und die Ausgestaltung. Die Frühstart-Rente fördert Kinder und Jugendliche, macht sie früh mit den Chancen des Kapitalmarkts vertraut und stellt ihnen das Startkapital für eine private Altersvorsorge zur Verfügung. Das Eckpunktepapier sieht vor, dass Kinder ab dem Jahrgang 2020 ab dem sechsten Lebensjahr eine staatliche Förderung in Höhe von monatlich zehn Euro – das ist die Frühstart-Rentenprämie – erhalten. Diese Frühstart-Rente schafft sowohl für Kinder als auch für Eltern einen konkreten Anlass, sich frühzeitig mit dem Thema „Altersvorsorge und Kapitalanlage“ zu beschäftigen. Die Frühstart-Rentenprämie wird ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot sein. Dort wird sie eingezahlt. Das Depot kann mit eigenen Zahlungen aufgestockt werden. Bei Volljährigkeit wird ein unkomplizierter Anschluss an die steuerlich geförderte private Altersvorsorge sichergestellt. Bis zum Beginn der Auszahlungsphase, also bis zum Renteneintritt, bleiben die Erträge steuerfrei.</p><p>Dieses Eckpunktepapier, das heute verabschiedet wurde, dient als Grundlage für den Gesetzentwurf der Frühstart-Rente, der im Jahr 2026 beschlossen werden soll. Ziel ist es, dass das Gesetz rückwirkend zum 1. Januar 2026 in Kraft treten kann.</p><p><strong>Frage Jung</strong></p><p>Wie viel Zusatzrente gibt es denn nach 60 Jahren? ‑ Ich bin jetzt auf dem Stand, dass jedes Kind oder jeder jugendliche Mensch 10 Euro monatlich vom Staat bekommt. Was ergibt das dann am Ende?</p><p><strong>Kornelius</strong></p><p>Ich habe jetzt keine Modellrechnung da. Das hängt ja auch von der Investitionsform ab und von dem Modell, das man dann wählt. Ich vermute, das kann man so pauschal nicht sagen.</p><p><strong>Dr. Wetter (BMF)</strong></p><p>Genau, das Gesetzgebungsverfahren ist noch ausstehend. Das Eckpunktepapier wurde heute beschlossen, in dem vorgesehen ist, dass jedes Kind zwischen 6 und 18 Jahren 10 Euro monatlich dazubekommt. Wie das später genau ausgestaltet wird, hängt natürlich von vielen Punkten ab ‑ einmal, wie das Geld angelegt wird, aber natürlich auch, wie allgemeine Entwicklungen sind. Dafür bleibt das Gesetzgebungsverfahren abzuwarten.</p><p><strong>Zusatzfrage Jung</strong></p><p>Mein Stand ist, dass es auch um die Schließung der Versorgungslücke geht. Ich hatte jetzt gelesen, dass am Ende 30 Euro mehr nach 60 Jahren herauskommen sollen. Da frage ich mich, was das mit der Schließung einer Versorgungslücke zu tun hat oder wie das helfen soll.</p><p><strong>Dr. Wetter (BMF)</strong></p><p>Ich kenne die Rechnung leider nicht, die Sie gerade vorgetragen haben. Ich weiß nicht, auf welcher Basis das berechnet wurde, weil es natürlich auch eine Frage ist, welche Rendite da zugrunde gelegt wurde. Aber ein Schritt ist sozusagen, für alle Kinder früh eine Basis für die private Altersvorsorge zu schaffen. Die kann dann ‑ das hat Herr Kornelius vorhin auch gesagt ‑ nahtlos an die jetzt heute vorgelegte Reform der privaten Altersvorsorge mit 18 Jahren anschließen. Dann bleibt es natürlich abzuwarten.</p><p>Ein weiterer wichtiger Punkt für die Frühstart-Rente ist auch, bereits jungen Menschen finanzielle Bildung näherzubringen.</p><p><strong>Frage Warweg</strong></p><p>Können Sie noch einmal kurz ausführen, mit welcher Begründung man das Startdatum bei der Generation ab 2020 gesetzt hat und man die vorhergehenden Generationen, die ja ebenfalls noch Kinder sind, bisher völlig unberücksichtigt lässt, selbst wenn man sich diese Logik der privaten Altersvorsorge verinnerlicht?</p><p><strong>Dr. Wetter (BMF)</strong></p><p>Genau. Wie heute im Eckpunktepapier dargestellt ‑ ich glaube, Herr Kornelius hat es auch schon vorgetragen ‑, ist dann Ziel des Gesetzgebungsverfahrens, dass rückwirkend zum 1. Januar oder für 2026 die Frühstart-Rente mit der Kohorte 2020 eingeführt wird. Wie im Koalitionsbeschluss schon beschlossen, wird geschaut, ob ab 2029 weitere, ältere Kohorten hinzugefügt werden können. Der Grund, warum man mit der Kohorte 2020 startet, ist einfach, dass dann ein langes Ansparintervall vorhanden ist. Bis zum Alter von 18 Jahren sind es dann zwölf Jahre, in denen angespart wird.</p><p><strong>Kornelius</strong></p><p>Ich möchte hinzufügen, dass im Koalitionsausschuss am 10. Dezember beschlossen wurde, ab 2029 zusätzliche Jahrgänge, die bis dahin keine Prämie erhalten haben, in die Frühstart-Rente einzubeziehen. Das wird dann finanziert als Dividenden eines Aktienpaketes aus Beteiligung des Bundes.</p><p><strong>Zusatzfrage Warweg</strong></p><p>Dazu hätte ich noch eine Verständnisfrage. Jetzt gibt es ja mehrere Gesetzgebungsverfahren, entweder Krankenhausreform oder damals auch Bologna-Reform, bei denen es ziemlich viel privaten Lobbyeinfluss gab, der sich auch entsprechend niedergeschlagen hat, zum Beispiel der Bertelsmann Stiftung bei der Bologna-Reform.</p><p>Herr Kornelius, können Sie das grob prozentual umschreiben, wie viel Lobbyinput in diesem aktuellen Gesetzgebungsverfahren drinsteckt, etwa von privaten Anbietern der privaten Altersvorsorge?</p><p><strong>Kornelius</strong></p><p>Ich glaube, es wäre sträflich verkürzt, wenn wir das hier als ein Lobbygesetz bezeichnen würden, sondern es ist ein Gesetz, das den Bedürfnissen der Altersversorgung in der Bundesrepublik entgegenkommt. Sie haben hier in den letzten Monaten eine sehr intensive Debatte erlebt, über die Alterssicherung einer Generation, die jetzt in einer starken Forderung steht, nämlich die Rentenzeiten der sogenannten Boomer-Generation zu finanzieren. Wir bemühen uns um eine umfassende Rentenreform. All die Beiträge, die ich eben verkündet habe und die auch in den letzten Wochen aufs Gleis gesetzt wurden, tragen dazu bei, dass es eine umfassende neue Form der Alterssicherung gibt. Insofern ist das ein politisches Vorhaben, das im Interesse der Koalitionsparteien ‑ ich vermute einmal, auch stark darüber hinaus ‑ und des breiten, breiten Spektrums der Bevölkerung steht.</p><p><small>Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 17.12.2025</small></p><div class="moreLikeThis"><p><strong>Mehr zum Thema:</strong></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143491">Rentenstreit – Debattieren in postfaktischen Zeiten</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=126965">„Rentenkürzungen für Hochrüstung“ – ja sind wir jetzt vollkommen durchgedreht?</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=119608">Denkfehler: Die Aktienrente ist demografiefest</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=112046">Alle Jahre wieder: „Der demographische Wandel bedroht die Rente. Ein Kapitalstock muss her.“</a></p></div><p><img loading="lazy" decoding="async" src="https://vg04.met.vgwort.de/na/d3bfb8610e55452fa2cbee2cbd37036f" width="1" height="1" alt="" /></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144165</span> Die Bundesregierung stellte in der Bundespressekonferenz das Eckpunktepapier „zur Ausgestaltung und Umsetzung der Frühstart-Rente“ vor. Ziel dieser Gesetzes-Initiative sei es laut Regierungssprecher Stefan Kornelius, Die Bundesregierung stellte in der Bundespressekonferenz das Eckpunktepapier „zur Ausgestaltung und Umsetzung der Frühstart-Rente“ vor. Ziel dieser Gesetzes-Initiative sei es laut Regierungssprecher Stefan Kornelius, „Kinder und Jugendliche früh mit den Chancen des Kapitalmarkts“ sowie dem Thema „Altersvorsorge und Kapitalanlage“ vertraut zu machen. Das besagte Eckpunktepapier sieht vor, dass Kinder ab Jahrgang 2020 ab dem sechstenWeiterlesen Redaktion NachDenkSeiten 15:44 144165 Ernstfall Deutschland – Geopolitische Neuausrichtung zwischen Weltmächten und nationalen Interessen https://www.nachdenkseiten.de/?p=144138 Tue, 23 Dec 2025 11:00:28 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144138 <p>Während die Berliner Politik ihren Kurs der militärischen Eskalation starrsinnig fortsetzt, wächst der Bedarf an einer radikalen Kurskorrektur. Im Berliner Kulturzentrum Peter Edel sezierten <strong>Brigadegeneral a. D. Erich Vad</strong> und <strong>Politikwissenschaftler Alexander Neu</strong> vor wenigen Tagen das deutsche Dilemma: Eine Strategie, die den Interessenausgleich verweigert, die eigene Industrie für eine rüstungspolitische „Milchmädchenrechnung“ opfert und Deutschland</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144138">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144138</span> <p>Während die Berliner Politik ihren Kurs der militärischen Eskalation starrsinnig fortsetzt, wächst der Bedarf an einer radikalen Kurskorrektur. Im Berliner Kulturzentrum Peter Edel sezierten <strong>Brigadegeneral a. D. Erich Vad</strong> und <strong>Politikwissenschaftler Alexander Neu</strong> vor wenigen Tagen das deutsche Dilemma: Eine Strategie, die den Interessenausgleich verweigert, die eigene Industrie für eine rüstungspolitische „Milchmädchenrechnung“ opfert und Deutschland zum bloßen Statisten der Weltmächte degradiert. <strong>Éva Péli</strong> berichtet über die Veranstaltung.<br /><span id="more-144138"></span></p><blockquote><p>„Kriege brechen nicht aus. Sie werden gemacht, sie werden vorbereitet, sie werden geplant. Sie sind das Ergebnis eines eklatanten Scheiterns der Politik. Ich sage das als ehemaliger Soldat und als General: Kriege sind kein gerechtfertigtes Mittel der Politik – und trotzdem ereignen sie sich, weil eine Politik vorherrscht, die den Interessenausgleich verweigert.“</p></blockquote><p>Das sagte Brigadegeneral a. D. Erich Vad in Berlin bei einer Veranstaltung.</p><p>Fast zeitgleich zum Treffen von Wolodymyr Selenskyj mit einer US-Delegation in Berlin-Mitte kamen am Montagabend im Kulturzentrum Peter Edel zwei Experten zusammen, um über eine Realität zu sprechen, die im Kanzleramt geflissentlich ignoriert wird. Unter dem Titel „Krieg oder Frieden“ – angelehnt an das aktuelle Buch von Erich Vad und Klaus von Dohnanyi – debattierten Brigadegeneral a. D. Erich Vad, ehemals militärpolitischer Berater von Angela Merkel, und Dr. Alexander Neu, langjähriger Obmann im Verteidigungsausschuss des Bundestages. Beide kennen den Apparat von innen und suchten den direkten Dialog mit dem Publikum.</p><p>Die Bilanz fiel bitter aus. Die Realität hat die Berliner Blase längst überholt, auch wenn sich die hiesige Medienlandschaft weiterhin in transatlantischen Träumereien verliert. In der Ukraine-Frage ist die Bundesrepublik vom gestaltenden Akteur zum Statisten geschrumpft. Während man im Kanzleramt noch über die Lieferung einzelner Waffensysteme streitet, verhandeln Washington und Moskau längst über die Köpfe der Europäer hinweg. In der globalen Machtarithmetik erscheint Berlin kaum mehr als der Schauplatz, an dem man den Großen den Kaffee serviert.</p><p><strong>Die neue Weltordnung und die deutsche Doppelmoral</strong></p><p>Vad und Neu legten den Fokus auf den Umbruch der Weltordnung. Die Ära der unangefochtenen US-Hegemonie ist Geschichte; die Welt wandelt sich zur Bipolarität zwischen Washington und Peking, während die BRICS-Staaten als neuer Block erstarken. In diesem Machtkampf droht Deutschland zum bloßen „Transmissionsriemen“ für US-Interessen zu werden, ohne jemals eigene strategische Ziele definiert zu haben.</p><p>Besonders hellhörig macht Vads Beobachtung zum Globalen Süden. Dort verfolge man das westliche Handeln mit wachsendem Befremden: „Aus anderen Regionen dieser Welt blickt man mit Befremden auf die deutsche Doppelmoral.“ Der russische Angriffskrieg sei völkerrechtswidrig, ja – doch Vad setzte dies in Relation zur historischen Realität. Er verwies auf Studien der Boston University, wonach die USA allein im Kalten Krieg 66 Regime-Change-Operationen durchführten. Im Vergleich zur oft hocheffektiven Steuerung US-amerikanischer Interessen – man denke an Venezuela – seien die Russen, als „echte Anfänger“, in Kiew strategisch regelrecht „ins Messer gelaufen“.</p><p><strong>Der „28-Punkte-Plan“ und das Berliner Schweigen</strong></p><p>Frieden, so Vad, sei kein passiver Zustand, sondern ein „aktives politisches Gestaltungsprodukt“. Er thematisierte, was in den Leitmedien konsequent verschwiegen wird: Seit Donald Trumps Wahlsieg glühen die Leitungen zwischen dem Weißen Haus, dem Kreml und den Geheimdiensten. Ein „28-Punkte-Plan“ liege auf dem Tisch, der weit über einen Waffenstillstand hinausreicht und einen wirtschaftlichen Neustart zwischen den USA und Russland vorsieht.</p><p>Das Paradoxe: Diese Verhandlungen vollziehen sich teils physisch in Berlin oder anderen Orten – doch die deutsche Regierung sitzt nicht mit am Tisch. Bundeskanzler Friedrich Merz fungiere lediglich als „Gastgeber“, als eine Art Hotelier für die Delegationen von Steve Witkoff und Jared Kushner. Die eigene Gestaltungsmacht ist in diesem Prozess nicht vorgesehen.</p><p><strong>Die Ära Merkel und die ökonomische „Milchmädchenrechnung“</strong></p><p>Vad rehabilitierte die Amtszeit von Angela Merkel gegen die derzeitige mediale Umdeutung. Vor allem den NATO-Gipfel in Bukarest 2008 bezeichnete er als Schlüsselmoment. Merkel verhinderte damals gegen massiven US-Druck den NATO-Beitritt der Ukraine. „Sie sah damals schon glasklar, dass dies eine dunkelrote Linie für Russland darstellt und unweigerlich zum Krieg führen würde“, sagte Vad. Dieser Realismus habe Deutschland 16 Jahre lang vor einem großen Krieg bewahrt.</p><p>Heute herrsche stattdessen ökonomische Blindheit. Die Idee, Deutschland könne sich durch massives Aufrüsten wirtschaftlich sanieren, nannte der General a. D. eine gefährliche „Milchmädchenrechnung“:</p><blockquote><p>„Wir sind nicht Amerika. In den USA mag es funktionieren, die Industrie durch Rüstung aufzupumpen, um dann irgendwo in Übersee Kriege zu führen. In Deutschland rechnet sich das in keiner Weise. Wenn wir hier die Wirtschaft auf Kriegsökonomie umstellen, ereignet sich der Krieg direkt vor der eigenen Haustür. Das ist kein wirtschaftlicher Impuls, das ist der Weg in den Kollaps.“</p></blockquote><p>Kapital in unproduktiven Rüstungsgütern zu binden, schwäche die zivile Innovationskraft und dekonstruiere den Industriestandort langfristig.</p><p><strong>Wer bedroht uns eigentlich?</strong></p><p>In der Diskussion konfrontierte der Journalist Tilo Gräser vom Magazin Hintergrund Vad mit einer Frage, die im politischen Betrieb meist übersprungen wird: „Wer bedroht Deutschland eigentlich ganz konkret?“ Vads Antwort war deutlich: Er sieht aktuell keine unmittelbare Bedrohung durch Russland. Entgegen der medialen Warnrufe gebe es keine Anzeichen für einen geplanten Angriff auf die NATO.</p><p>Er erinnerte an seine Dienstzeit im Kalten Krieg: Damals bereitete sich die Bundesrepublik professionell vor, verzichtete aber auf die heutige Rhetorik des Hasses und starre Feindbilder. Militärische Stärke sei für ihn kein Selbstzweck, sondern eine notwendige Versicherung für den Frieden: „Eine Armee, die im Ernstfall nicht kriegstüchtig ist, ist abzuschaffen.“</p><p><strong>Wehrpflicht und die Logik des Absurden</strong></p><p>Auch die Debatte um die Wehrpflicht sieht Vad als Symptom strategischer Orientierungslosigkeit.</p><p><strong>1. Vom Hindukusch zum Dnepr:</strong> Vad kritisierte die Entkernung der Landesverteidigung: „Peter Struck <em>(ehemaliger Bundesminister für Verteidigung)</em> hat gesagt, Deutschlands Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt. […] Und heute habe ich den Eindruck, in Zukunft muss sie am Dnepr verteidigt werden.“ Wer Soldaten für weltweite Einsätze einplant statt für den Schutz des eigenen Landes, dürfe sich über mangelnden Zuspruch nicht wundern: <em>„Dann dürfen wir uns auch über keine Mutter wundern, wenn sie ihre Söhne nicht zur Bundeswehr schicken.“</em></p><p><strong>2. Das Personal-Dilemma:</strong> Besonders die Kritik an der Doppelmoral bezüglich der Ukraine sorgte für Applaus im Saal: <em>„Wir haben fast 300.000 wehrfähige Ukrainer aufgenommen, geben ihnen Bürgergeld […] und reden gleichzeitig über die Entsendung deutscher Soldaten in die Ukraine. Ich halte das für abenteuerlich.“</em></p><p><strong>3. Generation Z:</strong> Alexander Neu hinterfragte, wie eine Armee in einer Ära der „Über-Individualisierung“ überhaupt noch zu organisieren sei, wenn der Kollektivgedanke politisch wegerodiert wurde. Der ehemalige Berufssoldat betonte, eine Gesellschaft, die sich in digitaler Zerstreuung verliere, tue sich schwer, die harte Realität militärischer Notwendigkeiten überhaupt noch intellektuell zu greifen.</p><p><strong>Psychogramm einer Nation: Untertanengeist und Medienkritik</strong></p><p>Warum gibt es so wenig Widerspruch von Fachleuten, wollte jemand aus dem Publikum wissen. Die Antwort von Vad war ernüchternd: „Ich weiß von früheren Kollegen: Ich sehe das so wie du, aber wenn ich das sage, verliere ich meinen Job.“ Er zeichnete das Psychogramm einer Nation, die in alte Muster zurückfällt:</p><blockquote><p>„Ich sehe sehr viel Konformismus in Deutschland. Sehr viel Duckmäusertum. Sehr viel Untertanen-Mentalität. […] Die Bereitschaft: Guck mal nach oben, wo ist der Trend – und dann wird das durchexerziert.“</p></blockquote><p><strong>Haltungsjournalismus und Waffen-Segen</strong></p><p>Vad beklagte das Verschwinden jeglicher „geistiger Vielfalt“ im Land. Während sexuelle Diversität fast schon rituell gefeiert werde, ende die Toleranz beim strategischen Denken abrupt. Als Beispiel nannte er die mediale „Hinrichtung“ von Politikern wie Viktor Orbán, der als einziger versucht habe, durch Reisen in alle relevanten Hauptstädte zu vermitteln. Alexander Neu pflichtete ihm bei und konstatierte eine Fehlentwicklung des Handwerks hin zu einem reinen „Haltungsjournalismus“. Selbst die Kirche blieb vor Vads Kritik nicht verschont: Er geißelte die neue Friedensdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) als gefährliche „Neuauflage des gerechten Krieges“ – bis zur Segnung von Waffen für die Front fehle bei manchen Kirchentagen nicht mehr viel.</p><p><strong>Diplomatie als Ernstfall</strong></p><p>Wahre Stärke zeigt sich nicht in der Vorbereitung des Krieges, sondern in seiner Verhinderung. Vad forderte den Ausbruch aus der „Logik des Militärischen“, die das Denken in Berlin wie Mehltau lähme. Er erinnerte an Konrad Adenauer, der 1955 die Größe besaß, nach Moskau zu reisen. Diese Tradition der Realpolitik sei heute zertrümmert. Vads Fazit ist ein Appell:</p><blockquote><p>„Wir müssen uns wieder bemühen, den anderen zu verstehen. […] Verständnis bedeutet ja nicht, dass ich dieses Handeln akzeptiere. Aber wer die Bereitschaft verliert, sich in das Gegenüber hineinzuversetzen, darf sich nicht wundern, wenn er diplomatisch endgültig aus der Kurve fliegt.“</p></blockquote><p>Deutschland müsse seine Interessen endlich wieder selbst definieren. Eine Politik, die das eigene Land leichtfertig aufs Spiel setzt, versage. Berlin lade ein, aber Washington und Moskau bestellen das Menü. Es ist für den Ex-General Zeit, dass Deutschland wieder am Tisch Platz nimmt, „statt nur den Kaffee zu servieren“.</p><p><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/luUuKzfyQOU?si=wB2KEkG8q4klI4_F" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe></p><p><em><strong>Brigadegeneral a. D. Erich Vad</strong><br />War von 2006 bis 2013 der militärpolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Kanzleramt. Er gilt als Vertreter des „strategischen Realismus“ und mahnt beharrlich zur diplomatischen Lösung.</em></p><p><em><strong>Dr. Alexander Neu</strong><br />Osteuropa-Experte und Politikwissenschaftler. Er war langjähriger Abgeordneter im Deutschen Bundestag und Obmann im Verteidigungsausschuss. Sein Fokus liegt auf der Analyse der NATO-Expansion und der Transformation hin zu einer multipolaren Weltordnung.</em></p><p><small>Titelbild: Tilo Gräser</small></p><p><img loading="lazy" decoding="async" src="https://vg09.met.vgwort.de/na/ed753718087f49a6be93508b450c346b" width="1" height="1" alt="" /></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144138</span> 144138 Eine friedliche Welt – Aufgeklärter Realismus das Friedenskonzept des 21. Jahrhunderts? https://www.nachdenkseiten.de/?p=144145 Tue, 23 Dec 2025 10:00:37 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144145 <p>Unter dem Begriff „Realismus“ wird auf eine politikwissenschaftliche Denkschule, die insbesondere von Hans Joachim Morgenthau und John H. Hertz geprägt wurde und gegenwärtig prominent von John Mearsheimer vertreten wird, verwiesen. Die Prämisse der Denkschule ist die Macht bzw. die Akkumulation der Macht durch Staaten. Hierzu gehört auch die zutiefst „realistische“ Aussage, wonach Staaten keine Freunde</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144145">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144145</span> <p>Unter dem Begriff „Realismus“ wird auf eine politikwissenschaftliche Denkschule, die insbesondere von Hans Joachim Morgenthau und John H. Hertz geprägt wurde und gegenwärtig prominent von John Mearsheimer vertreten wird, verwiesen. Die Prämisse der Denkschule ist die Macht bzw. die Akkumulation der Macht durch Staaten. Hierzu gehört auch die zutiefst „realistische“ Aussage, wonach Staaten keine Freunde hätten, sondern Interessen. Von <strong>Alexander Neu</strong>.<br /><span id="more-144145"></span><br />Das Adjektiv „aufgeklärt“ verbinde ich stets mit Immanuel Kants Aussage „Sapere aude!“ („Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“) Sie stellt den Leitsatz der Aufklärung dar: Kant unterstellt den Menschen eine selbstverschuldete Unmündigkeit – selbstverschuldet, da sie zwar über einen Verstand verfügen, diesen jedoch nicht zur selbstständigen Analyse von Wirklichkeit nutzen und vor allem mit der menschlichen Vernunft bewerten, sondern stattdessen metaphysischem Denken wie der Religion oder auch der Propaganda unreflektiert hinterlaufen. Die menschliche Bequemlichkeit, neudeutsch Denkfaulheit, reduziert den Menschen selbstverschuldet zum willfährigen Objekt fremder Interessen.</p><p>Der „aufgeklärte Realismus“ hingegen fordert den Menschen auf, selbst zu denken, also den Verstand zu nutzen, um Wirklichkeit zu reflektieren und mit Hilfe der Vernunft gute Entscheidungen an der Realität entlang zu treffen.</p><p><strong>Weltpolitische Umbrüche im 21. Jahrhundert und die zeitverzögerte Rezeption durch die westlichen Eliten</strong></p><p>Dass die Welt sich in einem umfassenden Epochenbruch befindet, dringt zwischenzeitlich, wenn auch zeitverzögert, im politischen und massenmedialen Berlin und Brüssel allmählich durch und sorgt dort für erhebliche Verunsicherungen und Fehlentscheidungen. Gegenüber ihrer Öffentlichkeit versuchen manche Mainstreammedien und Vertreter der politischen Klasse, diesen Epochenbruch offiziell nicht ernst zu nehmen oder ihn zumindest als Thema zu tabuisieren (Negation des Verstandes), geschweige denn über die richtigen Antworten zu diskutieren (Negation der Vernunft).</p><p>Auch die Tabuisierung des Ukrainekrieges in seiner zweiten Dimension, nämlich des Stellvertreterkrieges zwischen dem politischen Westen einerseits und Russland sowie mit Duldung des Nicht-Westens andererseits verweist auf den Willen, den Epochenbruch immer noch nicht – zumindest gegenüber der Öffentlichkeit – zu konzedieren. Der Öffentlichkeit wird der Ukrainekrieg nach wie vor als ein kontextfreies und regionales Ereignis, ein allein auf imperiale Interessen Russlands reduziertes Verständnis, verkauft. Dass es eine Vorgeschichte mit Blick auf die vernunftwidrige NATO-Osterweiterung gibt, ist eine Seite des Kontextes. Aber mehr noch, der Ukrainekrieg ist auch ein Baustein des globalen Epochenwandels – der Nahe und Mittlere Osten, der Westpazifik-Raum und Lateinamerika sind weitere Schauplätze dieses Wandels.</p><p><strong>Wandel als Gefahr statt als Chance – Feindbildkonstruktion und Aufrüstung</strong></p><p>Die massiven Aufrüstungsvorhaben der EU und auch Deutschlands finden nicht statt, weil die Entscheidungseliten tatsächlich glauben, der Russe stehe demnächst am Brandenburger Tor. Die Panikmache seitens der Politik und Mainstreammedien, wonach der Russe bald in unseren Wohnzimmern aufschlägt, soll vielmehr die Öffentlichkeit mental auf Kurs bringen, eine geistige Kriegstüchtigkeit befördern und damit auch ihre Bereitschaft erhöhen, die sozialen Zumutungen der Aufrüstung zu schlucken sowie den Zusammenhalt der EU sichern. Nicht anders sind die Panikaussagen des NATO-Generealsekretärs Mark Rutte in einer Rede am 11. Dezember 2025 in Berlin zu verstehen: <em>„Wir sind Russlands nächstes Ziel, und wir sind bereits in Gefahr. (…) Dafür müssen wir uns über die Bedrohung völlig im Klaren sein.“ Der Krieg könnte „von einem Ausmaß sein, wie es unsere Großeltern und Urgroßeltern erlebt haben“.</em></p><p>Jede faktenbasierte Analyse muss zu dem Schluss kommen, dass die russische Armee nicht über die konventionellen Fähigkeiten einschließlich der Personalstärke verfügt, EU-Europa bzw. die europäischen NATO-Staaten im klassischen Sinne erfolgreich zu überfallen und großräumige Flächen dauerhaft zu okkupieren.</p><p><strong>Exkurs</strong></p><p>Wohl aber liegen die Gefahren militärischer Eskalationen sehr deutlich in der Luft: der Ostseeraum, die Republik Moldau und der Schwarzmeerraum. Hier sind klassische Truppenmassierungen und -bewegungen in sehr begrenzten Räumen wie der Suwalki-Lücke (Raum zwischen den NATO-Mitgliedsstaaten Litauen und Polen, der die russische Exklave Kaliningrad von Weißrussland und Russland trennt) nicht auszuschließen. Auch sind maritime Schlagabtausche im Ostseeraum (Kaperungen von Schiffen der sogenannten „Schattenflotte“ Russlands durch NATO- bzw. EU-Staaten – was es bereits gegeben hat – oder eine Seeblockade der russischen Städte St. Petersburg und Kaliningrad, gekoppelt mit einer Landblockade der Exklave Kaliningrad) mittlerweile denkbar (<a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=140239">hier</a> und <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=140348">hier</a>) – wer auch immer den berühmten ersten Schuss abgibt.</p><p>Bei einer weiteren Eskalation ist angesichts der signifikanten Unterlegenheit der russischen Fähigkeiten im klassisch-konventionellen Bereich eher mit dem Einsatz von weitreichenden Distanzwaffen (zunächst konventionelle, bei zunehmender Eskalation gegebenenfalls mit nuklearen Sprengköpfen ausgestattete Hyperschallwaffensysteme) zwecks Zerstörung militärischer, politischer und ziviler Hochwertziele zu rechnen. So empfehlen es die beiden russischen Sicherheitsexperten Dmitri Trenin und Sergej Karaganow in ihrem Werk mit dem Titel <em>„Von der passiven zur aktiven Abschreckung“</em> aus dem Jahre 2024 dem Kreml.</p><p>Ob die russische Führung derweil überhaupt die Absicht hegt, Europa anzugreifen, sei dahingestellt. Jedenfalls dementierten sowohl der russische Präsident wie auch sein Außenminister jüngst derartige Absichten und boten stattdessen an, eine gegenseitige Nichtangriffsgarantie vertraglich zu fixieren. Dieses Angebot wurde seitens der westlichen Staaten bislang nicht aufgegriffen. Das ist mehr als bedauerlich, wenn man bedenkt, dass Europa am Rande eines großen Krieges steht.</p><p><strong>Exkurs Ende</strong></p><p>Die Feindbildkonstruktion und in dieser Logik notwendige Aufrüstung EU-Europas obliegen meiner Meinung nach zwei Gründen, einem externen und einem internen:</p><p><em>Extern</em> wird die multipolare Weltordnung nicht als Chance für einen globalen Neuanfang auf Augenhöhe, sondern vielmehr als Gefahr für die eigene traditionelle, jedoch bereits massiv schwindende Globaldominanz verstanden, der man mit allen – auch militärischen – Mitteln gegenübertreten müsse. Mehr noch: In EU-Europa scheint man richtigerweise zu ahnen, dass mit der Herausbildung einer multipolaren Weltordnung noch nicht ausgemacht ist, ob EU-Europa selbst einen Pol darstellen wird; oder ob die EU-Integration diesen globalen Neuordnungsprozess überhaupt überleben wird, womit der interne Grund deutlich wird:</p><p><em>Intern</em> sollen Feinbildkonstruktion – als neue Erzählung – und Aufrüstung als Kitt für den Zusammenhalt EU-Europas dienen, denn die ursprüngliche Erzählung der europäischen Integration als Friedensprojekt und Hort des Wohlstands verliert angesichts der neuen Realitäten an Bindekraft.</p><p>Beide Gründe haben rein gar nichts mit einem aufgeklärten Realismus zu tun, sondern sind vielmehr Ausdruck eines ideologisch getriebenen Aktionismus.</p><p><strong>Multipolarität – Stabilität im völkerrechtlichen Sinne?</strong></p><blockquote><p>„(…) da ihr so gut wißt wie wir, daß im menschlichen Verhältnis Recht gilt bei Gleichheit der Kräfte, doch das Mögliche der Überlegene durchsetzt, der Schwache hinnimmt.“ (Thukydides: „Geschichte des Peloponnesischen Krieges“)</p></blockquote><p>Dieser von Thukydides, einem Zeitzeugen des Peloponnesischen Krieges während der griechischen Antike, formulierte Satz offenbart, wie wenig die Menschheit sich doch unter dem zivilisatorischen Gesichtspunkt weiterentwickelt hat. Auch die kurze Epoche der unipolaren Weltordnung hat nicht zu einem beispielhaften Leuchtturmverhalten des Westens und zu einer von ihm unterstützten internationalen Rechtsstaatlichkeit geführt, sondern vielmehr blanke Macht- und Interessenpolitik – rhetorisch in einem Wertemäntelchen gepackt – offenbart.</p><p>Der aus den Denkschulen des Idealismus erwachsene zivilisatorische Gedanke, sich auch ohne Druck rechtskonform zu verhalten, einen Beitrag durch vorbildliches Verhalten zu leisten, die Staatenwelt rechtsstaatlich zu strukturieren, unterlag dem primitiven realpolitischen Machtinstinkt, in der Stunde der Gunst das Faustrecht wirken zu lassen, um sich maximale Vorteile zu verschaffen. Ein aufgeklärter Realismus hingegen hätte langfristig und strategisch gedacht. Unter dem primitiven Realismus wurde die unipolare Weltordnung zum Grabe des Völkerrechts und der UNO. Der praktizierte Rechtsnihilismus hat einen Namen: Die „regelbasierte internationale Ordnung“ – sie ist eine direkte Absage an das konsensuale Völkerrecht und die internationale Rechtsstaatlichkeit.</p><p>Die Frage ist nun: Wenn das unipolare System, geführt von einem primitiven Realismus, als vertikales/hierarchisches Machtsystem diametral zum auf Ausgleich und auf Augenhöhe stehenden UNO-Völkerrecht („souveräne Gleichheit“ gem. Art. 2 Abs. 1 UN-Charta) steht, kann eine bi- oder multipolare Weltordnung zu einem anderen Ergebnis führen?</p><p>Ein Rückblick in die europäische Geschichte der letzten 200 Jahre erlaubt zumindest eine Tendenzaussage:</p><ul><li>Der Wiener Kongress 1815 in Folge der Napoleonischen Kriege: Es wurde ein Mächtegleichgewicht (Europäisches Mächtekonzert, also eine multipolare Ordnung) in Europa vereinbart. Dieses schuf für über 50 Jahre, je nach Betrachtung auch für fast 100 Jahre eine relative Stabilität auf dem Kontinent. Diese Ordnung basierte auf einer relativen Ausgewogenheit der Machtpotenziale ihrer fünf Staaten – Preußen, Österreich, Russland, Frankreich und Großbritannien.</li><li>Die Phase der bipolaren Weltordnung 1945 bis 1990: Die militärische Macht beider Blöcke zwang sie zu erhöhter, wenn auch nicht absoluter Disziplin, die internationalen Rechtsnormen, wenn vielleicht nicht aus tiefer Rechtsüberzeugung, so doch aus Furcht vor der Vergeltung des anderen Blocks, weitgehend zu respektieren. Der NATO-Angriffskrieg auf Jugoslawien wäre unter den Bedingungen des Kalten Krieges mit hoher Wahrscheinlichkeit nur um den Preis eines Weltkrieges möglich gewesen. Der Vietnamkrieg hingegen war weit weg von Europa, die US-amerikanischen Rechtsbrüche in Südostasien waren zwar offensichtlich; aber Vietnam hatte für die UdSSR nicht den Stellenwert, einen Stellvertreterkrieg zu einem Weltkrieg eskalieren zu lassen.</li></ul><p>Die politische Macht – sich primär speisend aus ökonomischen und militärischen Potenzialen – ist letztlich der entscheidende Faktor für oder gegen die Disziplin, Recht zu respektieren.</p><p>Diese Macht ist es, die im Zweifelsfall die Respektierung des Rechts erzwingt und nicht der „gute Glaube“ („bona fide“) an das Einhalten von Verpflichtungen oder Versprechungen, wie beispielsweise die Nichterweiterung der NATO gegenüber einem an Macht schwindenden Akteur wie der UdSSR bzw. Russland.</p><p>Eine bi- oder multipolare Weltordnung ist keine Garantie für ein Wiedererstarken, für eine Blüte des modernen Völkerrechts, für eine internationale Rechtsstaatlichkeit und damit einhergehend für den „Ewigen Frieden“ in Anlehnung an Kant. Die Wahrscheinlichkeit, multilateral getroffene Entscheidungen und Regeln einzuhalten, ist angesichts einer oder mehrerer sich ausgleichender Gegenmächte wahrscheinlicher als in einer unipolaren Weltordnung. Diese Erkenntnis gilt heute so wie vor 2.500 Jahren in der griechischen Antike unter Thukydides.</p><p>Der aufgeklärte Realismus für eine friedliche Welt bedeutet:</p><ol><li>Den Begriff des „Realismus“ im Sinne der politikwissenschaftlichen Denkschule zu verstehen. Das heißt, dass Macht und ihre Akkumulation durch Staaten eine Realität sind und dass eine Einhegung derselben nicht durch nette Worte gelingt, sondern durch Gegenmacht (Bi- oder Multipolarität). Zwar handelt es sich damit nicht um einen paradiesischen Friedenszustand, nicht um einen Frieden seiner selbst willen, sondern um einen aufgedrückten Frieden angesichts der Machtverhältnisse. Genau dieses Verständnis unterscheidet den aufgeklärten Realismus vom primitiven Realismus sowie vom naiven Idealismus. Die friedliche Koexistenz der Staaten ist sodann die Mindestanforderung für Stabilität und Frieden.</li><li>Die weltpolitische Zäsur, den Umbruch nicht als Gefahr zu verstehen, gegen die man aufrüsten und Krieg führen müsse, sondern als Chance, an der sich unabweislich neu formierenden Weltordnung vernunftgeleitet und aus ureigenstem Interesse gleichberechtigt mitzuwirken, statt die Forderungen nach Selbstbestimmungsrecht, Souveränität und Interaktion auf Augenhöhe anderer Völker und Staaten als Angriff auf „unsere Lebensweise“ zu behaupten.</li></ol><p><small>Titelbild: Natalya Bardushka / Shutterstock</small><br /><img loading="lazy" decoding="async" src="https://vg08.met.vgwort.de/na/17f1870a7a624b4b9a7cf7d7d6a47ad0" width="1" height="1" alt="" /></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144145</span> 144145 „Putin ist kein neuer Hitler“ – O-Töne zur „Ukraine-Woche“ in Europa https://www.nachdenkseiten.de/?p=144125 Tue, 23 Dec 2025 09:00:21 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144125 <p>Die vergangene Woche war eine „Ukraine-Woche“ in Europa. Zunächst in Berlin, dann in Brüssel diskutierten die Top-Vertreter der EU und der NATO, wie man Kiew in den nächsten Jahren unterstützen soll – militärisch und finanziell. Das kühne Projekt von Friedrich Merz und Ursula von der Leyen, die in Europa blockierten russischen Vermögenswerte direkt für die</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144125">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144125</span> <p>Die vergangene Woche war eine „Ukraine-Woche“ in Europa. Zunächst in Berlin, dann in Brüssel diskutierten die Top-Vertreter der EU und der NATO, wie man Kiew in den nächsten Jahren unterstützen soll – militärisch und finanziell. Das kühne Projekt von Friedrich Merz und Ursula von der Leyen, die in Europa blockierten russischen Vermögenswerte direkt für die Finanzierung Kiews zu nutzen, scheiterte allerdings. Nun mehren sich Anzeichen für eine noch tiefere Spaltung Europas in Bezug auf die weitere Ukraine-Politik. Eine neue Folge der O-Töne. Von <strong>Valeri Schiller</strong>.<br /><span id="more-144125"></span><br /><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/9K6PWjfHxfw" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>Bundeskanzler Friedrich Merz am 18. Dezember 2025</strong></p><p>„Ich möchte, dass wir die eingefrorenen russischen Vermögenswerte dafür nutzen. Ich sehe keine bessere Option als genau die. Mein Eindruck ist, dass wir zu einem Ergebnis kommen können. Ich verstehe die Bedenken, die es bei einigen Mitgliedsstaaten gibt, vor allen Dingen bei der belgischen Regierung, aber ich hoffe, dass wir sie gemeinsam ausräumen können.“</p><p>(Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=LentlABNhvY">WELT Netzreporter</a>, ab Minute 0:46)</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban am 18. Dezember 2025</strong></p><p>„Ich will die EU nicht im Krieg sehen, Geld geben bedeutet Krieg. Da sind zwei Kriegsparteien, Russland und die Ukraine. Und jemand in der EU will der russischen Kriegspartei das Geld wegnehmen und einem anderen geben. Das ist der Marsch in den Krieg. Der belgische Premier hat recht, wir sollten es nicht tun.“</p><p>(Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=LentlABNhvY">WELT Netzreporter</a>, ab Minute 1:52)</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>Russlands Präsident Wladimir Putin am 19. Dezember 2025</strong></p><p>„Diebstahl ist eine heimliche Entwendung von Eigentum. In unserem Fall versucht man es aber, offen zu machen. Es ist ein Raub. Aber warum funktioniert es nicht, diesen Raub zu begehen? Weil die Folgen für Räuber schwerwiegend sein können. (…)<br />Das ist nicht nur ein Schlag gegen das Image, es untergräbt auch das Vertrauen in die Eurozone, weil viele Länder, nicht nur Russland, ihre Goldreserven in der Eurozone aufbewahren, sondern auch solche, die freie Ressourcen haben. Vor allem sind es natürlich ölproduzierende Länder (…)<br />Daher kann es neben den Imageverlusten auch direkte Verluste geben, die mit den fundamentalen Grundlagen der modernen finanziellen Weltordnung verbunden sind.“(Quelle: DRM News https://www.youtube.com/watch?v=jsgG2EmByA8, ab Minute 55:41 und ab Minute 57:23 und ab Minute 58:44)<br />EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 19. Dezember 2025</p><p>„Die Mitgliedsstaaten haben sich darauf geeinigt, die Ukraine mit einem Kredit zu finanzieren, den die EU in Höhe von 90 Milliarden Euro für die nächsten zwei Jahre auf den Kapitalmärkten aufnimmt. Sehr wichtig dabei: Die Ukraine muss dieses Darlehen erst zurückzahlen, wenn es Reparationszahlungen erhält.“</p><p>(Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=f1Cn-t0d-2o">Tagesschau</a>, ab Minute 1:02)</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter am 20. Dezember 2025</strong></p><p>„Und für Selenskyj – der ja eigentlich derjenige ist, der unterstützt werden muss – und seine Bevölkerung ist es erst einmal Gewissheit, dass in den nächsten zwei Jahren 90 Milliarden Euro fließen. Trotzdem ist es weit hinter den Möglichkeiten. Und Friedrich Merz weiß jetzt, wie die Linien in der EU laufen: dass eben Italien und Frankreich nicht hinter der klaren Unterstützung der Ukraine stehen, dass die Angst vor Russland größer ist als die Angst vor einem Zerfall der Ukraine.“</p><p>(Quelle: <a href="https://x.com/rkiesewetter/status/2002429775797796936?s=51&t=3mNcACpxh4x_s3AC9gArsg">@RKiesewetter</a>)</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann am 18. Dezember 2025</strong></p><p>„Und deswegen kämpfe ich auch dafür, dass die Assets freigegeben werden, die russischen, um der Ukraine auch wirtschaftlich zu helfen. Ich kämpfe dafür, dass es auch Waffen weiterhin gibt, um die Stellungen auf russischem Boden, nur militärisch, neutralisiert werden, damit das Bombardement auf die Ukraine endlich aufhört. Und ich hoffe, dass die Europäer auch einen eigenen Friedensplan zusammen mit der Ukraine auf den Tisch legen.“</p><p>(Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?app=desktop&si=r-0hoHUMFzlgnW1K&v=bTe6QLE3-HI&feature=youtu.be">Ronzheimer und BILD Podcasts</a>, ab Minute 49:30)</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>Politikwissenschaftler Johannes Varwick am 18. Dezember 2025</strong></p><p>„Putin ist ein unangenehmer autoritärer Herrscher, vielleicht sogar ein aggressiver Diktator, keine Frage. Aber er ist kein neuer Hitler, der die ganze Welt in Brand setzen will, sondern Russland hat berechenbare Interessen. Und auf dieser Basis – das sehen übrigens auch die Amerikaner so – ist ein Interessenausgleich mit Russland möglich.“</p><p>(Quelle: <a href="https://www.youtube.com/watch?app=desktop&si=r-0hoHUMFzlgnW1K&v=bTe6QLE3-HI&feature=youtu.be">Ronzheimer und BILD Podcasts</a>, ab Minute 42:58)</p><div class="hr_wrap"><hr /></div><p><strong>Publizist und Philosoph Richard David Precht am 18. Dezember 2025</strong></p><p>„Das haben wir seit drei Jahren, dass wir uns immer in eine Situation reinträumen, dass jetzt wird Putin aber reagieren, wenn wir Putin unter Druck setzen. Und das wir inzwischen begriffen haben: Das ist, wie wenn man Al Capone einen Drohbrief schreibt. Das führt zu einer Trotzreaktion. Und jetzt müssen wir mal dazusagen: Was würde den deutschen Steuerzahler die Entscheidung von heute Abend kosten? Es gibt über einhundert Milliarden Vermögenswerte der deutschen Wirtschaft, die in Russland geparkt sind. Die sind am nächsten Tag nach dieser Entscheidung Pfutsch.“</p><p>(Quelle: <a href="https://www.zdf.de/play/talk/maybrit-illner-128/maybrit-illner-vom-18-dezember-2025-100">ZDF</a>, ab Minute 56:18)</p><p><small>Titelbild: Screenshots WELT Netzreporter, DRM News, Tagesschau, <a href="https://x.com/RKiesewetter">x.com/RKiesewetter</a>, Ronzheimer und BILD Podcasts, ZDF</small></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144125</span> 144125 Der Skandal um Jacques Baud: Die EU, die „Gedankenverbrechen“ und die Drohungen der Bundesregierung https://www.nachdenkseiten.de/?p=144135 Tue, 23 Dec 2025 08:00:01 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144135 <p>Die EU-Sanktionen gegen den Schweizer Ex-Militär und Buchautor Jacques Baud sind ebenso skandalös wie die Reaktionen der Bundesregierung darauf. Und beides kann einen starken Effekt der Einschüchterung auf Andersdenkende entfalten. Eine kleine Hoffnung bleibt: Hat die EU im Fall Jacques Baud ihr Blatt überreizt, entwickelt sich der Vorgang also zum politischen Bumerang? Ein Kommentar von</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144135">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144135</span> <p>Die EU-Sanktionen gegen den Schweizer Ex-Militär und Buchautor Jacques Baud sind ebenso skandalös wie die Reaktionen der Bundesregierung darauf. Und beides kann einen starken Effekt der Einschüchterung auf Andersdenkende entfalten. Eine kleine Hoffnung bleibt: Hat die EU im Fall Jacques Baud ihr Blatt überreizt, entwickelt sich der Vorgang also zum politischen Bumerang? Ein Kommentar von <strong>Tobias Riegel</strong>.</p><p><em>Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.</em><br /><span id="more-144135"></span><br /></p><p>Der EU-Rat für Auswärtige Angelegenheiten hat mit seinem <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=OJ:L_202502572">Beschluss vom 15. Dezember</a> den Schweizer Ex-Militär und Buchautor Jacques Baud mit Sanktionen belegt, die unter anderem seine Konten sperren und seine Reisefreiheit beenden. Vorwurf: Verbreitung „russischer Propaganda“. Auf den Fall Baud sind die <em>NachDenkSeiten</em> bereits in <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143698">diesem Artikel</a> und in <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143868">diesem Artikel</a> eingegangen.</p><p><strong>„Bestrafe Einen, erziehe Hundert“</strong> </p><p>Wurde mit der Sanktionierung von Baud nun das Blatt durch die EU überreizt? Schließlich ist der Schweizer Ex-Militär und Geheimdienstmann Jacques Baud ein renommierter und für seine seriösen politischen Analysen geachteter Autor. Ihn zu sanktionieren, könnte langfristig zum politischen Bumerang werden, weil der Fall auch bisher duldsamen Bürgern klarmachen könnte, wohin die Reise mit dieser EU geht. Denn anders als zum Beispiel bei Opfern der EU-Sanktionen wie <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=133285">Thomas Röper und Alina Lipp</a> oder dem <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=139433">Journalisten Hüseyin Doğru</a>, die bereits vor diesem Schritt erfolgreich als „umstritten“ markiert und diffamiert worden waren, ist das bei Baud wohl nicht ganz so einfach: Um seine Person könnte sich ein etwas breiteres Band der Unterstützung bilden.</p><p>Andererseits: Die entsetzten Reaktionen von vielen Seiten waren im Fall Baud vorauszusehen, das spricht wiederum für einen kalkulierten und vorsätzlichen Akt der Einschüchterung durch die EU, der weit über die Person Baud hinausreicht: Bestrafe Einen, erziehe Hundert – und je geachteter dieser Eine (noch) ist, umso größer die Wirkung. Nach dem Motto: Wenn wir damit durchkommen, den Bestsellerautor Baud zu sanktionieren, dann können wir ab jetzt auch vielen anderen Andersdenkenden die Gelder sperren und die Reisefreiheit wegnehmen. Ohne die drangsalierten Kollegen geringschätzen zu wollen, ist darum der Vorgang um Baud in meinen Augen noch mehr Schlüsselmoment als die Sanktionierung von Röper, Lipp und Doğru. </p><p><strong>Die „falsche“ Meinung</strong></p><p>Die Tragweite solcher Sanktionen wegen „falschen“ Meinungen ist immens: Die EU führt hier indirekt den Tatbestand des „Gedankenverbrechens“ ein. Und dieser Tatbestand wird dann nicht einmal vor einem Gericht verhandelt, sondern einfach so verkündet, ohne den „Delinquenten“ auch nur anzuhören. Dieser Abgrund an Rechtlosigkeit und Willkür macht einen schwindelig. Die Dreistigkeit der Umsetzung und die aggressive Verteidigung der inakzeptablen Sanktionen macht sprachlos. Das Schlimme ist, dass der Effekt der Einschüchterung massiv ist und das Vorgehen der EU insofern als erfolgreich zu bezeichnen ist. </p><p>Die Solidarität mit Baud in den großen deutschen Medien ist so gut wie nicht vorhanden – man stelle sich das emotionale Feuerwerk vor, das sie abbrennen würden, wenn Baud ein Bürger wäre, dem Russland die Konten sperrt. Dieses Verhalten ist erwartungsgemäß, darum aber nicht weniger bedauerlich: Die Solidarität in solchen Fällen sollte sich über inhaltliche Differenzen hinwegsetzen – übrigens auch aus Egoismus: Man könnte sonst der Nächste sein, der wegen einer „falschen“ Meinung ohne Konto und Reisefreiheit dasteht. </p><p><strong>„Ein rechtsstaatlicher Albtraum“</strong> </p><p>Solidarität mit Jaques Baud gibt es trotzdem von vielen Seiten. Der BSW-Politiker Andrej Hunko <a href="https://x.com/AndrejHunko/status/2002834155856355385">schreibt auf <em>X</em></a>, warum darin auch eine Chance liegen könnte:</p><blockquote><p>„Es geht dabei nicht nur um Jacques Baud, sondern um die #Meinungsfreiheit aller Bürger, um die Freiheit auch andere Einschätzungen etwa zum #Ukrainekrieg äußern zu dürfen, als es die Bundesregierung oder die EU tut. Es gibt aktuell mit der weltweiten Solidaritätswelle für Jacques Baud die Chance, diesen zivilisatorischen Verfall zu stoppen.“</p></blockquote><p>Den Akt, Baud mit Sanktionen zu belegen, bezeichnet Hunko als „Rückfall in vordemokratische Zeiten“. Baud werde behandelt „so wie einst Personen, die einem Herrscher nicht passten, per Federstrich für ‚vogelfrei’ erklärt werden konnten und damit ihre Bürgerrechte verloren“. Die Bundesregierung habe angekündigt, demnächst weitere Publizisten auf diese Liste setzen zu wollen, die aus ihrer Sicht „#Desinformation“ verbreiten würden. Deshalb sei es so wichtig, jetzt diesen Rückfall hinter elementare rechtsstaatliche Errungenschaften zu stoppen.</p><p>Ein Interview der <em>Weltwoche</em> mit Jacques Baud findet sich <a href="https://www.youtube.com/watch?v=eX8aAU3HvLM">unter diesem Link</a>. Ein kürzlich erstelltes Rechtsgutachten zu EU-Sanktionen findet sich <a href="https://bsw-ep.eu/wp-content/uploads/Rechtsgutachten_Sanktionen_gegen_natuerliche_Personen_BSW_von_der_Schulenburg_Firmenich.pdf">unter diesem Link</a>. Ein Gespräch unter dem Schlagwort „Rechtsstaat in der EU am Ende – Jetzt kann es jeden treffen!“ zwischen Pascal Lottaz und dem BSW-Politiker Michael von der Schulenburg findet sich <a href="https://www.youtube.com/watch?v=EjPqSSpOUqU">unter diesem Link</a>. Laut <a href="https://multipolar-magazin.de/meldungen/0361"><em>Multipolar</em></a> wurden zahlreiche weitere Politikwissenschaftler und Journalisten wegen Kritik an NATO-Erweiterung in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, propalästinensischen Positionen oder „Fehlinformationen“ zu Corona nun mit EU-Sanktionen belegt. Der EU-Politiker Martin Sonneborn hat sich <a href="https://www.youtube.com/watch?v=jD-3wLfOib8">in diesem Beitrag</a> gewohnt bissig und treffend zum Vorgang um Jacques Baud geäußert: </p><blockquote><p>„Ein rechtsstaatlicher Albtraum. Die Willkürverfügung eines nichtstaatlichen Gebildes – getroffen hinter willkürlich verschlossenen Türen, gestützt auf willkürlich geheimgehaltenes Raisonnement und erlassen von dem gesichts-, namen- und niveaulosen Willkürapparat, der die EU einhundertundzehn Jahre nach Kafkas ‹Der Prozess› geworden ist.“</p></blockquote><p><strong>BPK: unverhohlene Drohungen</strong> </p><p>Eine weitere Facette ist der empörende Umgang der Sprecher der Bundesregierung mit dem Vorgang, den Florian Warweg <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143868">in diesem Artikel</a> dokumentiert hat. So erklärte der Sprecher des Auswärtigen Amtes zur Frage, „was passiert, wenn man ‚Desinformation‘ verbreitet“: Es sei in früheren Diskussionen „klar geworden“, dass Menschen, die „so etwas tun“, sanktioniert werden könnten, wenn die rechtlichen Gründe dafür vorlägen und es eine entsprechende Entscheidung des Rats der Europäischen Union gebe. Der Sprecher fährt dann geradezu auftrumpfend fort:</p><blockquote><p>„Das ist an diesem Montag geschehen, das wird auch weiterhin geschehen, das ist in der Vergangenheit geschehen, und alle, die auf diesem Feld unterwegs sind, müssen damit rechnen, dass es auch ihnen passieren kann.“ </p></blockquote><p>So, so: Regierungskritiker, die inhaltlich auf dem falschen Feld „unterwegs sind“ müssen also nun „damit rechnen, dass es auch ihnen passieren kann“. Eine unverhohlene Drohung, auf die man anscheinend auch noch stolz ist: Der Sprecher versucht nicht einmal, die Verantwortung für die Sanktionen gegen Baud auf Brüssel abzuwälzen.</p><p><strong>Mission erfüllt: Bürger sind eingeschüchtert</strong></p><p>Zu der zunehmend auf höchster EU- und Bundesebene entfalteten Einschüchterung von Andersdenkenden passt es, dass <a href="https://www.welt.de/politik/deutschland/plus693bf5b5840050c476910ded/meinungsfreiheit-die-furcht-vieler-deutscher-sich-frei-zu-aeussern.html?cachebuster=true">eine Umfrage in Deutschland kürzlich (einmal mehr) festgestellt hat</a>, dass die Mehrheit der Bürger hierzulande inzwischen Angst hat, öffentlich ihre Meinung zu sagen.</p><p>Die Förderung dieser Selbstzensur ist wohl eines der Motive des „beispielhaften“ Vorgehens gegen Jacques Baud.</p><p><small>Titelbild: Jacques Baud beim 36. Pleisweiler Gespräch / NachDenkSeiten</small></p><div class="moreLikeThis"><p><strong>Mehr zum Thema:</strong></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143698">Jetzt wird sogar Jacques Baud sanktioniert – Die EU bekämpft weiter die Meinungsfreiheit</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=143868">Bundesregierung begrüßt EU-Sanktionierung des Schweizer Militäranalysten Jacques Baud</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=139433">EU und Bundesregierung sanktionieren deutschen Journalisten wegen kritischen Tweets zu Kanzler Merz</a> </p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=133285">Die EU-Sanktionen gegen Lipp und Röper sind ein Skandal</a></p></div><p><img loading="lazy" decoding="async" src="https://vg08.met.vgwort.de/na/842b170aa4b44e358eb3bac25a2f0a80" width="1" height="1" alt="" /></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144135</span> Die EU-Sanktionen gegen den Schweizer Ex-Militär und Buchautor Jacques Baud sind ebenso skandalös wie die Reaktionen der Bundesregierung darauf. Und beides kann einen starken Effekt der Einschüchterung auf Andersdenkende entfalten. Die EU-Sanktionen gegen den Schweizer Ex-Militär und Buchautor Jacques Baud sind ebenso skandalös wie die Reaktionen der Bundesregierung darauf. Und beides kann einen starken Effekt der Einschüchterung auf Andersdenkende entfalten. Eine kleine Hoffnung bleibt: Hat die EU im Fall Jacques Baud ihr Blatt überreizt, entwickelt sich der Vorgang also zum politischen Bumerang? Ein Kommentar vonWeiterlesen Redaktion NachDenkSeiten 8:44 144135 Hinweise des Tages https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131 Tue, 23 Dec 2025 07:28:53 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131 <p>Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)<br /> <span id="more-144131"></span><br /> Bitte beachten Sie: Wir weisen in den Hinweisen des Tages ausschließlich auf kostenlose Artikel hin. Es kann im weiteren</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131</span> <p>Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)<br /><span id="more-144131"></span><br />Bitte beachten Sie: Wir weisen in den Hinweisen des Tages ausschließlich auf kostenlose Artikel hin. Es kann im weiteren Verlauf trotzdem vorkommen, dass Sie auf Texte stoßen, die sich hinter einer Bezahlschranke befinden. Der Grund dafür: Anbieter von Artikeln haben den kostenlosen Zugang nachträglich eingeschränkt oder/und in kostenpflichtige Angebote umgewandelt.</p><p>Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:</p><ol><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h01">Herr Klingbeil will sparen…</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h02">Rentner erhalten immer weniger im Vergleich zu Erwerbstätigen</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h03">Essen auf Rädern: Gestiegene Preise treffen Senioren</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h04">Krankenversicherung wird teurer: Höhere Sozialbeiträge fressen Steuersenkungen 2026 häufig auf</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h05">Erbschaftssteuern in Milliardenhöhe in Bayern erlassen</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h06">90 Milliarden für Ukraine?</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h07">Immer mehr Deserteure in der Ukraine: Ukraine baut Stacheldrahtzaun an Grenze gegen Flucht wehrpflichtiger Männer</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h08">Aufrüstung: Die vergessene Falle des Sicherheitsdilemmas</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h09">US-Sicherheitsstrategie: Herausforderung für Europa – Chance für die Türkei?</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h10">US-Sondergesandter für Grönland: Kopenhagen „sehr erzürnt“</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h11">Von Peter Thiel bis Sebastian Kurz: Das Polit-Netzwerk aus Tech, Geld und Überwachungsstaat </a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h12">Justizministerium veröffentlicht Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h13">Bildungserosion in der Türkei: Von der Wissenschaft zur Religion</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h14">Gutachter: EU-Kommission will eine “uferlose Sonderrechtszone” für KI</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h15">Immer das Gleiche – in Varianten: Warum KI oft schlecht, sehr begrenzt und unkreativ ist</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h16">Die Abschottung des Paul-Ehrlich-Instituts durch die Gerichte kippt ins Groteske</a></li><li><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131#h17">Hilferuf von Helfern: Betreuer können nicht in Rente gehen</a></li></ol><p><em><strong>Vorbemerkung:</strong> Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.</em></p><ol><li><a name="h01"></a><strong>Herr Klingbeil will sparen…</strong><br />… es wird ihm aber nicht gelingen. Er wird bei seinem Sparversuch allerdings die deutsche Wirtschaft auf die Knie zwingen oder sie sogar zu Boden werfen. Die politischen Konsequenzen sind enorm.<br />Wenn man als Mensch mit einer gewissen Erfahrung in wirtschaftlichen Fragen dem Bundesfinanzminister auch nur eine Minute zuhört, weiß man genau, was Sache ist. Da spricht ein Mensch, der von volkswirtschaftlichen Zusammenhängen nichts, aber absolut nichts weiß. Er redet vom Sparen des Staates als einer Übung, die politischen Willen verlangt, er redet von den Zumutungen, die das für die Bürger mit sich bringt, und – als Sozialdemokrat – redet er von den „Reichen“, die man dazu bringen müsse, einen besonders großen Teil der Last zu übernehmen, die man allen zumute. Das alles ist furchtbar banal. Jeder FAZ-Leser könnte das Gleiche sagen. Für jemanden, der als Finanzminister auch intellektuell eine Führungsrolle beanspruchen sollte, ist es mehr als peinlich.<br />Quelle: <a href="https://www.relevante-oekonomik.com/2025/12/22/herr-klingbeil-will-sparen/">Relevante Ökonomik</a></li><li><a name="h02"></a><strong>Rentner erhalten immer weniger im Vergleich zu Erwerbstätigen</strong><br />Demnach lag das Durchschnittseinkommen (Nettoäquivalenzeinkommen) von Ruheständlern im Jahr 2024 bei 26.723 Euro. Erwerbstätige verfügten im Schnitt über 37.243 Euro. Die Einkommenslücke belief sich damit auf 10.520 Euro. 2023 hatte sie bei 9.638 Euro gelegen. 2022 betrug die Kluft sogar nur 8.551 Euro: Damals hatten Ruheständler ein Durchschnittseinkommen in Höhe von 24.509 Euro, Erwerbstätige von 33.060 Euro.<br />“Rentner sind die Wohlstandsverlierer der letzten Jahre”, sagte BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht dem stern. “Sie haben nicht – wie die Rentendebatte suggeriert – immer mehr, sondern immer weniger im Portemonnaie im Vergleich zur restlichen Bevölkerung.” Sie forderte unter anderem eine Einzahlpflicht für alle Bundestagsabgeordneten in die gesetzliche Rente.<br />Quelle: <a href="https://www.stern.de/politik/deutschland/renten--luecke-zwischen-ruhestaendler-und-erwerbstaetigen-waechst-36981280.html">stern</a></p><p>dazu: <strong>Das Renten-Desaster, das 30 Länder kopierten</strong><br />Und für einen ruhigen Lebensabend lieferte das 1981 unter Pinochet und den Chicago Boys eingeführte Kapitaldeckungsverfahren deutlich zu niedrige Renten. Ein wesentlicher Kritikpunkt der Demonstranten waren zudem die zu hohen Gebühren des Systems. Ein Kommentar bei Bloomberg bezeichnete das gescheiterte chilenische Rentensystem sogar als “Schandmal des Neoliberalismus”.<br />Die Demonstranten von 2019 erwiesen sich als so hartnäckig, dass die chilenische Regierung beschloss, den Sozialvertrag des Landes grundlegend zu ändern. Zwar scheiterten Versuche, eine neue Verfassung für das Andenland zu beschließen, doch einzelne bedeutende sozialpolitische Reformen wurden unter der Regierung von Gabriel Boric schließlich erfolgreich gestemmt.<br />Die wichtigste ist sicherlich die Rentenreform. Nach jahrelangem Streit billigte das Parlament Ende Januar ein neues Gesetz. Die privat organisierte Altersversorgung wird nicht abgeschafft, aber neu geordnet und um solidarische Elemente bereichert: Demnach steigt der Arbeitgeberbeitrag zu den Rentenkonten der Versicherten nun stufenweise auf 8,5 Prozent.<br />Quelle: <a href="https://www.telepolis.de/article/Das-Renten-Desaster-das-30-Laender-kopierten-11121546.html">Telepolis</a></li><li><a name="h03"></a><strong>Essen auf Rädern: Gestiegene Preise treffen Senioren</strong><br />Vor allem ältere Menschen sind darauf angewiesen, dass sie warme Mahlzeiten direkt nach Hause bekommen. Doch die höheren Kosten für Energie und Personal machen den Service teurer.<br />Die Lieferung von Essen auf Rädern ist für viele Seniorinnen und Senioren oft der einzige tägliche soziale Kontakt. Gestiegene Kosten für Lebensmittel, Energie und Personal treiben die Preise für den Service jedoch in die Höhe und machen damit ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden kostspieliger.<br />Neben den Johannitern und dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) berichten auch die Malteser, dass sie die Mehrkosten selbst nicht vollständig aufbringen könnten und es mit den Preisen daher nach oben gehe. “Damit der Menüservice weiterhin in der gewohnten Qualität und Zuverlässigkeit angeboten werden kann, müssen die Preise zum 1. Januar 2026 angepasst werden”, sagt eine Sprecherin. Im Schnitt werde jedes Menü etwas weniger als einen Euro teurer, lässt Leonard Bartosch vom Menüservice Region Baden-Württemberg wissen.<br />Quelle: <a href="https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/essen-auf-raedern-wird-immer-teurer-100.html">SWR</a></li><li><a name="h04"></a><strong>Krankenversicherung wird teurer: Höhere Sozialbeiträge fressen Steuersenkungen 2026 häufig auf</strong><br />Die Bundesregierung will Arbeitnehmer im neuen Jahr steuerlich entlasten. Berechnungen zufolge spürt man davon im Portemonnaie oft nichts. Die gestiegenen Zusatzbeiträge der Krankenkassen belasten Geringverdiener. Gutverdiener haben ebenfalls weniger Nettolohn.<br />Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland werden 2026 zum Teil deutlich weniger netto an Lohn und Gehalt herausbekommen, zitiert die “Süddeutsche Zeitung” aus Berechnungen des Nürnberger Softwarehauses Datev. Demnach werde von den Steuersenkungen der Bundesregierung im neuen Jahr netto “erst einmal wenig zu spüren sein”.<br />Quelle: <a href="https://www.n-tv.de/wirtschaft/Hoehere-Sozialbeitraege-fressen-Steuersenkungen-2026-haeufig-auf-id30169429.html">n-tv</a></p><p>dazu: <strong>Für Millionen Versicherte steigen 2026 die Beiträge</strong><br />Seit Monaten haben gesetzliche Krankenkassen (GKV) vor steigenden Beiträgen für das Jahr 2026 gewarnt. Das von der Bundesregierung vorgelegte Sparpaket sei zu klein, um die erwartete Finanzierungslücke von 2 Milliarden zu schließen, kritisierte der GKV-Spitzenverband bereits im Oktober. Die Bundesregierung hielt dennoch an ihren Plänen fest die GKV zu entlasten, indem bei Krankenhäusern gespart wird. Eine Regelung, die auch in den Ländern umstritten war, dort fürchtete man wiederum, die Lücken bei den Krankenhäusern füllen zu müssen.<br />Trotz Kritik aus allen Richtungen wurde das Sparpaket nach einer Anhörung im Vermittlungsausschuss am Freitag von Bundestag und Bundesrat gebilligt. Eine Reaktion von TK und DAK folgte jäh: „Das kleine Sparpaket der Bundesregierung reicht nicht aus, um das Versprechen stabiler Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung halten zu können“, sagte Andreas Storm, Vorstandschef der DAK.<br />Quelle: <a href="https://taz.de/Streit-zwischen-Warken-und-Krankenkassen/!6140658/">taz</a></p><p><em><strong>Anmerkung Christian Reimann:</strong> In Deutschland werden die Bürgerinnen und Bürger wie Zitronen ausgepresst. Die Merz-Regierung demonstriert auch hier, dass sie sich nicht zum Wohle der Bevölkerung einsetzt. Von einem funktionierenden und günstigen Gesundheitssystem entfernt sich das Land immer weiter.</em></li><li><a name="h05"></a><strong>Erbschaftssteuern in Milliardenhöhe in Bayern erlassen</strong><br />Wird ein Vermögen von mehr als 26 Millionen Euro verschenkt oder vererbt, kann die Steuer teilweise oder ganz wegfallen: wegen “Bedürftigkeit”. Bundesweit wurden in vier Jahren fast 7,4 Milliarden Euro erlassen – ein großer Teil davon in Bayern.<br />Es sind wenige Fälle, aber große Summen: Wer ein Vermögen von mehr als 26 Millionen Euro erbt oder geschenkt bekommt, kann die eigentlich fällige Steuer teilweise oder ganz erlassen bekommen. Voraussetzung: Der Erbe oder Beschenkte muss seine “Bedürftigkeit” nachweisen – also dass er die Steuer nicht aus verfügbarem Vermögen bezahlen kann.<br />Quelle: <a href="https://www.br.de/nachrichten/bayern/erbschaftssteuer-in-milliardenhoehe-in-bayern-erlassen,V5Xd7ek">BR24</a></li><li><a name="h06"></a><strong>90 Milliarden für Ukraine?</strong><br />Ich verurteile Putins Invasion aufs Schärfste. Krieg ist kein Mittel, um Probleme zu lösen. Aber lange vor Putin kam Gorbatschow mit friedlichen Absichten nach Deutschland. Er hat die Vereinigung der beiden deutschen Staaten ermöglicht. Die Deutschen und der Westen haben ihm versprochen, dass die NATO keinen Meter nach Osten rücken würde. Deutschland und der Westen haben ihr Wort jedoch nicht gehalten. Wissen Sie, was es bedeutet, ein Versprechen nicht einzuhalten? […]<br />Frieden in Europa kann nur mit Russland geschaffen werden. Nicht gegen Russland. So sah es zumindest ein großer Vorgänger von Ihnen. Bismarck war sein Name. Sie haben doch bestimmt auch aus dem Fenster Ihres Privatflugzeugs gesehen, wie groß Russland ist. Dabei müssen Sie auch die 5.177 Atombomben berücksichtigen. Glauben Sie im Ernst, Herr Bundeskanzler, Sie würden Putin zwingen können, den 90-Milliarden-Kredit zu zahlen?<br />Griechenland wird seinen Anteil von 2,5 Milliarden schon zahlen. Das wird aber erst passieren, wenn Deutschland die Reparationskosten in Höhe von einigen hundert Milliarden Euro an Athen überwiesen hat.<br />Quelle: <a href="https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/EEED.BB-MERZ.pdf">Vereinigung Griechischer Wissenschaftler und Intellektueller Baden-Württemberg e.V.</a></p><p>dazu auch: <strong>Eine Demütigung für Merz, Ursula von der Leyen und die EU</strong><br />Das Scheitern des von Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagenen Plans, russische Vermögenswerte widerrechtlich zu übernehmen und zur Finanzierung der „Hilfe“ für die Ukraine einzusetzen, ist auch in den USA genau beobachtet worden. Ein kluger Kommentar dazu von Oliver Boyd-Barrett.<br />Quelle: <a href="https://globalbridge.ch/eine-demuetigung-fuer-merz-ursula-von-der-leyen-und-die-eu/">Globalbridge</a></li><li><a name="h07"></a><strong>Immer mehr Deserteure in der Ukraine: Ukraine baut Stacheldrahtzaun an Grenze gegen Flucht wehrpflichtiger Männer</strong><br />Ein ZDF-Bericht zeigt, wie Kiew mit harten Maßnahmen die Ausreise wehrpflichtiger Männer verhindern will und warum dennoch immer mehr Ukrainer die gefährliche Flucht wagen.<br />Aus Angst, im Krieg gegen Russland kämpfen zu müssen, versuchen immer mehr junge Ukrainer, ihr Land zu verlassen. In einem Beitrag berichtete nun das ZDF-„Auslandsjournal“ in seiner Ausgabe vom 21. Dezember über Maßnahmen der ukrainischen Regierung, die die Ausreise wehrpflichtiger Männer verhindern sollen.<br />Quelle: <a href="https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/geopolitik/ukraine-deserteure-stacheldrahtzaun-grenze-li.10011314">Berliner Zeitung</a></li><li><a name="h08"></a><strong>Aufrüstung: Die vergessene Falle des Sicherheitsdilemmas</strong><br />Wer nur auf Waffen setzt, übersieht: Mehr Rüstung kann paradoxerweise weniger Sicherheit bedeuten – ein Effekt aus dem Kalten Krieg. […]<br />Schon 1983 führten wir auf dem Generalstabslehrgang an der Führungsakademie der Bundeswehr Gespräche über dieses Dilemma. Damals hatten wir zu Zeiten des Kalten Krieges einen Bestand von mindestens 50.000 Atomwaffen – von Gefechtsfeldmunition bis hin zu strategischen Atomwaffen. Eine völlig irrationale Zahl, die Ergebnis eines ungebremsten Rüstungswettlaufs war.<br />Letztlich ein Resultat aus den Bedrohungsanalysen, die zu immer neuen Waffenentwicklungen und Anschaffungen für die Teilstreitkräfte des Heeres, der Luftwaffe und der Marine führten.<br />Auch ich befand mich damals als Offizier in dieser “Spirale” verfangen. Ohne die Folgen dieser gewaltigen Aufrüstung zu erkennen und zu ermessen, welche Konsequenzen ein Versagen der Abschreckung gehabt hätte.<br />Quelle: <a href="https://www.telepolis.de/article/Aufruestung-Die-vergessene-Falle-des-Sicherheitsdilemmas-11119903.html">Telepolis</a></p><p>dazu auch: <strong>Autozulieferer Schaeffler sattelt auf Rüstungsgeschäft um</strong><br />Die Krise in der Automobilindustrie treibt Zulieferer Schaeffler in neue Geschäftsfelder. Konzernchef Rosenfeld baut die Kooperation mit dem Drohnenhersteller Helsing aus und peilt in fünf Jahren einen Milliardenumsatz an.<br />Quelle: <a href="https://www.n-tv.de/wirtschaft/Autozulieferer-Schaeffler-sattelt-auf-Ruestungsgeschaeft-um-id30169540.html">n-tv</a></li><li><a name="h09"></a><strong>US-Sicherheitsstrategie: Herausforderung für Europa – Chance für die Türkei?</strong><br />Die neue US-Sicherheitsstrategie zeichnet einen Bruch in den transatlantischen Beziehungen. Welche Bedeutung hat das für die künftige Rolle Ankaras?<br />Die neue amerikanische Sicherheitsstrategie erschüttert Europa in seinen Grundfesten. Die Anfang Dezember 2025 von der Trump-Administration veröffentlichte Nationale Sicherheitsstrategie (NSS) verkündet einen radikalen Paradigmenwechsel, der die Grundannahmen der Nachkriegszeit verwirft.<br />Das Dokument stellt den Grundsatz, dass Amerikas erste und wichtigste Sicherheitszone sein eigenes Territorium und sein eigenes Volk ist, in den Mittelpunkt und vollzieht damit formal den Übergang von der globalen Polizistenrolle zu einer harten innenpolitischen Wendung und kontinentalen Befestigung.<br />Quelle: <a href="https://www.telepolis.de/article/US-Sicherheitsstrategie-Herausforderung-fuer-Europa-Chance-fuer-die-Tuerkei-11118342.html">Telepolis</a></li><li><a name="h10"></a><strong>US-Sondergesandter für Grönland: Kopenhagen „sehr erzürnt“</strong><br />US-Präsident Donald Trump hat den Gouverneur des südlichen Bundesstaates Louisiana, Jeff Landry, zum Sondergesandten für das offiziell zu Dänemark gehörende Grönland ernannt.<br />Dänemark bestellte daraufhin den US-Botschafter in Kopenhagen zum Gespräch ein. Der dänische Außenminister Lars Lökke Rasmussen sei „sehr erzürnt“, wie er dem Sender TV2 sagte. Das Vorgehen sei „völlig inakzeptabel“.<br />Quelle: <a href="https://orf.at//stories/3415111/">ORF</a></li><li><a name="h11"></a><strong>Von Peter Thiel bis Sebastian Kurz: Das Polit-Netzwerk aus Tech, Geld und Überwachungsstaat </strong><br />Die Tech-Milliardäre Peter Thiel und Elon Musk finanzieren das autoritäre politische Projekt von Donald Trump und erhalten im Gegenzug Staatsaufträge. High-Tech-Konzerne wie Palantir, Anduril oder die israelische NSO Group übernehmen immer mehr Aufgaben im Sicherheits- und Überwachungssystem des Staates. „Sicherheitspolitik“ bzw. staatliche Überwachung wird von privaten Firmen übernommen, demokratische Kontrolle wird zurückgedrängt. Dieses Modell ist nicht auf die USA beschränkt, in Europa bildet sich eine ähnliche Struktur. Einer ihrer Akteure ist der ehemalige österreichische Kanzler Sebastian Kurz.<br />Quelle: <a href="https://kontrast.at/sebastian-kurz-dream-security-peter-thiel/">Kontrast.at</a></li><li><a name="h12"></a><strong>Justizministerium veröffentlicht Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung</strong><br />Die Bundesregierung nimmt den dritten Anlauf für eine Vorratsdatenspeicherung in Deutschland. Das Justizministerium von SPD-Ministerin Stefanie Hubig hat einen Gesetzentwurf erarbeitet und heute veröffentlicht.<br />Erneut versucht die Bundesregierung, den Begriff „Vorratsdatenspeicherung“ zu vermeiden. Das Justizministerium nennt den Gesetzentwurf „IP-Adressspeicherung“. Tatsächlich geht es wieder um eine verpflichtende und anlasslose Speicherung von Daten aller Internet-Nutzer in Deutschland auf Vorrat. Und es geht um weit mehr Daten als nur IP-Adressen.<br />Quelle: <a href="https://netzpolitik.org/2025/anlasslose-speicherung-justizministerium-veroeffentlicht-gesetzentwurf-zur-vorratsdatenspeicherung/">netzpolitik.org</a></p><p>dazu: <strong>Der dritte Versuch</strong><br />Im Unterschied zu früheren Anläufen soll diesmal nicht anlasslos gespeichert werden, wer wen anruft, anmailt oder ansimst. Auch Standortdaten von Mobiltelefonen bleiben unberührt. Der EuGH hatte solche Maßnahmen als unverhältnismäßig eingestuft und nur die Speicherung von IP-Adressen erlaubt.<br />Die Inhalte der Kommunikation („was wurde gesprochen“, „was wurde gemailt“ „welche Web-Seiten werden aufgesucht“) sollten noch nie vorsorglich gespeichert werden.<br />Quelle: <a href="https://taz.de/Vorratsdatenspeicherung/!6140692/">taz</a></p><p><em><strong>Anmerkung Christian Reimann:</strong> Neben der Bundesregierung möchte auch die EU-Kommission die Kontrolle über das Internet vorantreiben. Bitte lesen Sie dazu auch bzw. erneut <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=139633">Chatkontrolle: Der größte Angriff auf unsere Privatsphäre seit der Vorratsdatenspeicherung</a>. Dabei war jedoch bereits das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?page_id=47542&suche=Vorratsdatenspeicherung">Vorratsdatenspeicherung</a> ein Weckruf zum Umdenken – aus dem Jahr 2014.</em></li><li><a name="h13"></a><strong>Bildungserosion in der Türkei: Von der Wissenschaft zur Religion</strong><br />Das türkische Bildungssystem hat eine langsame, aber gezielte Umgestaltung erfahren: Die wissenschaftliche Bildung schwindet, während die ideologische Indoktrination mit stiller Zuversicht voranschreitet.<br />Dieser aufrüttelnde Beitrag sollte auch uns zum Nachdenken anregen. Die Türkei ist weit weg, was geht uns das an, könnte man meinen. Aber der hybride Krieg, der mit Ideologien geführt wird, muss auch uns alarmieren, weil er einen geopolitischen Charakter hat. Er muss auch uns zum Nachdenken anregen darüber, wie bei uns schleichend Ideologien (Klima, Corona, Gender) die Oberhand gewinnen und kritisches, naturwissenschaftliches Denken verpönt, ja sogar mit mittelalterlichen, inquisitorischen Methoden unterbunden wird. Jüngste, an Scheiterhaufen erinnernde Beispiele: Ulrike Guérot und Jacques Baud.<br />Quelle: <a href="https://seniora.org/erziehung/schule-bildung/bildungserosion-in-der-tuerkei-von-der-wissenschaft-zur-religion">Seniora.org</a></li><li><a name="h14"></a><strong>Gutachter: EU-Kommission will eine “uferlose Sonderrechtszone” für KI</strong><br />In einer Rechtsanalyse für Verbraucherschützer warnen Experten vor massiven Schutzlücken durch den geplanten “digitalen EU-Omnibus”. Big Tech werde bevorzugt.<br />Die EU-Kommission verspricht mit dem geplanten Paket für einen “digitalen Omnibus” einen Befreiungsschlag gegen Bürokratie. Doch der Widerstand gegen das Vorhaben wächst ständig. Rechtsexperten der Kanzlei Spirit Legal warnen in einem Gutachten im Auftrag des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) nun eindringlich davor, dass der Entwurf einen systematischen Bruch mit den Prinzipien der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) darstelle und die Privatsphäre von hunderten Millionen Verbrauchern gefährde.<br />Quelle: <a href="https://www.heise.de/news/Gutachter-EU-Kommission-will-eine-uferlose-Sonderrechtszone-fuer-KI-11122143.html">Heise Online</a></li><li><a name="h15"></a><strong>Immer das Gleiche – in Varianten: Warum KI oft schlecht, sehr begrenzt und unkreativ ist</strong><br />Künstliche Intelligenz soll eigentlich kreativ sein, aber in einem Experiment kommen bei 100 Ideen am Ende nur 12 Motive heraus. Die Forscher haben eine Vermutung, woran das liegt – und äußern Hoffnung auf künftige Verbesserung.<br />Von wegen effiziente und kreative Maschine: Künstliche Intelligenzen scheinen gerne abzuschweifen und sich an bewährten Mustern zu orientieren. Eine aktuell in der Fachzeitschrift “Patterns” veröffentlichte Studie hat Sprachmodelle und Bild-generierende KI-Modelle vor eine Aufgabe gestellt, in der die Tools erstaunlich schlecht und unkreativ waren.<br />Quelle: <a href="https://www.n-tv.de/wissen/Warum-KI-oft-schlecht-sehr-begrenzt-und-unkreativ-ist-id30170346.html">n-tv</a></li><li><a name="h16"></a><strong>Die Abschottung des Paul-Ehrlich-Instituts durch die Gerichte kippt ins Groteske</strong><br />Seit Jahren nimmt das Verwaltungsgericht Darmstadt Klagen gegen das dortige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) an und schiebt sie auf die sehr lange Bank. Nun gelangte ein Eilverfahren vor den Hessischen Verwaltungsgerichtshof. Dieser urteilte, Darmstadt sei gar nicht für das PEI zuständig und gab der Behörde gleich noch einen Vorwand, sich bei Informationsfreiheitsanfragen für unzuständig zu erklären.<br />Es war einmal, da sahen Verwaltungsrichter ihre vordringliche Aufgabe darin, Bürgern zu ihrem Recht gegenüber der Verwaltung zu verhelfen. Das ist vorbei. Heute sehen sie ihre Berufung darin, die Verwaltung gegen lästige Anfragen und sonstige Begehren der Bürger abzuschotten. Die Hemmschwellen dabei sinken in dramatischem Tempo.<br />Anfang November hatte ich berichtet, wie das Verwaltungsgericht Darmstadt das PEI gegen Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz und dem Presserecht abschottet, indem es entsprechende Verfahren seit Jahren nicht terminiert. Keine einzige von 15 zum Teil seit Jahren anhängigen Klagen war zu diesem Zeitpunkt terminiert.<br />Quelle: <a href="https://norberthaering.de/news/hess-verwghof-pei/">Norbert Häring</a></p><p>dazu auch: <strong>Impfnebenwirkungen vor Gericht: EMA-Daten bringen Paul-Ehrlich-Institut in Bedrängnis</strong><br />SafeVac-App: Das Paul-Ehrlich-Institut kennt die Zahl der Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen nicht und nennt widersprüchliche Zahlen zu schwerwiegenden Nebenwirkungen.<br />Im Juni 2025 stellte ich dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das für die Überwachung der Impfstoffsicherheit (Pharmakovigilanz) zuständig ist, eine eigentlich sehr einfache Frage: Wie viele Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen sind insgesamt vom PEI bei der SafeVac2.0-Studie registriert und an die europäische Nebenwirkungs-Datenbank «EudraVigilance» übermittelt worden? Konkret fragte ich nach einer Anzahl von 56.545 Fällen, da ich entsprechende Hinweise von einem IT-Spezialisten erhalten hatte.<br />Nach vier Monaten endete am 3. Dezember 2025 mein wegen der Nichtauskunft des PEI angestrengtes presserechtliches Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt mit gleich drei überraschenden Ergebnissen, die der Beschlussbegründung zu entnehmen sind.<br />Quelle: <a href="https://www.barucker.press/p/safevac-gericht-pei">Bastian Barucker</a></li><li><a name="h17"></a><strong>Hilferuf von Helfern: Betreuer können nicht in Rente gehen</strong><br />Karola Bergmann möchte in Rente gehen. Doch sie ist verantwortlich für die Angelegenheiten von 28 Menschen, die ihre Geschäfte nicht allein führen können. Im Auftrag des Amtsgerichts Celle. Und eine Nachfolge ist nicht in Sicht. […]<br />Inzwischen hat sich ihr Blick auf die Arbeit gewaltig verändert. Das Pensum mit 28 Klienten, die sie regelmäßig besucht, ist nicht ohne. Und mit 67 würde sie die Arbeit gerne in gute Hände geben. Doch weit und breit ist niemand in Sicht. Einfach aufhören ist undenkbar: “Ich bin so lange in der Haftung drin, bis ich einen Nachfolger gefunden habe oder aber meine Betreuten verstorben sind.” Was für die betreuten Menschen Verlässlichkeit und Sicherheit bringen sollte, ist für Karola Bergmann ein regelrechtes Gefängnis geworden.<br />Quelle: <a href="https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/hilferuf-von-helfern-betreuer-koennen-nicht-in-rente-gehen,berufsbetreuerin-104.html">NDR</a></li></ol> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144131</span> 144131 Rolf Becker – unersetzbar als Künstler für den Frieden https://www.nachdenkseiten.de/?p=144092 Mon, 22 Dec 2025 13:49:19 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144092 <p>Rolf Becker (31.3.1935 – 12.12.2025), seit Jahrzehnten enger persönlicher Freund und grandioser Mitstreiter auf der Bühne gegen Imperialismus, ist vor ein paar Tagen gestorben. In einem mehrstündigen Telefonat vor sechs Wochen hatte er mir so etwas vom Krankenbett aus angekündigt, nüchtern, ohne jedes Lamento. Von <strong>Diether Dehm</strong>.<br /> <span id="more-144092"></span><br /> Wer ihn im Unterhaltungs-TV</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144092">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144092</span> <p>Rolf Becker (31.3.1935 – 12.12.2025), seit Jahrzehnten enger persönlicher Freund und grandioser Mitstreiter auf der Bühne gegen Imperialismus, ist vor ein paar Tagen gestorben. In einem mehrstündigen Telefonat vor sechs Wochen hatte er mir so etwas vom Krankenbett aus angekündigt, nüchtern, ohne jedes Lamento. Von <strong>Diether Dehm</strong>.<br /><span id="more-144092"></span><br />Wer ihn im Unterhaltungs-TV wie bei „In aller Freundschaft” oder „Tatort“ sieht, kann sich oft nicht vorstellen, wie er Show-Regeln und sogar die klassische Schauspielschule beiseiteschob, wenn es um politische Kundgebungen ging. Sogar, wenn er dort Brecht, Tucholsky, Heine oder Neruda vortrug, geschah dies stets nach Vorgaben einer wirkmächtigen, politischen Rede!</p><p>Am 15. April 2009 waren wir – Rolf, Michael Letz am Klavier und ich – von Pastor Peter Strutinsky zum Ostermarsch nach Kassel eingeladen. Ich sang nach ihm. Während seiner (nachfolgend auszugsweise abgedruckten) Rede beschrie ihn eine Handvoll „Antideutscher“ mit Israelfahnen, seitwärts der 600 Ostermarschierer, als „Antisemiten“. </p><p>Damals waren diese zionistischen Wortverdreher vom geheimdienstlich-medialen Komplex noch nicht so hochgepäppelt – sodass die anwesenden Medienvertreter über den Schwachsinn öffentlich die Köpfe schütteln durften. </p><p>Mehrfach, sogar bei seinem 80. Geburtstag, bedankte er sich später bei mir, dort die Antisemitismus-Groteske zurückgewiesen zu haben. Obwohl: Rolf Beckers Aufrichtigkeit und seinen lebenslangen Kampf gegen Antisemitismus und Antikommunismus zu loben, bedurfte an diesem Mikro in Kassel beileibe keiner sonderlichen Tapferkeit. Eigentlich hätte ich sogar beschämt sein müssen, daß die Randalierer bei meinen Songs schweigsamer geworden waren (<a href="https://youtu.be/GAZ8CU9m_JI?si=iLZ0LEUzPcqLkqYD">https://youtu.be/GAZ8CU9m_JI?si=iLZ0LEUzPcqLkqYD</a>). Vielleicht war ich als MdB und Liedermacher in den Jahren zuvor einfach nur mit der Kritik an der israelischen Armee nicht so deutlich geworden wie er. </p><p>Rolf Becker – der Weitsichtige, der sich als Marxist verstand – war halt schon damals nicht zu ersetzen. Ein künstlerischer Denker und denkender Künstler, der viel mehr las, als er vorlas, proproletarisch in einem kleinbürgerlichen Beruf, internationalistischer Botschafter in einer nationalen Kultur. </p><p><strong>Rede von Rolf Becker beim Ostermarsch 2009 in Kassel: </strong></p><blockquote><p>Und eines Morgens war alles in Flammen,<br />und eines Morgens brachen Feuerstöße<br />aus der Erde<br />und verschlangen Leben,<br />und von da an Feuer,<br />Pulver von da an,<br />und von da an Blut.</p><p>Banditen mit Flugzeugen<br />kamen vom Himmel, um Kinder zu töten;<br />und in den Straßen das Blut von Kindern:<br />es floss einfach so, wie Blut von Kindern.</p><p>Aber aus jedem toten Kind wird ein Gewehr mit Augen,<br />aus jedem Verbrechen werden Kugeln geboren.</p><p>Ihr werdet fragen, warum meine Dichtung<br />uns nichts vom Traum erzählt, von den Blättern,<br />den großen Vulkanen meines Ursprungslandes?</p><p>Kommt und seht das Blut in den Straßen,<br />kommt und seht<br />das Blut in den Straßen,<br />kommt und seht das Blut<br />in den Straßen!</p></blockquote><p>Liebe Friedensfreunde, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Genossinnen und Genossen, </p><p>die eben zitierten Zeilen sind aus Pablo Nerudas Gedicht „ZUR ERKLÄRUNG EINIGER DINGE“, geschrieben angesichts der Schrecken des Spanischen Bürgerkriegs von 1936 bis 1939 – des faschistischen Terrors gegen das republikanische Spanien durch die Milizen der Franco-Generäle, unterstützt von der deutschen Wehrmacht. Sie sind leider übertragbar auf die Kriege – ich beschränke mich auf das letzte Jahrzehnt –, die wir seit 1999 erleben: Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Gaza – sämtlich geführt unter direkter oder indirekter Beteiligung Deutschlands. Der Einwand, die Bundesregierung habe den Angriff auf Gaza doch lediglich gebilligt, überzeugt nicht: Billigung ist nur eine besondere Form der Beteiligung …</p><p>Wir haben die genannten Kriege nicht verhindern können. Wir waren, trotz aller Bemühungen, zu schwach. Wir sind zu schwach. </p><p>Als sich die Bundesrepublik Deutschland 1999 am Nato-Überfall auf die bis dahin sozialistische Föderation und damit am ersten Angriffskrieg seit 1939, dem Beginn des 2. Weltkriegs, beteiligte, wurde der Protest dagegen nur von wenigen geteilt. Der Propaganda von Regierung und Medien ließ weder die Friedensbewegung noch kapitalismuskritische Parteien und Gruppierungen unbeeindruckt. Das Ja zum Krieg seitens des DGB blieb weitgehend unwidersprochen. Bis heute, zehn Jahre danach, ist es gewerkschaftlich nicht thematisiert, geschweige denn aufgearbeitet worden. Dabei bestünde mehr als Anlass dazu: war es doch seit der Bewilligung der Kriegskredite 1914, die den 1. Weltkrieg überhaupt erst möglich machten, das zweite Ja zu einem Krieg in der Geschichte deutscher Gewerkschaften. Solange wir hier nicht ansetzen und für die Masse der Beschäftigten endlich Klarheit schaffen, wird unser Protest nicht wirksam werden, nicht zum Widerstand, der die Absichten der Herren über Leben und Tod zunichte machen kann. Ein drittes Ja deutscher Gewerkschaftsführungen zu einem Krieg darf es nicht geben!</p><p>… In Serbien und im Kosovo – nach wie vor einer Provinz Serbiens, trotz der völkerrechtswidrigen und gegen die Beschlüsse der UNO erfolgten Anerkennung durch die Bundesregierung – waren es 78 Tage. Punktgenau vernichtet: über 300 Schulen und Universitäten, sogar mehrere Krankenhäuser, darunter die Entbindungsstation des Belgrader Krankenhaus Dr. Dragisa Misovic am Bulevar Mira, dem Friedensboulevard, begründet mit der Annahme, sie seien militärisch genutzt worden. Punktgenau auch die Treffer der Splitterbomben auf dem Marktplatz von Nis zur Einkaufszeit … </p><p>Auch wenn die US-Truppen teilweise abgezogen und nach Afghanistan verlegt werden sollen, auch hier gilt: „Der Feldzug ist noch nicht zuend“ (Brecht). Die Bewegung gegen diesen, wieder mit Lügen begründeten und gegen Völkerrecht und UNO-Beschlüsse geführten opferreichen Krieg war weltweit und einzigartig in der Geschichte der Friedensbewegung – verhindern konnten wir ihn nicht …</p><p>Das Entsetzen über den Einmarsch und das Vorgehen der israelischen Armee ist weltweit – weltweit und hierzulande noch größer allerdings die Ratlosigkeit, wie dem zu begegnen ist. Die Gleichsetzung jeglicher Kritik an der Regierung des Staates Israel mit Antisemitismus, deren einschüchternde Wirkung beabsichtigt ist, hat Desorientierung bis in Parteien und Gruppierungen der Linken zur Folge. Wir sollten uns dadurch weder beirren noch unsere Sprache verbieten lassen, sondern weiterhin Klartext reden. Klartext wie vor Jahren schon Erich Fried mit seinem „Höre Israel“, Klartext wie Uri Avnery in seinen regelmäßig auch auf Deutsch erscheinenden Kommentaren und Moshe Zuckermann in seinem neuen Buch „60 Jahre Israel“, Klartext an der Seite der israelischen Friedensbewegung und der israelischen Kriegsverweigerer. Unsere Kritik ist Kritik bestehender Klassenverhältnisse und Kritik imperialistischer Politik. Sie orientiert sich, bezogen auf Israel und Palästina an den Beschlüssen der Vereinten Nationen, die, würden sie umgesetzt, die Existenz Israels wirksamer und dauerhafter sichern würden als Siedlungsbau und Waffengänge. </p><p>Zur vorläufigen Bilanz des Krieges anhand der Angaben der Vereinten Nationen, israelischer und internationaler Presse wie „The Independent“, zitiert aus Noman Paechs Untersuchung „Gaza und das Völkerrecht vom 2. Februar 2009: „Nach Angaben der UN vom 19. Januar 2009 wurden 1340 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet, darunter 460 Kinder und 106 Frauen. 5320 Menschen wurden verletzt, darunter 1855 Kinder, wobei ein Großteil der Verletzungen schwerwiegend ist. Die Zahlen dürften inzwischen noch gestiegen sein.</p><p>… Aufgrund des bisher Ausgeführten wäre es unaufrichtig von mir, wenn ich meinen Einwand an einer – meines Erachtens wesentlichen – Forderung im Aufruf zu unserer heutigen Kundgebung nicht hier vor Euch aussprechen würde: Diese Forderung in Euerem Aufruf lautet: „alle Waffenlieferungen an die Kontrahenten im Konfliktgebiet einzustellen“. </p><p>… Die Forderung, den Waffenschmuggel für die Palästinenser zu unterbinden, wurde außer von der israelischen Staatsführung bereits mehrfach von der Bundesregierung erhoben – wir müssen sie nicht wiederholen. </p><p>Entsprechend meine Bitte an das Kasseler Forum für Frieden und die den Aufruf unterstützenden Organisationen: überprüft, was Euch veranlasst hat, die Zeile zu schreiben und zu veröffentlichen. Bedenkt, dass der vor wenigen Tagen zum Außenminister Israels aufgestiegene Avigdor Lieberman unmittelbar nach seiner Ernennung programmatisch erklärt hat „Si vis pacem, para bellum“ – übersetzt lautet das lateinische Sprichwort, dessen er sich bediente: „Wenn du Frieden willst, führe Krieg.“ Wenn wir demgegenüber nicht eindeutig Stellung beziehen, machen wir uns politisch überflüssig. Und bedenkt, bitte bedenkt die eingangs zitierten Worte Nerudas:</p><p><em>„Aus jedem toten Kind wird ein Gewehr mit Augen,<br />aus jedem Verbrechen werden Kugeln geboren.“ </em></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144092</span> 144092 Bundesregierung zu US-Totalblockade und Vorwurf des Landraubs gegen Venezuela: „Dazu fehlen uns die Informationen“ https://www.nachdenkseiten.de/?p=144046 Mon, 22 Dec 2025 11:11:03 +0000 https://www.nachdenkseiten.de/?p=144046 <p>US-Präsident Donald Trump hat am 17. Dezember verkündet, dass er eine „totale und vollständige“ Blockade über Venezuela verhängt sowie die Regierung des Landes als „ausländische Terror-Organisation“ hat einstufen lassen. Die Blockade würde anhalten, „bis sie (Venezuela) all das Öl, Land und andere Vermögenswerte, die sie uns zuvor gestohlen haben, an die Vereinigten Staaten von Amerika</p><div class="readMore"><a class="moretag" href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=144046">Weiterlesen</a></div> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144046</span> <p>US-Präsident Donald Trump hat am 17. Dezember verkündet, dass er eine „totale und vollständige“ Blockade über Venezuela verhängt sowie die Regierung des Landes als „ausländische Terror-Organisation“ hat einstufen lassen. Die Blockade würde anhalten, „bis sie (Venezuela) all das Öl, Land und andere Vermögenswerte, die sie uns zuvor gestohlen haben, an die Vereinigten Staaten von Amerika zurückgeben“. Vor diesem Hintergrund gab es zahlreiche Fragen auf der Bundespressekonferenz, unter anderem wie die Bundesregierung das Vorgehen Washingtons aus völkerrechtlicher Perspektive bewertet und welches US-Territorium laut Wissen des Auswärtigen Amts Venezuela gestohlen habe. Von <strong>Florian Warweg</strong>. </p><p><em>Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.</em><br /><span id="more-144046"></span><br /></p><p><iframe loading="lazy" width="560" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/jd4ztYMRoR8" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></p><p><strong>Hintergrund: </strong></p><blockquote><p>„Venezuela ist vollständig von der größten Armada umzingelt, die jemals in der Geschichte Südamerikas zusammengestellt wurde. Sie wird nur noch größer werden, und der Schock für sie wird so groß sein wie nie zuvor – bis sie all das Öl, Land und andere Vermögenswerte, die sie uns zuvor gestohlen haben, an die Vereinigten Staaten von Amerika zurückgeben. Das illegitime Maduro-Regime finanziert sich, den Drogenterrorismus, den Menschenhandel, Mord und Entführungen mit Öl aus diesen gestohlenen Ölfeldern. Wegen des Diebstahls unserer Vermögenswerte und aus vielen anderen Gründen, darunter Terrorismus, Drogenschmuggel und Menschenhandel, wurde das venezolanische Regime als AUSLÄNDISCHE TERRORISTISCHE ORGANISATION eingestuft. Daher ordne ich heute eine TOTALE UND VOLLSTÄNDIGE BLOCKADE ALLER SANKTIONIERTEN ÖLTANKER an, die nach Venezuela ein- und aus Venezuela auslaufen. Die illegalen Einwanderer und Kriminellen, die das Maduro-Regime während der schwachen und unfähigen Biden-Regierung in die Vereinigten Staaten geschickt hat, werden in raschem Tempo nach Venezuela zurückgeschickt. Amerika wird nicht zulassen, dass Kriminelle, Terroristen oder andere Länder unsere Nation ausrauben, bedrohen oder schädigen, und ebenso wenig wird es zulassen, dass ein feindliches Regime unser Öl, unser Land oder andere Vermögenswerte an sich reißt, die alle UNVERZÜGLICH an die Vereinigten Staaten zurückgegeben werden müssen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit in dieser Angelegenheit!“</p></blockquote><p>So lautet im Wortlaut die vom Weißen Haus am 17. Dezember veröffentlichte Erklärung von US-Präsident Donald Trump: </p><blockquote class="twitter-tweet"><p lang="en" dir="ltr">“Venezuela is completely surrounded by the largest Armada ever assembled in the History of South America. It will only get bigger, and the shock to them will be like nothing they have ever seen before — Until such time as they return to the United States of America all of the… <a href="https://t.co/WWQwJfcplD">pic.twitter.com/WWQwJfcplD</a></p><p>— The White House (@WhiteHouse) <a href="https://twitter.com/WhiteHouse/status/2001126583118213372?ref_src=twsrc%5Etfw">December 17, 2025</a></p></blockquote><p> <script async src="https://platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script></p><p>17 Prozent der weltweit bekannten Ölvorkommen liegen in Venezuela. Damit liegt das südamerikanische Land statistisch an erster Stelle noch vor Saudi-Arabien, Russland und den USA. Auf 304 Milliarden Barrel (ein Barrel entspricht 159 Liter) werden die aktuell bekannten Ölreserven von Venezuela <a href="https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/usa-vs-venezuela-donald-trump-zielt-mit-tanker-blockade-auf-oel-und-andere-rohstoffe-a-ea27740a-5e48-4cda-9004-888e4a88aa03">geschätzt</a>, danach folgt Saudi Arabien mit 298 Milliarden, Kanada mit 168, Iran mit 158 und an fünfter Position mit 145 Milliarden der Irak. Zum Vergleich: Russlands Reserven liegen bei 108 und die der USA 69 Milliarden Barrel. </p><p>Doch während über Jahrzehnte die USA mit Abstand der größte Abnehmer venezolanischen Öls waren, ist es nun seit einigen Jahren China. Angesichts des von Washington verhängten Öl-Embargos keine große Überraschung. Auch die wirtschaftliche, militärische und politische Annäherung von Caracas an Peking, Moskau und Teheran ist zu großen Teil auf die Verhängung von US-Sanktionen zurückzuführen. Doch trotz aller Versuche mittels Sanktionen (ab 2017), Sabotageaktionen und Unterstützung mehrerer Putschversuchen sind bisher alle Regime-Change-Versuche der USA seit 2002 gegen Hugo Chávez und seinen Nachfolger (seit 2013) Nicolás Maduro gescheitert. </p><p><strong>Trumps erster gescheiteter Regime-Change Versuch 2020</strong></p><p>Donald Trump versuchte bereits 2020, die venezolanische Regierung mit einem verdeckten Söldnereinsatz zu stürzen. Bei der sogenannten „<a href="https://amerika21.de/2024/05/269789/venezuela-operation-gideon-hohe-urteile">Operation Gideon</a>“ landeten 60 Kämpfer der privaten US-Söldnerfirma Silvercorp USA an der Küste nahe La Guaira. Sie wurden allerdings innerhalb kurzer Zeit von venezolanischen Sicherheitskräften aufgerieben und gefangengenommen. Darunter befanden sich zwei ehemalige US-Elitesoldaten, Airan Berry und Luke Denman, Ersterer mit Wohnsitz in Deutschland (Schweinfurt). Im weiteren Verlauf erklärten die Festgenommenen, sie seien mit dem Auftrag entsandt worden, Maduro zu entführen und strategische Einrichtungen einzunehmen.</p><p>Hauptorganisator der Operation war der ehemalige Green Beret Jordan Goudreau und Gründer der Söldnerfirma. Nach dem Scheitern der Landung beschuldigte Goudreau die von den USA unterstützte Hardliner-Opposition unter der Führung des ehemaligen selbsternannten „Interimspräsidenten“ Juan Guaidó, ihren Teil des Vertrags nicht erfüllt zu haben. In dem durchgestochenen Dokument, das von Guaidó und seinen Helfern unterzeichnet wurde, beauftragte die Opposition Goudreaus Söldnerfirma Silvercorp mit der „Planung und Durchführung einer Operation, um Nicolás Maduro zu ergreifen/festzunehmen/aus dem Amt zu entfernen“. Auch weitere hochrangige Regierungsfunktionäre sollten entführt werden.</p><p>Die in den USA ansässige oppositionelle Journalistin Patricia Poleo veröffentlichte ebenfalls Beweise für eine Telefonkonferenz, an der Guaidó, Goudreau und andere Regierungsgegner teilnahmen. Während die „Übergangsregierung“ versuchte, sich von der gescheiterten Operation zu distanzieren, zeigte Goudreau später den Guaidó-Mitarbeiter Juan José („JJ“) Rendón wegen Vertragsbruch an.</p><p>In den folgenden Monaten führten mehrere Verhaftungen, Interviews und Medienberichte zu weiteren Enthüllungen. Goudreau erklärte, dass US-Beamte der Regierung von Donald Trump den Putschversuch unterstützt hätten.</p><p><strong>Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 17. Dezember 2025</strong></p><p><strong>Frage Höfele (dts)</strong></p><p>Zu Venezuela: Der US-Präsident hat eine totale Blockade von sogenannten sanktionierten Öltankern angekündigt. Trägt die Bundesregierung das mit?</p><p><strong>Giese (AA)</strong></p><p>Wir haben die Äußerung des US-Präsidenten zur Kenntnis genommen. Noch liegen uns keine weiteren Informationen vor, was das ganz genau beinhaltet.</p><p>Wie hier schon häufiger gesagt wurde, rufen wir dazu auf, keine Schritte zu unternehmen, die Frieden und Sicherheit in der Region gefährden könnten. Die Bundesregierung hat ein Interesse daran, dass sich die Situation in der Region nicht noch weiter verschärft. Die allgemeine Situation betrachten wir deswegen mit Sorge. Selbstverständlich ist das Völkerrecht einzuhalten.</p><p>Letztlich bleibt es aber dabei, dass alle diese Fragen, über die wir hier gesprochen haben, tatsächlich wichtig sind, allerdings zwischen den USA und Venezuela besprochen werden müssen. Dazu gibt es auch Gespräche, beispielsweise auch zwischen Präsident Trump und Staatspräsident Maduro.</p><p><strong>Zusatzfrage Höfele</strong></p><p>Der US-Präsident hat das Maduro-Regime noch einmal als ausländische terroristische Organisation bezeichnet. Wie verhalten Sie sich dazu? Sie haben ja immerhin diplomatische Verbindungen.</p><p><strong>Giese (AA)</strong></p><p>Ich glaube, ich habe gerade ausgeführt, was die Bundesregierung von der ganzen Situation hält. Das ist ein Aspekt davon. Wie gesagt, wir wollen, dass keine Schritte unternommen werden, die Frieden und Sicherheit in der Region gefährden.</p><p><strong>Frage Jessen (freier Journalist, kooperiert mit jung & naiv)</strong></p><p>Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass es sich bei dem in den Tankern gelagerten Öl um geraubtes Öl, das den USA gehört, handelt?</p><p><em>[Es folgte ein Teil Unter 3]</em></p><p><strong>Frage Jessen</strong></p><p>Die Behauptung, es handele sich um geraubtes Öl, ist ja eine Behauptung, die der US-Präsident aufstellt. Hat die Bundesregierung die Sorge, dass diese These die Vorbereitung einer gewaltsamen Aneignung des Tankeröls, so wie es sich jetzt physisch dort befindet, darstellt?</p><p><strong>Giese (AA)</strong></p><p>Ich habe Ihnen gerade gesagt, wie wir die Äußerung des US-Präsidenten einschätzen. Wir haben sie zur Kenntnis genommen, haben dazu aber keine eigenen Erkenntnisse.</p><p><strong>Frage Jung (jung & naiv)</strong></p><p>Inwiefern kann die angekündigte Seeblockade irgendwie mit dem Völkerrecht vereinbar sein, Herr Giese? Es gibt ja kein Mandat des UN-Sicherheitsrats, das eine Ausnahme beinhalten würde. Allgemein gilt das ja als Kriegsmaßnahme. Haben Sie da andere Erkenntnisse?</p><p><strong>Giese (AA)</strong></p><p>Wir haben hier schon verschiedentlich über die verschiedenen Sachverhalte, die sich da abspielen, gesprochen. Ich habe da in Bezug auf die verschiedenen denkbaren Konstellationen etwas gesagt, bei dem ich auch gerne bleiben würde. Wir wissen ja auch nicht, auf welchen Arten von Gewässern sich das abspielt. Grundsätzlich ist es an den USA, darzulegen, inwiefern das eigene Verhalten mit dem Völkerrecht vereinbar ist.</p><p><strong>Zusatzfrage Jung</strong></p><p>Bleibt es dabei, dass die Bundesregierung generell gegen völkerrechtswidrige Angriffskriege ist, oder ist sie es nur bei nicht befreundeten Staaten?</p><p><strong>Giese (AA)</strong></p><p>Was die völkerrechtliche Haltung der Bundesregierung ist, habe ich hier, glaube ich, klargemacht.</p><p><strong>Zusatz Jung</strong></p><p>Sie betonen ja eben nicht, dass es … Hier droht ja gerade ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg der USA gegen Venezuela.</p><p><strong>Giese (AA)</strong></p><p>Die Bundesregierung setzt sich für das Völkerrecht ein.</p><p><strong>Frage Warweg</strong></p><p>Der US-Präsident hat ja in seiner Ankündigung nicht nur von geklautem Öl, sondern auch von durch Venezuela geklautem Land gesprochen, das umgehend zurückgegeben werden muss. Kann uns das Auswärtige Amt vielleicht darüber informieren, um welches Stückchen Land es geht, das Venezuela angeblich von den USA geklaut hat?</p><p><strong>Giese (AA)</strong></p><p>Vielleicht gebe ich den grundsätzlichen Recherchehinweis, dass man sich mit solchen Fragen auch an die US-amerikanische Regierung richten könnte, weil das Aussagen sind, die dort getätigt worden sind.</p><p><strong>Zusatz Warweg</strong></p><p>Beim Öl haben Sie ja geantwortet. Dann können Sie es ja bei der Landfrage auch tun, gerne auch „unter drei“.</p><p><strong>Giese (AA)</strong></p><p>Ich kann Ihnen sagen, was ich gerade eben gesagt habe, dass uns dazu die Informationen fehlen. Aber ich würde, wie gesagt, Ihnen da die Recherche bei der amerikanischen Regierung empfehlen.</p><p><small>Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 17.12.2025</small></p><div class="moreLikeThis"><p><strong>Mehr zum Thema:</strong></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=138323">Bundesregierung zu US-Invasionsflotte vor der venezolanischen Küste und Kopfgeld auf Maduro: „Bilaterale Angelegenheit“</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=138034">Im Schatten der Monroe-Doktrin: Neue Frontlinien in der Karibik</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=132069">US-Regierung: Sanktionen, Zölle und maximaler Druck gegen Venezuela</a></p><p><a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=127014">Venezuela und die Nachwirkungen der völkerrechtswidrigen Anerkennung von Guaidó durch Deutschland</a></p></div><p><img loading="lazy" decoding="async" src="https://vg04.met.vgwort.de/na/244207bf6e52499f8571a1e2ead677da" width="1" height="1" alt="" /></p> <br /><br /><span style='font: #ff0000'>WARNING! Your Rss-Extender rules returned an empty string for link: https://www.nachdenkseiten.de/?p=144046</span> US-Präsident Donald Trump hat am 17. Dezember verkündet, dass er eine „totale und vollständige“ Blockade über Venezuela verhängt sowie die Regierung des Landes als „ausländische Terror-Organisation“ hat einstufen lassen. Die Blockade würde anhalten, US-Präsident Donald Trump hat am 17. Dezember verkündet, dass er eine „totale und vollständige“ Blockade über Venezuela verhängt sowie die Regierung des Landes als „ausländische Terror-Organisation“ hat einstufen lassen. Die Blockade würde anhalten, „bis sie (Venezuela) all das Öl, Land und andere Vermögenswerte, die sie uns zuvor gestohlen haben, an die Vereinigten Staaten von AmerikaWeiterlesen Redaktion NachDenkSeiten 12:16 144046